Die Tierrechtsorganisation PETA vertritt eine klare Position, wenn es um das Thema Zoohaltung geht - sie ist dagegen. Ihre Kritik ist umfangreich - Karlsruher Zoodirektor Matthias Reinschmidt hat uns im Rahmen eines Interviews dazu geantwortet.
"Damit die kommerzielle Zurschaustellung von Tieren endet, fordert PETA ein Zucht- und Nachstellverbot, damit die Haltungen mittelfristig auslaufen", so PETA gegenüber der ka-news.de-Redaktion. Übergangsweise werde dem Zoo lediglich die Rolle als "Auffangstation" für Tiere aus schlechter Haltung zugesprochen.

"Wir befinden uns mitten in einem menschengemachten Artensterben von bisher ungesehenem Ausmaß. Es liegt daher in unserer Verantwortung, uns für den Artenschutz einzusetzen", erklärt Yvonne Würz, PETA-Fachreferentin für Zoo und Zirkus. Das Einsperren sei dabei nicht die richtige Vorgehensweise.
"Auswilderung funktioniert nicht!"
Laut Würz habe das Halten, Züchten und anschließende Auswildern von Zootieren das Artensterben weder gestoppt, noch verringert. "Schätzungen zufolge wurden bislang zirka 13 bis 20 Tierarten durch Zuchtprogramme vor dem Aussterben bewahrt, erklärt die Fachreferentin. Die Auswilderungsprogramme seien ineffizient.

Dass 13 bis 20 gerettete Tierarten mehr sind als null, ist der Fachreferentin nicht genug. Für PETA sei der Preis - nämlich der Freiheitsentzug der Tiere - diesen mäßigen Erfolg nicht wert, so die Tierrechtsorganisation.
"Können nicht alles retten"
Für Zoodirektor Reinschmidt ist klar: "Wir können in Zoos sicher nicht alles retten." Allerdings werde für Botschafterarten die Haltung in Zoos gesichert und diese gegebenenfalls wieder ausgewildert. So könne die Population aufgebaut und die Menschen sensibilisiert werden, erklärt der Fachmann.

Würz fordert, dass beim Tier- und Artenschutz größer gedacht wird - und der Erhalt des natürlichen Lebensraums der Tiere an vorderste Stelle rückt. Die Gelder für die kostspielige Unterbringung in den Zoos könnten stattdessen hier investiert werden, meint die Fachreferentin.
Ansprüche bleiben gleich
Die artgerechte Haltung der Tiere sei ohnehin eine unmögliche Aufgabe, so Würz. "Im Zoo gehaltenen Wildtiere weisen noch immer dieselben Ansprüche an ihren Lebensraum auf, wie ihre in Freiheit lebenden Artgenossen, beispielsweise was Bewegungsbedarf oder Sozialgefüge angeht."

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, entwickele sich der Karlsruher Zoo fortwährend weiter, erklärt Zoodirektor Reinschmidt. "Unter der selbst gesetzten Vorgabe „mehr Platz für unsere Tiere“ orientieren wir uns nicht an den Mindestanforderungen des Bundesministeriums, sondern legen den Maßstab höher."

Für die artgerechte Tierhaltung orientiere sich der Zoo an den "Best-Practice-Guidelines", also den Optimalen-Ausführungs-Richtlinien des Europäischen Zooverbandes (EAZA), so Reinschmidt. Damit seien in den letzten Jahren viele Fortschritte im Zoo gemacht worden.
"Zoo ist Gefängnis"
Doch PETA sieht nicht nur die Größe und Beschaffenheit der Gehege kritisch - sondern die "Gefangenschaft" an sich. Diese wirke sich unmittelbar auf das Gemüt der Tiere aus, meint die Fachreferentin der Tierrechtsorganisation.

Bei keinem Tier lasse sich dies besser beobachten als bei Eisbären, erklärt Würz von PETA. "In Zoo-Gefangenschaft erleben wir die Tiere aufgrund der Beengtheit und der erzwungenen Inaktivität daher oft mit schweren Verhaltensstörungen", so die Fachreferentin. Die sei laut Würz, in beinahe allen deutschen Zoos bei verschiedensten Tieren zu beobachten.

"Anstatt abwechslungsreiche Gebiete zu durchstreifen, vegetieren die Tiere im Zoo häufig vor sich hin", beklagt Würz. Jeder potenzielle Lerneffekt über das natürliche Verhalten der Tiere werde verzerrt. So könne der Zoo seinem selbst gesetzten Anspruch als Wissensvermittler und Rollenvorbild kaum gerecht werden, meint Würz.
Sterben Tiere früher?
Und trotz einem vermeintlich "sorgenfreiem Leben" im Zoo sterben viele Tiere dort meist verfrüht, beklagt die Fachreferentin. "Obwohl die Tiere mit ausreichend Nahrung und medizinisch versorgt werden."

Diese Einschätzung berichtigt Zoodirektor Matthias Reinschmidt, auf Anfrage der ka-news.de-Redaktion: "Tiere in Menschenobhut erreichen oft das maximale Alter für die entsprechende Tierart. Studien zeigen, dass Zootiere im Verlauf der letzten sieben Jahrzehnten im Schnitt immer älter werden und Raubtiere dabei die durchschnittliche Lebenserwartung von Tieren im Ursprungshabitat deutlich übertreffen."
Paradebeispiel: Löwin Safo
Jedoch sei nicht nur die Lebenserwartung ein entscheidender Faktor, sondern auch die Lebensqualität, meint Reinschmidt. Ziel einer gelungenen Zootierhaltung sei es, beiden - sich bedingenden Faktoren - gerecht zu werden.

Ein Paradebeispiel ist die Löwin Safo gewesen. "Unsere Safo erreichte ein Höchstalter von 24 Jahren und wurde damit die älteste Löwin Deutschlands. Das Höchstalter für Löwen im Freiland liegt deutlich darunter", so der Zoodirektor.

Über die Haltung von Tieren im Zoo entbrennt immer wieder eine hitzige Debatte. ka-news.de hat dies zum Anlass genommen, beide Seiten zu Wort kommen zu lassen. Warum Zoos wichtig für den Artenschutz sind - die Pro-Meinung von Zoofreunden gibt es hier:
