Ausgangslage: Vom Hotel zum Bordell
In einer Sitzung des Durlacher Ortschaftsrats nimmt die Diskussion um den geplanten Bordellbau von Kerem Bayrak bereits in den ersten Februarwochen ihren Anfang. Die geplante Nutzungsänderung der Ottostraße 4 von einem Hotel hin zu einem Bordell sorgt bei sämtlichen Fraktionen für Aufregung.

Die Befürchtung: Ein solches Etablissement - vor allem in der geplanten Größenordnung - werde selbst bei einer diskreten Realisierung negative Folgen für Durlach, das Gewerbegebiet und die direkte Nachbarschaft haben, erklären CDU, Grüne und Freie Wähler in einer gemeinsamen Mitteilung an die Presse.
Bürgerinitiative "Durlach gegen Prostitution"
Als Reaktion auf das Bauvorhaben in der Ottostraße bildet sich am 7. Februar eine neue Bürgerinitiative. Unter "Durlach gegen Prostitution" vereinen sich Fraktionsvertreter, Bürger, Anwohner und Gewerbebetreibende des Karlsruher Stadtteils, um die Entstehung eines Großbordells zu verhindern.

Die Ergänzung des bereits bestehenden Straßenstrichs durch ein mehrstöckiges Bordell sei eine unvertretbare Stärkung des Prostitutionsgeschäfts, sagt die Initiative in einer Pressemitteilung. Mit schwerwiegenden Folgen, denn: "Im Schatten der legalen Prostitution gibt es ein großes Dunkelfeld der Illegalität, der Frauenverachtung und -ausbeutung, der massiven Menschenrechtsverletzungen, des Menschenhandels und der Kriminalität", so die Bürgerinitiative.
Der Mann und der Plan hinter dem Bordell
Um die Hintergründe für das geplante Bordell zu ergründen, spricht ka-news.de in der darauf folgenden Woche, am 14. Februar, mit Immobilienunternehmer Kerem Bayrak. Dieser bekundet sein Verständnis gegenüber den Sorgen der Durlacher und sagt: "Das Bordell ist nur der letzte Ausweg. Wenn die Bank bei der Finanzierung für mein Hotel mitmacht, sind die Bordellpläne sofort vom Tisch."

Des Weiteren sei lediglich eine Bauvoranfrage und kein Antrag an die Stadt gesandt worden, um die theoretische Möglichkeit eines Bordellbaus an besagtem Standort zu prüfen, erklärt Bayrak. "Wir wollten in dieser Frage Klarheit haben. Ein Bauantrag wurde nicht gestellt."
Eigentlich hofft Bayrak nämlich, das alte Bürogebäude in der Ottostraße 4 in sein Business-Hotel zu verwandeln - doch dafür braucht er Geld. "Normalerweise müsste alles klappen. Der vorgestellte Businessplan ist gut gemacht und weitere Immobilien stehen als mögliche Grundschuld bereit", erklärt Bayrak Mitte Februar.
Plan B: Verkauf
Sollte die Finanzierung platzen, so bleibe ihm nichts anderes übrig als zu verkaufen, meint der Geschäftsmann. Neben den unmittelbaren Nachbarn der Immobilie habe er auch die Stadt mit einem Angebot kontaktiert - und warte seit dem auf Antwort. "Ich habe sogar Baubürgermeister Daniel Fluhrer persönlich angeschrieben", sagt Bayrak im Februar.

Die Stadt Karlsruhe: "Anfang November ist tatsächlich eine E-Mail von Herrn Bayrak eingegangen. Diese Mail war mit "Exklusiver Verkauf einer Immobilie inkl. Grundstück in Durlach / Karlsruhe" überschrieben und enthielt den Werbetext, wie er wohl an potenzielle Kaufinteressenten ging." Auf das generische Anschreiben sei vonseiten der Stadt keine Antwort erfolgt, heißt es. "Ein spezifischer Ansprechpartner - wie zum Beispiel Bürgermeister Fluhrer - wurde nicht erwähnt.
Sorgen wachsen: "Karlsruhe gegen Sexkauf"
Sehr deutlich an Herrn Fluhrer wendet sich hingegen Ingeborg Kraus, von "Karlsruhe gegen Sexkauf". In einem Schreiben an den Baudezernenten fordert sie am 8. März, "eine schnellstmögliche Absage der Bauvoranfrage" von Kerem Bayrak.

Auch Kraus appelliert an die Stadt im Hinblick auf die Konsequenzen von legaler Prostitution. "Können wir als Gesellschaft so ein System noch befürworten, welches kriegsähnliche Auswirkungen auf Frauen jedoch keinen gesellschaftlichen Nutzen hat?", fragt sie in ihrem Schreiben an Daniel Fluhrer.
Bordell kommt?
Am 9. März ruft Bürgermeister Fluhrer bei ka-news.de an und teilt mit: "Ich gehe davon aus, dass wir der Bauvoranfrage von Herrn Kerem Bayrak zustimmen werden." Bis Mitte April soll der Immobilienunternehmer die Antwort der Stadt erhalten.

Dieses Ergebnis sei nahezu unumgänglich gewesen, meint Fluhrer. "Die politische und persönliche Bewertung des Bauvorhabens ist eine Sache - aber rechtlich gesehen haben wir hier klare Vorgaben." Nach einem Gerichtsbeschluss von 2012 zählen auch Bordells zum regulären Gewerbe eines Gewerbegebiets - und dürfen deshalb auch dort bauen.
"Damit war zu rechnen"
Über diese Entwicklung ist Ulrike Schulte von der Initiative "Durlach gegen Prostitution" nicht überrascht. "Damit, dass die Stadt kaum rechtliche Handhabe in dieser Entscheidung hat, war zu rechnen", erklärt sie einen Tag später, am 10. März, in einem Gespräch mit ka-news.de. Dennoch könne und wolle sie sich - gemeinsam mit einigen anderer Durlacherinnen und Durlachern - nicht so leicht geschlagen geben.

Man wolle weiter auf die negativen Aspekte des Vorhabens aufmerksam machen und die Stimmung der Bevölkerung auffangen, meint Schulte. Außerdem sei auch in rechtlicher Sicht noch kein finales Wort gesprochen, denn: Eine Änderung der richtungsweisenden Gesetzesgrundlage für das Gewerbegebiet sei grundsätzlich möglich.
Baujurist Rausch: "Es gibt immer Spielraum"
Diese Meinung vertritt auch Jan-Dirk Rausch, Vorsitzender der SPD im Durlacher Ortschaftsrat. Er sei mit Streitfragen rund um Bauvorhaben sehr vertraut, erklärt der promovierte Baujurist. "In solchen Fällen bedarf es einer kreativen Lösung - welche allerdings zu finden ist." Zumindest insofern sich genügend Unterstützer vonseiten der Stadt und des Ortschaftsrats für ein solches Vorhaben fänden, so Rausch.
Für eine solche Veränderung müsse allerdings die Planung für das gesamte Gewerbegebiet Ottostraße/Killisfeld mit einbezogen werden, meint Fluhrer. "Eine reine Verhinderungsplanung gegenüber des Bordells ist rechtlich nicht zulässig."
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