Die mögliche Umwandlung des mehrstöckigen Gebäudes in der Ottostraße 4 bereitet so manchen bereits seit einigen Monaten Kopfzerbrechen. Grund dafür ist die von Immobilienbetreiber Kerem Bayrak gestellte Bauvoranfrage bei der Stadt Karlsruhe, ob das Objekt zu einem Bordell umfunktioniert werden kann. Obwohl die Antwort auf diese Frage noch aussteht, hat sich nun vor wenigen Tagen eine Bürgerinitiative gebildet: "Durlach gegen Prostitution".
Welche Bedenken bringt die Initiative an? Was sagt eine Stimme aus dem Ortschaftsrat Durlach zu dem Thema? Wie real ist die Entstehung eines Großbordells in der Ottostraße tatsächlich?
Was ist heute in der Immobilie?
"Viel Beton und Potenzial", meint Bayrak. Letzteres ergebe sich vor allem aus der Lage in der Ottostraße 4. "Das ist ein Objekt, in das sich jeder sofort verliebt", sagt der Immobilienmakler. Das 1986 errichtete mehrstöckige Gebäude soll saniert werden, nachdem es ursprünglich für Büros genutzt wurde. Was nun daraus werden soll, steht noch nicht fest.

Zwar sei die Baugenehmigung für das Objekt bereits vom Vorbesitzer auf den Verwendungszweck "Hotel und Businesscenter" umgemünzt worden, doch für die Realisierung brauche es Geld, erklärt der Immobilienmakler. Der derzeitige Besitzer und er seien gemeinsam für die Immobilie verantwortlich - er derzeit nur Mieter.
Was passiert mit der Immobilie?
Die Pläne, die das Duo für das Gebäude hat, sind vielschichtig. Am liebsten hätte Bayrak auf dem Grundstück sein eigenes Business-Hotel. "Das ist mein Traum und unsere eigentliche Vorstellung für die Immobilie", meint Bayrak. Diesem Traum stünde derzeit lediglich die Finanzierung im Weg. "Wir haben bei der Bank ein Konzept vorgelegt und einen Kredit von rund vier Millionen Euro beantragt", erklärt der Unternehmer. Bei welcher Bank, verrät er nicht.

Sollte die Bank mit einem geringeren Angebot reagieren, so könne aus dem Gebäude - mit umfassender Sanierung - wieder ein Bürokomplex werden, meint Bayrak. "Dafür sind weit weniger als zwei Millionen Euro als Darlehen notwendig. Hochgeschätzt versteht sich."
Sollte die Kreditsumme auch unter diesem Betrag liegen, so bliebe nur ein einziger Ausweg. "Dann müssen wir das Objekt verkaufen - für mehr als drei Millionen Euro", erklärt der Immobilienunternehmer. Für diesen Fall gäbe es bereits einen Interessenten. Ein Unternehmen aus Amsterdam, das im Prostitutionsgewerbe tätig sei, meint Bayrak. Einen Namen verrät er nicht.
Was sind die Sorgen der Bürger?
Dieser mögliche letzte Ausweg für Unternehmer Bayrak bereitet den Durlachern derzeit Kopfzerbrechen. Vor wenigen Tagen hat sich wegen der Aussicht auf ein Großbordell in der Ottostraße eine Bürgerinitiative geformt und auch der Ortschaftsrat Durlach meldet seine Bedenken an.

Die Legalisierung von Prostitution laufe unter dem Mantra der Sicherheit für Frauen, meint Ulrike Schulte von der Bürgerinitiative "Durlach gegen Prostitution". "Legalität soll Illegalität verhindern. Studien zeigen jedoch, dass eine Vergrößerung des legalen Bereichs auch den illegalen ausweitet." Das bedeute für das Areal an der Ottostraße womöglich eine Zunahme von Kriminalität - durch Gewalt und Drogen.

Prostitution wirke sich dadurch unmittelbar auf die Lebensqualität der Anwohner, Passanten und Durlacher im Allgemeinen aus, meint Schulte. "Ich persönlich bin in der Ottostraße eher selten unterwegs. Viele Bürger der Initiative jedoch regelmäßig." Das sei besonders unangenehm, wenn Kinder dabei wären, so Schulte.
Welche Probleme bestehen bereits?
Zu weiteren unangenehmen Situationen komme es in der Ottostraße bereits ohne "Großbordell". So wisse Schulte beispielsweise von einigen Vorfällen, bei denen berufstätige Frauen aus dem Gewerbegebiet auf ihrem Heimweg bedrängt und belästigt wurden. "Da geht dann die Scheibe von anfahrenden Autos herunter und es wird sich nach dem Preis erkundigt", erklärt Schulte.

Da solche Vorfälle schon bei mehreren Betrieben auftraten - die ausdrücklich nicht namentlich erwähnt werden sollen - wolle man das Gewerbe über die Initiative zusammentrommeln, so Schulte. "Besonders involviert ist der Mescher Lagerstore, ein Elektrofachgeschäft in der Ottostraße." Dieser habe bereits Einspruch gegen das Bauvorhaben eingelegt und einen Anwalt eingeschaltet, auch wenn bisher eigentlich nur eine Anfrage bei der Stadt eingegangen ist.
Was sagt Dirk Müller aus dem Ortschaftsrat?
"Es geht um weit mehr als nur ein mögliches Bordell", meint Dirk Müller, Vorsitzender der CDU Durlach und Mitglied des Ortschaftsrates. Auch er betrachte die Gesamtsituation der Ottostraße mit Sorge - die nun potenziell ausgeweitet werden könnte. "Ein Großbordell hätte genau diesen Effekt - eine gezielte Zunahme des Prostitutionsgewerbes", so Müller.

Dieser erwartete Magneteffekt würde allen bisherigen Bestrebungen zur Einschränkung des Prostitutionsbetriebs an der Ottostraße entgegenwirken. "Die zeitliche Eingrenzung für die legale Arbeit an der Straße wurde vor Jahren über zahlreiche Diskussionen erwirkt", meint der CDU-Vorsitzende und Stadtrat Karlsruhes. Ein ganztägiger Bordellbetrieb stünde dieser Einigung unmittelbar gegenüber.

Dieser Umstand wirke sich zum einen auf die Lebensqualität der Anwohner und zum anderen auf die Wahrnehmung des gesamten Stadtteils aus. "Es geht hier um die Darstellung eines Gebiets, unter der die namhaften Gewerbe massiv leiden werden", erklärt der Vorsitzende. Das Image Durlachs sei bedroht, weshalb er die Bürgerinitiative persönlich stark begrüße.
Wie stehen die Chancen für ein Bordell tatsächlich?
Immobilienunternehmer Kerem Bayrak möchte die Sorgen beschwichtigen: "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Großbordell in die Ottostraße kommt." Er bevorzuge so ziemlich jede andere Lösung vor dem Verkauf an den Prostitutionsbetreiber aus Amsterdam - er hofft auf sein Business-Hotel. Aber: "Am Ende ist es eine geschäftliche Entscheidung und mir sind die Hände gebunden", meint der Unternehmer.

Nach Einschätzung des Immobilienunternehmers sei ein Kredit von der Bank jedoch beinah garantiert. "Normalerweise müsste alles klappen. Der vorgestellte Businessplan ist gut gemacht und weitere Immobilien stehen als mögliche Grundschuld bereit", erklärt Bayrak. "Ich würde nicht verstehen, wenn die Bank ablehnt."
Wer kann Einfluss darauf nehmen?
Nicht nur die Bank, deren Namen der Immobilienunternehmer nicht mitteilen möchte, kann derzeit Einfluss auf das zukünftige Gebäude in der Ottostraße 4 nehmen. Noch könne ein anderer potenzieller Käufer gefunden werden, meint Bayrak - und sich das Objekt in etwas gänzlich Anderes verwandeln.
Die Möglichkeit habe der Unternehmer auch der Stadt Karlsruhe offeriert, doch nach eigenen Angaben wurde auf sein Angebot nicht reagiert. "Man könnte ein Flüchtlingsheim, Obdachlosenheim, Verwaltungsgebäude oder Ordnungsamt daraus machen", sagt der Unternehmer. Diese Möglichkeiten habe er auch Bau-Bürgermeister Daniel Fluhrer übermittelt - bisher ohne Antwort.

Der Immobilienunternehmer sei ebenfalls bereit dazu, mit der Bürgerinitiative in Kontakt zu treten, um Alternativen zu diskutieren. "Ich wünsche mir den Dialog und bin bereit, mit jedem zu reden. Auch ich wünsche mir kein Bordell in der Ottostraße. Ich bin kein Monster", so Bayrak.
Was sagt die Stadt zu dem Angebot?
Nicht viel, wie sich nach Kontakt mit einem Pressesprecher am 20. Februar herausstellte. Das lag möglicherweise auch daran, dass ein spezifisches Angebot nie auf dem Schreibtisch von Bürgermeister Fluhrer oder der Stadtverwaltung lag. Laut einem Sprecher der Stadt habe das Dezernat 6 lediglich eine generische "Werbeanzeige" für das Objekt in der Ottostraße 4 erhalten.

"Herr Bayrak hat Anfang November eine E-Mail an das Dezernat 6 geschickt. Ein speziell an die Stadtverwaltung oder an Herrn Bürgermeister Fluhrer gerichtetes Angebot ließ sich dieser Mail nicht entnehmen. Daher erfolgte seitens der Verwaltung keine Antwort", so die Stadt.
Wer sind anderweitige Interessenten?
Diese Alternativen müssten sich allerdings finanziell lohnen, meint der Unternehmer - schließlich ginge es ums Geschäft. Der Bordellbetreiber aus Amsterdam hat derzeit jedoch keine Konkurrenz. "Es gab eine Anfrage, eine private Kita daraus zu machen. Bisher kam jedoch kein Besichtigungstermin zustande", meint Bayrak. Und dann müsse man sich noch mit dem Preis einig werden.

Wegen des Preises scheint jeglicher Verkauf bereits sei Anbeginn zu scheitern. Dieser ist auch nirgendwo zu finden und werde individuell verhandelt, erklärt Bayrak. "Es gibt einen Preis fürs Bordell, einen Preis für normale Sachen und einen für soziale Sachen." Je nach geplanter Nutzung werde am Preis geschraubt.
War die Aufregung Strategie?
"Ganz ehrlich, Ja! Wir wollen wie gesagt nur ungern verkaufen und eigentlich ein Hotel", erklärt der Immobilienunternehmer. Dass ein geplantes Großbordell auf Verantwortliche der Stadt und Gewerbe in der Nachbarschaft Druck ausübe, sei daher beabsichtigt.

Indirekt hofft Bayrak so, Verbindungen zu Investoren, Bankchefs oder Verwaltungsorgane zu knüpfen, um die Hotelbaufinanzierung voranzutreiben. "Auch, wenn vielleicht jemand aus der Bürgerinitiative einen Kontakt zu einem Interessenten herstellen kann oder Verbindungen zur Bank hat, wären wir sehr dankbar", meint der Geschäftsmann.
Wann fällt die Entscheidung?
Akut ist die Gefahr für ein Bordell noch nicht, denn die Antwort auf die Bauvoranfrage bei der Stadt steht weiter aus. Das heißt aktuell: Für das Objekt liegt eine Baugenehmigung von einem Bürogebäude zu einem Hotel vor. "Diese Genehmigung hat der Eigentümer beantragt gehabt", erklärt der Unternehmer. Nun hat Bayrak selbst für das gesamte Objekt die Bauvoranfrage gestellt, ob die Nutzung als Bordell theoretisch möglich wäre.

"Wenn das Ergebnis kommt, ungeachtet ob Ja oder nein, stellt sich immer noch die Frage: Stellen wir den Bauantrag oder nicht", meint Bayrak. Bisher stehe die Frage im Raum, ob die Umnutzung theoretisch überhaupt genehmigungsfähig wäre. Fest stehe derzeit nur, dass bis Mitte April entweder eine Antwort der Bank, ein passendes Angebot oder die Zusage für Amsterdam folgen müsse, erklärt der Immobilienunternehmer.
Wie sind die konkrete Pläne für ein Bordell?
Sollte die Umnutzung in Form eines Bordells vonseiten der Stadt bestätigt werden, so werde die Immobilie an das Unternehmen aus der Niederlande verkauft. Der Interessent aus Amsterdam habe das Objekt bereits besichtigt, es fehle lediglich der Bescheid der Stadt. "Ab dann ist es deren Sache, was aus dem Gebäude gemacht wird. Jugendzentrum, Kita oder eben Bordell", sagt Bayrak.

Er selbst sei in den mögliche Bordellbetrieb nicht involviert. "Bei uns wird man dafür enterbt und aus der Familie ausgestoßen", so der gebürtige Türke. Auch wenn Bayrak mit "solchen Sachen nie etwas zu tun haben will", hat er es sich nicht nehmen lassen, ein Konzept für die Nutzung als Bordell mit seinem potenziellen Kunden zu entwerfen. "Wenn ihr ein Bordell baut, dann mit meinem Konzept", habe er dem Interessenten mitgeteilt.

Besonderen Wert habe der Unternehmer auf Diskretion im äußeren Erscheinungsbild gelegt. "Die Idee ist, dass nach außen hin alles normal aussieht", meint Bayrak. Und auch hinter den Pforten solle es gesittet zugehen. "Die Zimmer werden an Frauen und Männer vermietet. Nicht nur für Verkehr, sondern auch für Live-Cams oder Ähnliches", erklärt der Konzeptschmied.
Wie geht es weiter?
Auch wenn Bayrak persönlich kein Interesse als Betreiber eines Großbordells kundtut und sich ein solches Etablissement für Durlach nicht wünscht, so bleibt die Option weiter bestehen. "Wir würden gern ein Hotel daraus machen", erklärt der Unternehmer, im Weg stehe die Bank. "Wenn die Bank mitmacht und Unterstützung mitteilt, sind die Bordellpläne sofort vom Tisch. Das garantieren wir natürlich auch", meint er.
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