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Karlsruhe: Zoodirektor Matthias Reinschmidt: "Das Erscheinungsbild wird sich weiter verändern, der Zoo attraktiver werden."

Karlsruhe

Zoodirektor Matthias Reinschmidt: "Das Erscheinungsbild wird sich weiter verändern, der Zoo attraktiver werden."

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    Pippi-Langstrumpf-Papagei mit Künstlername "Rosalinda", ist der wohl berühmteste Papagei im Karlsruher Zoo.
    Pippi-Langstrumpf-Papagei mit Künstlername "Rosalinda", ist der wohl berühmteste Papagei im Karlsruher Zoo. Foto: Uli Deck/Archiv

    Als uns Matthias Reinschmidt in seinem Büro im Karlsruher Zoo empfängt, ist er nicht allein. Auch zwei Papageien leisten uns beim Interview Gesellschaft und tun auch einige male lautstark ihre Meinung kund. 

    Herr Reinschmidt, Sie sind seit drei Jahren zurück in ihrer badischen Heimat und Zoodirektor in Karlsruhe. Ist es für Sie der schönste Job der Welt? 

    Es ist definitiv ein Traumjob. Ich kann mir nichts schöneres vorstellen, tagtäglich mit Tieren und den Menschen, die für die Tiere verantwortlich sind, zu arbeiten. Sich für Tiere einzusetzen lohnt sich jeden Tag. 

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    Foto: ka-news

    Um dem Artenschutz ein besonderes Gewicht einzuräumen wurde unter Ihrer Führung vor zwei Jahren die Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe gegründet. Welche Rolle spielt Artenschutz ?

    Für uns ist das Thema Artenschutz das Wichtigste überhaupt. Es gibt viele bedrohte Tierarten auf dieser Welt und als Zoodirektor kann ich wirklich aktiv was tun. Der Zoo kann die bedrohten Tiere halten und züchten, um so eine genetische Reserve zu schaffen.

    In Karlsruhe wurden durch die Artenschutzstiftung unsere Möglichkeiten deutlich erweitert, denn durch die Stiftung können wir uns für die bedrohten Arten in der Natur vor Ort einsetzen. Die Tiere hier im Zoo sind dabei als Botschaftertiere zu sehen, die für ihre Artgenossen im Freiland werben. Das ist die Strategie die wir verfolgen. In der Natur als auch im Zoo Artenschutz aktiv betreiben.

    Der Tod des letzten männlichen Nördlichen Breitmaulnashorns sorgte im Frühjahr für Aufsehen. Mit welchem Gefühl schauen Sie auf solch traurige Nachrichten?   

    Ich war im September vergangenen Jahres in Kenia vor Sudan gestanden, dem letzten männlichen Vertreters des Nördlichen Breitmaulnashorns. Wir haben dort zusammen mit Frank Elstner eine Doku gedreht. Da läuft es einem kalt den Rücken runter, wenn  man vor so einem charismatischen Tier steht und weiß, das sind die letzten Vertreter auf der Erde. Da wird man wütend, da wird man nachdenklich.

    Ein Parkwächter neben «Sudan» im Wildtierreservat Ol Pejeta. Sudan war das letzte männliche Nördliche Breitmaulnashorn der Welt.
    Ein Parkwächter neben «Sudan» im Wildtierreservat Ol Pejeta. Sudan war das letzte männliche Nördliche Breitmaulnashorn der Welt. Foto: Str/AP

    Wir schaffen so vieles auf der Erde, wir haben es geschafft die ganze Welt in ein Smartphone zu packen, wir kommunizieren über die ganze Welt per Mausklick und fliegen ins Weltall. Gleichzeitig schaffen wir es aber nicht, solch imposante Arten zu erhalten. Das macht einem sehr nachdenklich, auch mit Hinblick wie es um den Artenschutz von weniger charismatischer Tierarten wie kleinen Fischen oder Vögeln steht, die kaum einer kennt. Es sieht manchmal sehr düster aus, was die Zukunft vieler Tierarten anbelangt. Nichts desto trotz lassen wir uns davon nicht entmutigen, sondern versuchen, das was wir zum Artenschutz beitragen zu können umzusetzen. 

    Welche bereits ausgestorben Tierarten finden sich in Karlsruhe?

    Wir haben insgesamt sieben Tierarten in Karlsruhe, die in der Natur ausgestorben sind und nur noch in Zoologischen Gärten leben. Im Oberwald haben wir das Przewalski-Pferd und das Europäische Wisent. Auch die Säbel-Antilope war in der Natur ausgestorben. Inzwischen werden alle drei Arten auch mit Karlsruher Tieren wieder angesiedelt. Auch zwei Vogelarten und zwei Fischarten leben im Karlsruher Zoo, die in der Natur so nicht mehr vorkommen.

    Darüber hinaus haben wir eine ganze Menge anderer Tierarten, die wir im Rahmen  internationaler Zuchtprogramme halten und vermehren. Diese sind in der Natur stark vom aussterben bedroht. Generell sollte unsere Leitlinie sein, den Großteil des Bestands im Zoo auf bedrohte Tierarten auszurichten.

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    Foto: ka-news

    Sie sind 2015 aus Teneriffa zurückgekehrt. Was hat sie damals bewogen zurück zu kommen?

    Ausschlaggebend waren vor allem die Aussichten, meinen Traumjob in der Heimat ausüben zu können. Ich war 15 Jahre auf Teneriffa und hatte dort eine tolle Zeit im Loro-Parque. Das ich zurück gekommen bin, war der Reiz, aus dem Karlsruher Zoo mehr zu machen als er zu diesem Zeitpunkt darstellte. Seit inzwischen drei Jahrern kann ich die Ideen gemeinsam mit meinem hervorragenden Team umsetzten.

    Wir sind nach wie vor in einer Aufbruchstimmung, das ist auch an den vielen Baustellen überall im Zoo zu sehen. Das Erscheinungsbild wird sich in den kommenden Jahren weiter verändern, der Zoo wird attraktiver werden. Der mit der Stadt entwickelte und 2016 verabschiedete Masterplan ist der Leitfaden, an dem wir uns in den kommenden Jahren abarbeiten. Es gibt nach wie vor viel Baustellen und Dinge mit denen wir nicht ganz zufrieden sind - aber daran arbeiten wir! Wenn es in dem Tempo wie bisher weitergeht, können wir sehr zufrieden sein.

    Erste Erfolge sind sichtbar, sechs Neue wurden in den vergangenen drei Jahren eröffnet. Viele weitere Anlagen, darunter der Neubau der Luchsanlage und der Umbau bei den Elefanten sowie der Afrika-Savannen sind derzeit im Bau oder in der Planung.

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    Foto: Lukas Hiegle

    Was haben Sie an Erfahrungen aus Spanien mit nach Karlsruhe genommen?

    Ich habe viele Marketingmaßnahmen aus Teneriffa mitgenommen und die ich auch hier anwenden möchte. Wir nutzen beispielsweise die Abfalleimer als Werbefläche für Aufkleber unserer Artenschutzstiftung, da jeder den Abfalleimer nutzt.

    Wichtig war es auch, die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Zoos zu verstärken, um so unsere Arbeit transparent darzustellen. Diesem Ressort wurde vor meiner Zeit kaum Beachtung geschenkt. Eine Einrichtung mit mehr als einer Million Besuchern braucht das aber zwingend! Wie groß das Interesse am Zoo ist, merken wir an unseren Besucherzahlen bei Facebook und Co.

    Übrigens, seit ich Zoodirektor bin, leben deutlich mehr Papageien in Karlsruhe. Ich bin ein Papageien-Freak. Im Loro-Parque durfte ich die größte Papageien-Kollektion der Welt betreuen, das war etwas ganz besonderes für mich.

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    Foto: Zoo Karlsruhe/ Timo Deible

    Welche aktuellen Projekte laufen gerade im Karlsruher Zoo?

    Derzeit bauen wir am Elefanten-, Luchse- und Raubtierhaus. Für alle Tierarten soll es nach dem Umbau mehr Platz geben. Von dem Umbau der Elefantenaußenanlage, die zu meinen Lieblingsplätzen zählt, und die nach dem Umbau etwa dreimal mehr Platz als bislang bieten wird, sollen auch die Flusspferde profitieren. Sie werden, sobald die Elefanten am späten Nachmittag im Haus sind, die große Anlage der Dickhäuter nutzen können.

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    Foto: Zoo Karlsruhe/ Timo Deible

    Zuvor liegt es in der Natur der Tiere, sich über mehrere Stunden ohne große Aktivität im Wasser aufzuhalten. Dort machen wir uns also die Biologie der Tiere zum Vorteil und ermöglichen zwei charismatischen Tierarten die Nutzung einer deutlich größeren Fläche. Ich freue mich schon darauf, unsere Flusspferde einmal rennen zu sehen. Das war bisher nie möglich, weil sie zu eng untergebracht waren.

    Was erwartet die Besucher in Zukunft im Karlsruher Zoo? Welche Projekte sind noch geplant?

    Wir versuchen mehr Platz für unsere Tiere zu schaffen und eine höhere Besucherfreundlichkeit zu erreichen - auch durch unsere transparent gestalteten Anlagen, wie bei den Kängurus und Erdmännchen. Unsere Intention ist es, auch zukünftig dieses direkte Erlebnis zwischen Tieren und Besuchern durch transparente Gehege auszubauen - zumindest bei Tieren, wo das möglich ist. Beim Löwen wird es eher schwierig (lachend).

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    Foto: ka-news

    Im Herbst gehen wir in den Gemeinderat mit dem Vorschlag der Neugestaltung der Afrika-Savanne. Dort gibt es Nachholbedarf beim Platz der Giraffen. Dieser Umbau wird eine mehrjährige Großbaustelle werden, die dem Zoo danach eine große Savanne bringen soll. Aus vier Gehegen entsteht eine große Fläche, die gemeinsam von Giraffen, Zebras und Antilopen genutzt werden soll und so, allen Tieren mehr Platz bietet. Wenn wir unsere Projekte so umsetzten wie geplant, wird der Zoo in einigen Jahren ein völlig neues Erscheinungsbild haben.

    Trotz Artenschutzprojekten und artgerechten Gehegen gibt es vor allem durch Peta immer wieder Kritik am Karlsruher Zoo. Wie gehen Sie damit um?

    "Ich sehe uns im Karlsruher Zoo selbst als große Tierschützer. Allerdings sollte man realen Tierschutz betreiben und Peta ist für mich nicht diskutabel, da sie jegliche Art der Tierhaltung ablehnen - bis hin zu Haustieren. Deshalb ist es aus meiner Sicht nicht sinnvoll mit Peta zu diskutieren. Für mich sind das Extremisten, mit Einstellungen die für mich nicht akzeptabel sind. Mit anderen Tier- und Artenschutzorganisationen stehen wir in regelmäßigem und offenen Austausch. Ich wäre selber einer der größten Zoo-Kritiker, wenn Zoos noch so aussehen würden wie vor 30 oder 40 Jahren.

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    Foto: Zoo Karlsruhe/ Timo Deible

    Wir haben in modernen Zoos die Möglichkeit Artenschutz zu betreiben und Artenvielfalt zu fördern. So hoffe ich auch, eine große Menge an Menschen mit dem Tierschutzgedanken infizieren zu können. Ich sehe gerade für Stadtkinder den Zoo als Fenster zur Natur, da ihnen oftmals der Zugang fehlt. Im Zoo können Tiere hautnah erlebt werden. Wer als Kind keinen Bezug zu Tieren und Natur bekommt, wird sich später kaum für den Erhalt von Tierarten einsetzen. Klar haben wir Dinge, die wir verbessern müssen, doch daran arbeiten wir jeden Tag! Und ich denke, diese positiven Veränderungen sind für jeden Zoobesucher spürbar. 

    Reinschmidts erstes Haustier war übrigens kein Papagei, sondern mit sechs Jahren ein Meerschweinchen namens Blacky. Über Wellensittiche, die er zur Kommunion bekommen hat, entstand schließlich die Leidenschaft für Vögel und damit zu Papageien.     

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