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Karlsruhe: Alpine-Pleite und Kombilösung: Die Fakten im Überblick

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Alpine-Pleite und Kombilösung: Die Fakten im Überblick

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    Warum hat der österreichische Baukonzern Alpine einen Insolvenzantrag gestellt?

    Der österreichische Baukonzern Alpine Bau hat in der vergangenen Woche einen Insolvenzantrag gestellt. Zuvor war ein letzter Rettungsversuch nach Gesprächen mit Gläubigern gescheitert. Als Gründe für den Zusammenbruch gelten nach Einschätzung von Kreditschutzverbänden die schlechte Baukonjunktur sowie Verzögerungen bei einigen Projekten. Die spanische Muttergesellschaft FCC hatte laut dem österreichischen Portal Format.atin den vergangenen sieben Jahren rund 700 Millionen Euro in die Alpine gepumpt. 2006 erwarb die FCC 80 Prozent an Alpine. Die Pleite des Bauriesen hat auch Auswirkungen auf die Karlsruher Kombilösung, an deren Umsetzung Tochterfirmen der Alpine beteiligt sind.

    Wie steht's um die deutsche Tochter der Alpine?

    Die Alpine-Pleite führte unmittelbar zu einer Illiquidität der Tochtergesellschaft Alpine Bau Deutschland AG.Der Vorstand der Alpine Bau Deutschland AG stellte daher am Amtsgericht Landshut einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Die Alpine Bau Deutschland AG war unter anderem für den Bau der Münchner Allianz Arena verantwortlich und ist beim Bahnprojekt Stuttgart 21 beteiligt. Sie hat 1.500 Mitarbeiter und erzielte 2012 einen Umsatz von rund 600 Millionen Euro.

    War die Pleite vorhersehbar?

    Bereits imOktober 2012 hatte der österreichische Baukonzern Alpine Bau finanzielle Problemeeingeräumt und gab an mit "erheblichen Verlusten" zu rechnen. Neben personellen Veränderungen kündigte das Unternehmen auch eine "strategische Neuausrichtung" an. "Das Projekt Kombilösung ist ein sehr wichtiges Projekt für Alpine. Die Arbeiten in Karlsruhe werden vertragsgemäß umgesetzt", erklärte ein Alpine-Konzernsprecher noch im Februar auf ka-news-Anfrage.Einem Bericht von Format.at zufolge zeichnete sich das Alpine-Desaster schon lange ab.

    Was hat Alpine mit der Karlsruher Kombilösung zu tun?

    Das Unternehmen istmit den Rohbauarbeiten für den Stadt- und Straßenbahntunnel der Kombilösungbeauftragt. Die Auftragssumme beträgt rund 300 Millionen Euro. Der Auftragsvergabe voraus ging ein EU-weiter Teilnahmewettbewerb, bei dem sich fünf Bietergemeinschaften qualifiziert hatten.Wie im Februar 2010 bekannt wurde, hatte sich letztendlich das Baukonsortium Alpine Bau durchgesetzt. Dazu zählen die Unternehmen Alpine Bau Deutschland AG, Beton- und Monierbau GmbH (BEMO), Universale Grund- und Sonderbau (GSB) und FCC Construccion.

    Welche Auswirkungen hat die Alpine-Pleite auf die Kombilösung?

    Die deutsche Tochter ist an der Arge Stadtbahntunnel beteiligt und müsste ausscheiden, sobald der Insolvenzantrag angenommen wird. Wie es dabei für den Bau der Kombilösung weitergeht, hängt stark vom Überleben der verbleibenden Arge-Partner ab. Die Arbeitsgemeinschaft ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst rechts- und insolvenzfähig. Die Insolvenz eines ihrer Gesellschafter berührt den Fortbestand der Gesellschaft nicht. Bei Verwendung einer der üblichen Arge- beziehungsweise Dach-Arge-Verträge führt die Insolvenz eines Gesellschafters zu dessen Ausscheiden. Die Gesellschaft wird zwischen den übrigen Gesellschaftern fortgeführt, notfalls bei Verbleiben nur eines Gesellschafters durch diesen als einzelkaufmännisches Unternehmen.

    Trotz der Pleite sei die Arge Stadtbahntunnel weiter solvent, betonten OB Frank Mentrup und Kasig-Chef Uwe Konrath. Gesellschafter der Arge ist neben der Alpine Bau Deutschland AG, der Grund- und Sonderbaugesellschaft mbH (universale Spezialtiefbau GSB) sowie der Alpine BEMO Tunneling auch FCC Construcciòn, der Mutterkonzern aller drei. Die österreichische Alpine Bau GmbH in Wals/Salzburg ist damit selbst nicht an der Arge beteiligt - lediglich Tochterunternehmen.

    Im Rathaus und der Kasig-Chefetage geht man weiter davon aus, dass die drei verbleibenden Partner der Arge Stadtbahntunnel solvent bleiben werden. "Wenn die Alpine Bau Deutschland ausscheidet, kann die Arge auch mit FCC, Bemo Tunneling und GSB weitergeführt werden", erläuterte der OB. Die operativen Partner hätten zugesichert, dass man den Aufgabenbereich der Alpine Bau abdecken könne.

    Ist das Gesamtprojekt Kombilösung in Gefahr?

    OB Mentrup ist zuversichtlich, dass die Durchführbarkeit der Kombilösung keinesfalls gefährdet sei:"Alpine Bau war zum Beispiel nicht für die spezialisierten technischen Arbeiten zuständig, die wichtigen Techniker stecken in den anderen beiden Firmen." Und zumindest für Alpine Bemo Tunneling soll bereits ein Kaufinteressent auf dem Markt sein. Im Notfall muss die Vergabe jedoch neu ausgeschrieben werden. Wie dieses Verfahren genau ablaufen würde oder ob man auf das zweitbeste Angebot der ersten Ausschreibung zurückgreifen könne, sei eine juristische Frage, die zunächst geklärt werden müsste.

    Werden die Bauarbeiten jetzt vorläufig gestoppt?

    Um Baustopps zu vermeiden, bezahlt die Kasig Lieferanten direkt. Die soll eigentlich bis 2019 geschafft sein. "Tatsächlich hat es hier und da schon kleinere Verzögerungen gegeben, weil zunächst Dinge geklärt werden mussten", berichtet Oberbürgermeister Frank Mentrup. Die Kasig habe dies jedoch früh genug in die Hand genommen, um in solchen Fällen schnell einzuspringen. "Wir bezahlen nur für erfolgte Leistungen", betonten Mentrup und Konrath. Die Bauarbeiten gehen momentan also weiter.

    Was kostet die Kombilösung eigentlich?

    Eine Prognose für 2019 vom April 2013 geht davon aus, dass die Kosten bei 788,6 Millionen Euro liegen werden- 566,3 Millionen Euro für den Stadtbahntunnel und 222,3 Millionen Euro für die Kriegsstraße. Der Bund beteiligt sich mit 60 Prozent an den förderfähigen Kosten, das Land Baden-Württemberg mit 20 Prozent. Die Zahlung der restlichen Kosten erfolgt über die Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig). Die 2003 gegründete Kasig ist ein Unternehmen der Stadt Karlsruhe und Bauherr für die Kombilösung.

    Die Karlsruher Kombilösung wird nach dem Bundes-GVFG (Bundes-Gemeindeverkehrsfinanzierungs-Gesetz) gefördert. Hierbei gewährt der Bund bei Projekten mit einem Volumen von über 50 Millionen Euro einen Zuschuss von 60 Prozent der förderfähigen Kosten. Das Bundes-GVFG läuft 2019 aus. Das Land Baden-Württemberg bezuschusst das Vorhaben "Karlsruher Kombilösung" auf der Grundlage der abgeschlossenen Finanzierungsvereinbarung mit einem Festbetrag von 100,8 Millionen Euro.

    Was passiert, wenn der Zeitplan nicht eingehalten wird?

    "Wir müssen bis zum 31. Dezember 2019 alle Bauarbeiten abgerechnet haben", so OB Frank Mentrup im März.Derzeit rechne man mit einer Fertigstellung im Sommer 2019. Doch sollte "etwas Unvorhersehbares passieren", hätte die Stadt "ein echtes Problem". Denn dann gingen der Stadt Millionen an Fördergeldern flöten. Das Bundes-GVFG läuft 2019 aus. Die Fördergelder wären bei einer späteren Fertigstellung also futsch. Die Baustelle muss demnach bis 2019 fertig sein, sonst verliert die Stadt Millionen an Fördergeldern. Nach der Alpine-Insolvenz in der vergangenen Woche hatte Oberbürgermeister Frank Mentrup versichert, dass die Kombilösung weitergebaut werde - möglicherweise aber mit Zeitverlusten.

    Gibt es keinen Plan B?

    Noch im Herbst 2012 war man bei Kasig und Stadt zuversichtlich: Kasig-Geschäftsführer Walter Casazza erläuterte auf ka-news-Anfrage, dass Alpine eine rasche Klärung der Finanzprobleme zugesagt habe und deshalb kein Handlungsbedarf von Seiten der Kasig bestehe. Mit der hypothetischen Katastrophe wollte sich noch niemand so recht auseinander setzen.

    Im März 2013 sollte es schließlich die erlösende Nachricht geben: Alpine hat ihre Zahlungsschwierigkeiten überwunden und eine Pleite abgewandt. OB Mentrup empfing Führungskräfte des Konzerns im Rathaus und signalisierte kollektive Zuversicht. "Wir brauchen keinen Plan B", erwiderte auf eine ka-news-Nachfrage. Von einem Pleitenszenario wollte man im Rathaus und bei der Kasig zum damaligen Zeitpunkt nichts wissen, jetzt zeigt man sich überrascht.

    Wer übernimmt Mehrkosten, die durch eine Pleite entstehen?

    Der Bund fördere das Projekt bis 2019 - was bis dahin nicht abgerechnet sei, bleibe erst einmal offen.Staatssekretärin Gisela Splett (Grüne) erklärte bereits im Oktober 2012 auf Anfrage von ka-news, dass die Stadt Karlsruhe im Falle von Mehrkosten einen Ergänzungsantrag stellen. Dieser werde dann vom Land fachrechtlich geprüft. Letztlich müsse das Bundesministerium über eine etwaige Förderung der Mehrkosten entscheiden.

    In der Finanzierungsvereinbarung zwischen Baden-Württemberg und der Stadt Karlsruhe  heißt es: "Mit dieser Vereinbarung wird eine Festbetragsfinanzierung auf der Grundlage der derzeitigen haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen geregelt. Für den Fall von Kostensteigerungen während der Durchführung des Vorhabens wird das Land im Rahmen der dann zur Verfügung stehenden Mittel nach dem Entflechtungsgesetz oder einer landesrechtlichen Nachfolgeregelung und im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten die unabdingbaren Mehrkosten entsprechend fördern." (Hier geht's zur Finanzvereinbarung Kombilösung)

    Nach der entsprechenden Verwaltungsvorschrift des Landes beschränkten sich diese auf allgemeine Preissteigerungen, nicht vorhersehbare Schwierigkeiten während der Bauausführung sowie zwingend erforderliche Planungsänderungen im Verlaufe der Bauausführung (Ziff. 21.2 der VwV-GVFG). Ob darunter auch durch einen Wechsel des Bauunternehmens entstehende Kosten fallen, ist demnach nicht eindeutig. Auch das Verkehrsministerium konnte dies nicht definitiv klären: "Sollten eventuell bei diesem Vorhaben bei einer notwendigen Neuvergabe zusätzliche Kosten entstehen, müssten die Zuwendungsgeber bei der Geltendmachung von Kostensteigerungen durch den Zuwendungsempfänger Kasig nach den Darlegungen und Begründung der eventuellen Mehrkosten, ein umfangreiches Prüfungsverfahren einleiten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist keine belastbare Aussage über die Anerkennung solcher Mehrkosten als förderfähig möglich", hieß es wörtlich in einer Stellungnahme des MVI im Oktober 2012 auf ka-news-Anfrage.

    Wie geht's weiter?

    Führungskräfte des spanischen Konzerns FCC und der Alpine BEMO Tunneling waren am Montagvormittag (24. Juni) zu Gesprächen im Karlsruher Rathaus. "Es ist der übereinstimmende Wille aller Beteiligten: Die Großbaustelle im Herzen unserer Stadt muss zu einem gemeinsamen Erfolg werden", fasst Oberbürgermeister Frank Mentrup das Ergebnis zusammen. Sowohl Jaime Freyre de Andrade, leitender Vizepräsident im FCC-Konzern, als auch Josef Arnold, Geschäftsführer der Alpine BEMO Tunneling GmbH, hätten ihm versichert, dass es ihr Ziel sei, mit dem eingespielten Team und den bewährten Partnerfirmen das Projekt in Karlsruhe voran zu treiben.

    "FCC hat zugesagt, in jedem Fall einer der bislang vier Partner der Arge Stadtbahntunnel zu bleiben. Alpine BEMO Tunneling GmbH geht zudem davon aus, dass sie, wie auch die GSB Spezialtiefbau, als gesundes Unternehmen weiterhin für die entscheidenden Arbeiten am Stadtbahntunnel zur Verfügung stehen - auch wenn sie damit rechnen, dass sich die Eigentumsverhältnisse in den kommenden Wochen ändern werden", ergänzt das Stadtoberhaupt. Nachdem nicht mehr mit einer Auffanggesellschaft für die in Konkurs gegangene österreichische Alpine Bau GmbH zu rechnen ist, werden alle Unternehmensteile an den Markt gebracht.

    Baufortschritt, Mehrkosten, Verzögerungen: Mehr Infos rund um die Karlsruher Kombilösung haben wir in unserem Dossier zur Kombilösung für Sie zusammengestellt.

    Baufortschritt per Webcam beobachten? Hier klicken!

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