Startseite
Icon Pfeil nach unten
Karlsruhe
Icon Pfeil nach unten

Karlsruhe: Syrische Flüchtlinge in Karlsruhe: "Unseren Familien in der Heimat geht es schlecht"

Karlsruhe

Syrische Flüchtlinge in Karlsruhe: "Unseren Familien in der Heimat geht es schlecht"

    • |
    • |
    Markus Löning, Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe (Mitte) mit einem syrischen Flüchtlingskind.
    Markus Löning, Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe (Mitte) mit einem syrischen Flüchtlingskind. Foto: (seb)

    "Ich bin seit einem Monat hier", erzählt Firas Diab, Arzt aus Damaskus - "meine Frau und meine Kinder sind noch in Syrien - ich will sie nachholen, wenn ich eine Aufenthaltsgenehmigung habe." Seiner Familie in der Heimat gehe es sehr schlecht - in Syrien seien die Lebensmittelpreise um das zehnfache gestiegen, die Reise nach Westeuropa könnten sich viele nicht leisten. Er habe eigenen Angaben nach Glück gehabt. Wie am Donnerstag klar wird, trennen sich offenbar viele Familien auf der Flucht - zu teuer und gefährlich sei die Ausreise aus dem Krisenland.

    Viele Familien mussten sich trennen

    Nisrin Alaedis Familie hat es geschafft: Zunächst war die junge Syrierin mit ihrer Tochter allein nach Karlsruhe gekommen - vor wenigen Tagen kamen dann auch ihr Mann und ihre zwei Söhne im Christian-Griesbach-Haus an. Hier wohnen sie seitdem in einem Mehrbettzimmer inklusive kleinem Bad und Kühlschrank. Die Schicksale der Bewohner im Karlsruher Christian-Griesbach-Haus sind unterschiedlich: Man hört von Ehemännern, die im Krieg gestorben sind, von Geschwistern, die auf der Flucht gefangen genommen wurden und hungernden Angehörigen. Viele sind verzweifelt - der Kontakt verlaufe nur schleppend. "Ich habe jetzt zehn Tage nichts mehr von meiner Frau gehört", berichtet ein syrischer Flüchtling im Gespräch mit ka-news. Er mache sich große Sorgen und habe Angst um seine Familie.

    Die Sorgen ein Stück weit nehmen möchte Markus Löning. Der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe stattete der Karlsruher Flüchtlingsunterkunft am Donnerstag einen Besuch ab und nahm sich im Gespräch den Wünschen und Ängsten der Asylbewerber an. Wann dürfen wir hier arbeiten? Können unsere Kinder in Karlsruhe zur Schule gehen? Wird unsere Familie auseinander gerissen? Viele Fragen nach der Zukunft richteten sich an den Berliner, der eigenen Angaben nach Einfluss auf die Gesetzgebung und Flüchtlingspolitik in Deutschland habe.

    "Ich kann Ihnen keine Wunder versprechen"

    "Familien bleiben grundsätzlich zusammen, wenn es um die Unterbringung geht - derzeit arbeitet man auf Hochtouren daran, so viele Asylanträge wie möglich in kürzester Zeit zu bearbeiten", verspricht Löning. Allerdings fehlten auf vielen Ebenen Angestellte, um der Flüchtlingsflut gerecht zu werden - dennoch: Im Moment würde niemand aus dem Krisenland in seine Heimat zurückgeschickt. "Das aktuelle Gesetz sieht derzeit noch vor, dass bis zum Berufseinstieg ein Jahr vergehen muss - darüber wird gerade diskutiert", so der Bundesbeauftragte weiter. "Zur Schule können die Kinder sofort." Löning habe eigenen Angaben zufolge in einem Brief an die Innenminister dazu aufgefordert, die Ämter 'großzügig' mit den Flüchtlingen umgehen zu lassen. "An einem kleinen Stempel soll es nicht scheitern", so sagt er weiter.

    Der Bundesbeauftragte hat sich am Donnerstag viel auf den Zettel geschrieben, will vieles mit nach Berlin nehmen. Es tue ihm Leid, dass die Verfahren derzeit lange dauern. Doch die Realität will er bei all den guten Vorsätzen nicht außer Acht lassen: "Ich kann Ihnen keine Wunder versprechen", richtet er sich an die Bewohner der Karlsruher Flüchtlingsunterkunft. Firas Diab will weiter als Arzt arbeiten - sein Wunsch ist es medizinische Hilfe zu leisten, besonders die Gesundheit der anderen Flüchtlinge ist ihm ein Anliegen. Laut Löning könne es ein paar Jahre dauern, bis Diab die Erlaubnis bekommt, Menschen in Deutschland behandeln zu dürfen - für den Syrer keine Abschreckung.

    Für derzeit 1.800 Flüchtlinge aus aller Welt hat die Reise in der Fächerstadt ein Ende gefunden, so Konrad Schaub, Leiter der Landeserstaufnahmestelle Karlsruhe. 75 von ihnen wohnen aktuell übergangsweise im Christian-Griesbach-Haus in Mühlburg, darunter etwa 30 Kinder. Hier bleiben sie etwa sechs Wochen - bis eine dauerhafte Unterkunft gefunden werden konnte. Nach dem Beschluss einer Bürgerversammlung war das Christian-Griesbach-Haus vor wenigen Monaten zur Flüchtlingsaufnahmestation umfunktioniert worden - vorher diente es als Altenpflegeheim. "Die Nachbarschaft nimmt die Neuerung im Viertel sehr gut auf, viele spenden sogar", sagt Schaub im Gespräch mit ka-news. Zu Zwischenfällen oder Kriminalität sei es seit dem Bezug in der Sophienstraße nicht gekommen - das liege laut Schaub vor allem daran, dass es sich bei den Bewohnern ausschließlich um Familien, Mütter oder Kinder handelt.

    Mehr zum Thema Asyl in Karlsruhe und dem Landkreis:

    Neue Flüchtlings-Unterkunft: 70 Asylbewerber kommen in Mühlburg unter

    Geplante Flüchtlings-Unterkunft in Mühlburg: "Eine Menge Groll"

    Fischweier bietet 41 neue Plätze für Asylbewerber in der Region

    Karlsruher Aufnahmestelle erwartet 2013 Rekordzahl an Flüchtlingen

    Landkreis schafft neue Unterkünfte für Asylbewerber in Bruchsal

    Flüchtlinge in Karlsruhe: "Die Situation in den Wohnheimen hat sich entspannt"

    Karlsruhe hat 7.913 Flüchtlinge aufgenommen

    Asylbewerber in Karlsruhe: Der Flüchtling, Dein Nachbar

    Asylbewerber in Karlsruhe: Fraktionen fordern bessere Unterbringung

    Asylbewerber in Karlsruhe: OB Fenrich beklagt mangelnde Abstimmung mit der Stadt

    Karlsruher klagen über Lärm: Flüchtlinge werden zum Stein des Anstoßes

    Karlsruher CDU: "Unterbringung der Asylbewerber ist menschenunwürdig"

    Viele Asylbewerber: Flüchtlingsaufnahmestelle in Karlsruhe überfüllt

    Integrationsministerium zu Asylbewerbern

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden