Zu teuer, zu lange, zu viel. Die Kritik an der geplanten und kürzlich gestarteten Sanierung des Badischen Staatstheaters in Karlsruhe war groß und dürfte aktuell und in Zukunft bei dem ein oder anderem Karlsruher auf Unmut stoßen.
Badisches Staatstheater: 508 Millionen Euro Kosten - Bauzeit bis 2034
Die Zahlen zum nächsten Mega-Projekt der Fächerstadt sind nämlich - ähnlich wie zur Kombilösung - schwer zu greifen. Offiziell nun 508 Millionen Euro Kosten und eine Bauzeit von zwölf Jahren. 2034 soll das neue Staatstheater dann fertig sein. In der Vergangenheit wurde bereits über bis zu 700 Millionen Euro spekuliert. Die Kosten tragen je zur Hälfte die Stadt Karlsruhe und das Land Baden-Württemberg.

"Ja, die Zahlen sind schwer vorstellbar, doch die Sanierung des Theaters ist nötig, um unter anderem gesetzliche Mindestanforderungen für unsere Mitarbeiter zu erfüllen", sagt Eva Geiler, Leiterin der Sanierungskommunikation des Badischen Staatstheaters. Doch die anderen diskutierten Varianten wären laut Geiler mindestens genauso teuer und langwierig gewesen.
"Ein provisorisches Theater hätte zuerst gebaut werden müssen und hätte auch den Anforderungen eines richtigen Theaters entsprechen müssen. Neubau, Umzug, Sanierung und dann wieder zurück umziehen hätte auch lange gedauert und wäre ebenso teuer gewesen. Auch deshalb ist die Sanierung hier und im laufenden Betrieb die beste Variante", so Geiler weiter.
Rundgang um das Baufeld des Badischen Staatstheaters
Geiler führt ka-news.de-Redakteur Carsten Kitter und Fotograf Thomas Riedel am Donnerstag, 27. Oktober, um das aktuelle Baufeld und durch das Kleine Haus des Theaters.

Zur Sommerpause des Theaters startete - nach Beendigung der ersten Vorabarbeiten - der Abriss in der Baumeisterstraße. Die alte Kassenhalle und das alte obere Foyer wurden dem Erdboden gleichgemacht. Jetzt folgte kürzlich der Start zum Ersten von insgesamt drei Modulen.
Übersicht Sanierungsmodule Badisches Staatstheater

Bis 2027 sollen jetzt das neue Kleine Haus mit 400 Plätzen, das Junge Staatstheater mit 150 Plätzen, neue Probebühnen, Büros, Funktionsräume und Fahrstühle neuentstehen. Wie das neue Kleine Haus und auch das neue Staatstheater nach Fertigstellung aussehen soll, kann jetzt schon mithilfe einer 3D-Animation im K. - früher der Infopunkt für die Kombilösung - auf dem Hermann-Levi-Platz vor dem Theater begutachtet werden. Dort startet auch die Tour für ka-news.de.
Architekten nehmen Grundidee von Bätzner auf
"Hier im K., kann man jetzt schon sehen, was für das neue Theater geplant ist", sagt Geiler. Unter anderem soll ein barrierefreier Zugang von der Tiefgarage in alle Etagen garantiert werden und der Vorraum des Kleinen Hauses bekommt eine große Glasfront in Richtung Baumeister- und Finterstraße.

Damit nehmen die verantwortlichen Architekten, Delugan Meissl Associated Architects (DMAA) aus Wien und Wenzel + Wenzel Architekten aus Karlsruhe die Ursprungsidee von Helmut Bätzner, dem damaligen Architekten, auf. Schon Bätzner wollte für das 1975 eröffnete Haus eine Glasfassade, "die Pläne wurde aus Kostengründen aber verworfen", so Geiler.
Angst vor extremer Hitze hinter der Glaswand müssen die künftigen Theatergäste aber nicht haben. "Das Material ist heutzutage so gut, dass es damit auf jeden Fall keine Probleme geben wird", sagt Geiler.
Staatstheater-Sanierung und KSC-Stadionbau gehen Hand in Hand
Die Schwierigkeit bei der aktuellen Sanierung sei, dass sie während des laufenden Betriebs stattfindet. Während also draußen gebohrt, gehämmert und betoniert wird, läuft im Inneren des Theaters der Betrieb ganz normal weiter. Eine Parallele zum Stadionbau beim KSC. "Nur 45 Baustellen-Ruhetage wird es in dieser Spielzeit geben", sagt Geiler.

Bedeutet auch: Damit die bis zu vier Vorstellungen am Tag, stattfinden können, müssen einige Provisorien den reibungslosen Ablauf garantieren. So führt der aktuelle barrierefreie und normale Zugang ins Kleine Haus über einen Bereich, der sonst für die Zuschauer nicht zu sehen war und hinter der Bühne entlang.
"Für unsere Gäste sicher ein etwas anderer Blick hinter die Kulissen und für unsere Mitarbeiter mit Sicherheit eine Belastungsprobe. Doch in der Belegschaft ist die Freude groß, dass die Sanierung nun endlich gestartet ist", meint Geiler.
"Belastung für Mitarbeiter enorm"
Die aktuell rund 750 Mitarbeiter sollen im Zuge der Sanierung arbeitsrechtlich konforme Arbeitsplätze bekommen. "Beispielsweise arbeiten unsere Schneider auf kleinsten Raum und ohne Fenster. Sie und viele andere Gewerke profitieren mit Sicherheit von der Sanierung und bekommen so vernünftige Arbeitsplätze. Ihre aktuellen Arbeitsplätze würden heute so gar nicht mehr genehmigt werden", so Geiler.

Die Belastung durch die aktuellen räumlichen Gegebenheiten sei für die Mitarbeiter enorm. "Die Schusterei hat beispielsweise überhaupt kein Fenster", meint Geiler. "Alle Mitarbeiter gehen mit einer großen Geduld mit der Situation um. Leute, die neu hierherkommen würden, würden sich das wohl zweimal überlegen. Man muss schon eine große Leidenschaft für Theater haben."

Doch das neue Staatstheater soll nicht nur Mitarbeiter und Schauspieler sein, sondern "ein offenes Haus für Alle. Das neue Staatstheater wird die Verbindung von der Innenstadt in die Südstadt und ist für alle Bürger Karlsruhes da. Theater ist nicht mehr nur für einen kleinen elitären Kreis, wir haben Gäste aus allen Schichten und jeden Alters", so Geiler gegenüber ka-news.de.
LED-Wand für Public Viewing ist geplant
So kommen zirka 300.000 Besucher pro Spielzeit in die zirka 900 Vorstellungen. Zwischen 35 und 40 Premieren werden pro Spielzeit aufgeführt. "Doch auch wer nicht ins Theater geht, soll sich in Zukunft im Foyer aufhalten oder die Proben verfolgen können. Das Haus soll allen zur Verfügung stehen", meint Geiler.

Heißt konkret: Einblicke in die Sanierungsarbeiten, in die Proben oder auch eine geplante LED-Wand vor dem Theater, um beispielsweise ein Public Viewing stattfinden zu lassen. "So kann, der Theaterbesucher in der Pause rausgehen und schauen, wie es beim Fußball steht, wenn er will", sagt Geiler.
Das Staatstheater: eine kleine Spedition
Ein anderer wichtiger Punkt laut Geiler: Durch die Sanierung sollen die aufwendigen Umbaumaßnahmen für die Theaterstücke unterstützt und optimiert werden. "Wir haben sechs Sparten und in jeder Sparte wird jeden Tag etwas anderes gespielt. Wir sind permanent am umbauen und so schon eine kleine Spedition", erklärt sie.

Ein Beispiel: Am Morgen wird eine Probe aufgebaut, die dann von 10 Uhr bis 14 Uhr stattfindet. Dann wird das Bühnenbild abgebaut und das Bild für die Vorstellung am Abend aufgebaut. "Das passiert so gut wie jeden Tag auf jeder Bühne. Die Hauptarbeit findet also hinter und nicht auf der Bühne statt." Deswegen müssten Transportwege verbessert und ausgebaut werden.
1.500 Kubikmeter Erde
Aktuell laufen erst die Aushubarbeiten für die Bühne des neuen Kleinen Hauses. "Hier kann man schon erkennen: Das wird die neue Bühne", erklärt Geiler mit Blick in die Baugrube auf Seite der Baumeisterstraße. Seit September laufen hier die Aushubarbeiten, bis Ende März sollen zirka 1.500 Kubikmeter Erde ausgebaggert und abtransportiert werden.

"Im Moment lauft alles wie geplant", fasst Geiler zusammen. Auch in Sachen Baukosten, sprich stand jetzt bleibt es bei 508 Millionen Euro. "Es ändert sich aber aktuell viel und was in zwei, drei Jahren hängt viel von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Dafür bräuchte man eine Glaskugel und die hat leider niemand", so Geiler. Ein Notreserve-Budget sei in den aktuell kalkulierten Kosten bereits eingeplant.
"Sanierung ist unumgänglich"
"Die Sanierung ist unumgänglich. Die Alternative wäre die Schließung des Theaters gewesen. Die neuen Raumpläne für unsere Gewerke entsprechen nur dem gesetzlich Mindesten, was nötig ist. Das Theater beansprucht keinen Millimeter mehr", so Geiler.

Und meint weiter: "Ich habe mal einen Post über die Kosten gelesen: 'Dann sollten die Künstler weniger goldene Klobürsten bekommen.' Nein, niemand verdient sich hier eine goldene Nase, das Intendantengehalt darf man dafür nicht anlegen. Man muss Theater wirklich lieben, um an einem solchen Arbeitsplatz zu arbeiten und an rechtlich arbeitskonformen Arbeitsplätzen lässt sich nicht sparen."
Außerdem käme der Entwurf allen Bürgern zu Guten. "Für Karlsruhe wird das neue Theater ein großer Gewinn sein", so Geiler abschließend.
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