"Als VertreterInnen der Bürgerinitiative Durlach gegen Prostitution, an der sich zahlreiche BürgerInnen, Mitglieder mehrerer Parteien, in Kirchen engagierte Menschen, AnwohnerInnen sowie Gewerbebetreibende beteiligen, übergeben wir heute über 2.300 Unterschriften gegen das geplante Großbordell in der Ottostraße an Herrn Oberbürgermeister Frank Mentrup", sagt Ulrike Schulte von der Initiative.
Politik soll tätig werden
Das Oberhaupt der Stadt empfängt die Vertreter der Initiative vor dem Rathausgebäude in der Innenstadt und hört sich deren Anliegen aufmerksam an. Während Schulte die Forderungen gegenüber der Politik darlegt, nimmt der Oberbürgermeister zahlreiches Anschauungsmaterial und die gesammelten Unterschriften entgegen.
Mit den Unterschriften will "Durlach gegen Prostitution" unmissverständlich verdeutlichen, wie viele Bürger dem Bauvorhaben in der Ottostraße 4 entgegenstehen und die Stadt zum Handeln animieren: "Mit der Übergabe der Unterschriften fordern wir alle PolitikerInnen dazu auf, in diesem Sinne tätig zu werden", so Schulte.
Man setze die Hoffnung und Erwartungen darauf, dass der Bebauungsplan für das Gewerbegebiet entsprechend weiterentwickelt und angepasst werde, um Prostitution gänzlich auszuschließen, so die Sprecherin der Initiative. "Wir fordern außerdem eine Ausweitung des Sperrbezirks für Straßen- und Wohnungsprostitution in Durlach."

In Karlsruhe und Durlach sei für Prostitution kein Platz: "Prostitution ist in vielerlei Hinsicht ein riesiges Problem. So entwickelt sich im Bereich 'legaler' Prostitution immer auch ein kriminelles Umfeld mit Menschenhandel, Ausbeutung, Gewalt und Drogen", meint Schulte.
"Nicht alles steht in unserer Macht"
Auch wenn er die Motivation der Initiative zu Gänze nachvollziehen könne, so sei es der Stadt in vielerlei Hinsicht nicht möglich, den Forderungen nachzukommen, erklärt Oberbürgermeister Frank Mentrup. "Nicht alles steht in unserer Macht."

Bereits die Prostitutions-Sperrzeit zwischen 6 Uhr und 22 Uhr sei nur mit einer Vielzahl von Komplikationen und der schlussendlichen Unterstützung des Regierungspräsidiums realisiert worden, meint Mentrup. "Ein generelles stadtweites Verbot ist politisch nicht durchsetzbar, denn in Deutschland herrscht freie Berufswahl. Ab 22 Uhr kann man es deshalb eigentlich überall machen."
Das nordische Modell
Selbst als der Bordellbetrieb, während Corona für einige Zeit geschlossen werden mussten, habe das Land großen Druck ausgeübt, um das Gewerbe wieder schnellstmöglich zu eröffnen, erklärt der Oberbürgermeister der Stadt. "Wenn auch nur für ein kurzes Fenster, war Prostitution in dieser Zeit völlig verboten." Auch für ihn persönlich ein erstrebenswerter Zustand, meint der Rathaus-Chef.
"In Anbetracht des erfolglosen Prostitutionsgesetzes bin ich ein klarer Befürworter des nordischen Modells. Das ist zwar auch nicht gänzlich geglückt, aber beinhaltet zumindest die klare Festlegung darauf, dass Prostitution mit Menschenwürde und Geschäft eigentlich unvereinbar ist", so Mentrup. Bei dem Modell wird der "Sexkauf" durch Freier rechtlich verboten, das Angebot durch Prostituierte jedoch nicht.

Doch nicht nur die freie Berufswahl stellt dem Prostitutionsverbot rechtliche Steine in den Weg - auch die generelle Erlaubnis von "Sexarbeit" in Gewerbegebieten. Diese Problematik zeige sich im aktuellen Anlass Ottostraße 4 deutlich und wirft viele Fragen auf. Eine dieser Fragen: Kann eine Änderung am Bebauungsplan Abhilfe schaffen?
Sperrzeit statt Sperrbezirk
Dafür müssten einerseits Orte her, an denen Bordells und Prostitution erlaubt seien, erklärt der Oberbürgermeister. "Als wir merkten, dass im Bezug auf Prostitution in Karlsruhe ein Regelungsbedarf besteht, haben wir nach Orten gesucht, an denen wir es explizit erlauben können - um es anderswo zu verbieten." Diese Orte existierten jedoch quasi nicht, meint Mentrup."Es waren überall entweder Wohnbauten, Kitas oder Schulzentren in der Umgebung."

Nun stehen Bordelle eben auch in solchen Nachbarschaften in Karlsruhe, jedoch nahezu ohne Zwischenfälle und Auffälligkeiten, erklärt der Stadtchef. "Es gibt keine Sperrbezirke in der Stadt." Demnach sei die Sperrzeit zwischen 6 Uhr und 22 Uhr die einzige Einschränkung für Prostitution.
Kauf? eine Option!
In Sachen Verbot könne die Stadt also aus allerlei Gründen nicht handeln, weshalb die Kaufoption derzeit am naheliegendsten erscheint, aber: "Zum derzeit angebotenen Preis können wir das Objekt leider nicht erwerben. Wir werden jedoch weiterhin Verwendungsmöglichkeiten des Standortes prüfen und stehen mit dem Verkäufer in Kontakt", so Mentrup.

Ob und inwiefern eine Änderung des Gesamtbebauungsplans für das Gewerbegebiet Killisfeld/Ottostraße angedacht werden kann, werde derzeit beraten. "Wir haben den Wunsch aus dem Durlacher Ortschaftsrat mitgeteilt bekommen. Inwiefern wir die Maßnahme umsetzen können, ohne eine Verhinderungsplanung zu betreiben, ist derzeit schwer zu beurteilen", erklärt der Oberbürgermeister. Die Gefahr, sich rechtlich angreifbar zu machen, sei vonseiten der Stadtverwaltung sehr groß.
Gemeinsame Wege
Die Problematik erkennt auch Schulte von "Durlach gegen Prostitution": "Wir sind uns über die Schwierigkeiten im Klaren und wissen natürlich auch über die Gesetzesgrundlage Bescheid. Dennoch war es heute wichtig, dem Thema eine Stimme zu geben und wir glauben, dass Herr Mentrup offen und auch bereit dafür ist, die nötigen Wege mitzugehen."

Auch deshalb will der Oberbürgermeister ein "Mahnmal" auf seinem Schreibtisch errichten. "Ich nehme mir das Thema sehr zu Herzen und werde die 2300 Unterschriften gut sichtbar aufstellen, um mich daran zu erinnern", erklärt der Oberbürgermeister abschließend.
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