"Mama, wie sieht eigentlich ein Löwe aus?" In Zeiten des mobilen Internets lassen sich diese und die meisten anderen Fragen rund um die Tierwelt leicht von zu Hause aus beantworten. Hat damit der Zoo im Grunde ausgedient? Gisela Fischer von den Zoofreunden Karlsruhe meint entschieden: Nein. Der Zoo habe seine Funktion im Laufe der Zeit gewandelt.

Weniger Vielfalt, mehr Spezialisierung

"In der letzten Zeit bekommt man den Eindruck, dass Artenschutz gerade erst erfunden worden ist", sagt Gisela Fischer, Vorsitzende der Zoofreunde Karlsruhe. Dabei beschäftige den Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe dieses Thema bereits seit Urzeiten.

Der Zoologische Stadtgarten Karlsruhe habe sich von einer vielfältigen Zurschaustellung von Tieren zu einem spezialisierten Heimatort entwickelt, erklärt Fischer. "Das zeigt sich beispielsweise an der Altersresidenz für Elefantenkühe. Ursprünglich war einfach ein größeres Gehege für die Tiere geplant. Nun wurde der Anlage eine spezifische Funktion zugeschrieben."

Gisela Fischer
Gisela Fischer, erste Vorsitzende der Zoofreunde Karlsruhe. | Bild: SPD Karlsruhe

Diese Tendenz werde in der Zukunft nur noch stärker werden, meint Fischer. "Wir merken diese Veränderung auch an der neuen Luchs-Anlage, welche in ihrem Umfang nahezu zehnfach erweitert wurde. Ähnliche Umbauten stehen bald dem Südamerikahaus bevor." Dieses soll in Zukunft einer Vielzahl von Raubkatzen ein Zuhause bieten.

Wer wohnt nebenan? - Kattas nach ihrem Umzug ins Affenhaus des Zoologischen Stadtgartens.
Kattas nach ihrem Umzug ins Affenhaus des Zoologischen Stadtgartens im April 2016.

Auch die kleinen Lemuren aus Madagaskar, auch Katta genannt, bekommen in naher Zukunft eine neue Bleibe. Der Spatenstich für die neue Anlage im Zentrum des Stadtgartens ist bereits am 13. Dezember 2022.

Vom "Ausstellungsstück" zum Botschafter

Das sei ein starker Wandel in der Bedeutung von zoologischen Anlagen, meint Fischer. "Anfangs war ein Zoo noch eine Ausstellung einer fremden Welt. Es ging darum, den Menschen das Unbekannte vorzuführen - das ist heute nicht mehr so."

Eisbären im Karlsruher Zoo
Eisbären Lloyd und Charlotte. Die besten Klimabotschafter aller Zeiten? | Bild: Thomas Riedel

Man sei sich durchaus darüber im Klaren, dass der Zoo nicht länger die einzige Möglichkeit sei, exotische Tiere zu beobachten, meint die erste Vorsitzende der Zoofreunde. Allerdings sei es anderweitig unmöglich, einen Kontakt zu den verschiedenen Lebewesen aufzubauen - und eine Bindung zu schaffen. "Durch die persönliche Begegnung mit den Tieren kann die nötige Sympathie gewonnen werden, um den fernen Artgenossen helfen zu wollen", so Fischer.

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"Heute fungieren die Zootiere vielmehr als Botschafter für ihre Artgenossen in der freien Wildbahn. Sie machen auf sie aufmerksam und schüren Interesse", erklärt Fischer. Gleichermaßen werde den Zoobesuchern die Verantwortung vorgeführt, die der Mensch gegenüber den Tieren habe.

Lebenswelt bedroht

Der natürliche Lebensraum vieler Tiere wird bedroht - nicht zuletzt durch Menschenhand. "Auch heute noch werden in Afrika Elefanten gejagt", erklärt die Vorsitzende. Von den Auswirkungen des Klimawandels auf die Lebenswelt einmal ganz abgesehen.

In Karlsruhe soll Cam für Nachwuchs sorgen. Przewalski-Pferde waren in der Natur vom Menschen ausgerottet worden.
Bild: Timo Deible/Zoo Karlsruhe

Dies hat zur Folge, dass viele Tierarten in der freien Wildbahn schlichtweg vom Aussterben bedroht  - oder gar bereits verschwunden sind. Und hier kommt der Zoo ins Spiel: "Zoos bauen die Population erneut auf und erweitern sie, sodass die bedrohten Arten in der Natur überlebensfähig sind", sagt Fischer.

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Dieser Aufgabe geht der Karlsruher Zoo bereits seit vielen Jahren nach. "Der Zoo bietet den Tieren den notwendigen geschützten Rahmen", meint die Vorsitzende. Entscheidend dabei sei, dass Zoos keine Wildtiere einfingen und einsperrten, sondern der Bestand an Zootieren untereinander ausgetauscht werde.

Das kommt sowohl den Zoos zugute als auch den Tieren. So sehen die sich nicht an den eigenen vier Wänden satt, finden Partner - und schaffen Nachwuchs. Letzteres spielt für den Arterhalt eine tragende Rolle.

Aufzucht und Auswilderung

"Arterhalt kommt noch vor dem Artenschutz. Für viele Tiere ist die Lage sehr ernst", meint Fischer. Es sei nicht selten, dass manche Arten in der freien Natur nicht weiter zu finden seien - lediglich in Zoos. "Die Przewalski Pferde waren in der freien Wildbahn ausgestorben und sind nur durch die Aufzucht und erfolgreiche Auswilderung - unter anderem durch den Zoologischen Stadtgarten - in die freie Wildbahn zurückgekehrt", merkt die Vorsitzende an. Und es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele.

Vor knapp 100 Jahren waren Wisente ebenfalls nahezu gänzlich aus der Natur verschwunden - nun gibt es wieder eine stetig wachsende Anzahl an wild lebenden Tieren. "Der Karlsruher Zoo hat dies über ein internationales Zuchtprogramm ermöglicht und die im Tierpark Oberwald lebenden Tiere nach und nach in Osteuropa ausgewildert", erklärt Fischer. Auch die persischen Kropfgazellen haben ihre wachsende Population zu Teilen dem Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe zu verdanken.

Jungtier bei den Persischen Kropfgazellen im Zoo Karlsruhe.
2018 gab es Nachwuchs: Jungtier bei den Persischen Kropfgazellen im Zoo Karlsruhe. | Bild: Zoo Karlsruhe

Der moderne Zoo schneide das Thema Artenschutz und Arterhalt also gleich auf mehreren Ebenen an, meint die Zoofreundin. Zum einen durch den Kontakt zwischen Mensch und Tier beim Zoobesuch, zum anderen durch zentrale Projekte zur Aufzucht und Auswilderung - und zuletzt durch Artenschutzprojekte, welche nahezu allen Zootieren gewidmet seien, meint Fischer.

Nicht alle sind dieser Meinung. Für einige ist die Tierhaltung in Zoos klare Tierquälerei. Weiter geht es in diesem Artikel mit der Contra-Seite - den Gegnern von Zoos und ihren Argumenten: 

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