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Karlsruhe: Karlsruher klagen über Lärm: Flüchtlinge werden zum Stein des Anstoßes

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Karlsruher klagen über Lärm: Flüchtlinge werden zum Stein des Anstoßes

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    Syrische Flüchtlinge an der libanesischen Grenze: Einige kommen in die landesweiten Flüchtlingsaufnahmestelle in Karlsruhe.
    Syrische Flüchtlinge an der libanesischen Grenze: Einige kommen in die landesweiten Flüchtlingsaufnahmestelle in Karlsruhe. Foto: Lucie Parseghian

    Zwischen 2007 und 2011 hat sich die Zahl der Flüchtlinge in Baden-Württemberg mehr als verdreifacht. Während 2007 nur 1.600 Menschen in der Landesaufnahmestelle in Karlsruhe untergebracht werden mussten, waren es 2011 bereits 5.260, wie das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe mitteilt.

    Anwohner fühlen sich von Lärm belästigt

    Im ersten Halbjahr 2012 registrierte die Einrichtung 2.550 Flüchtlinge - im Juli und August allein 1.380, Tendenz steigend. "Wir können nicht abschätzen, wann wieviele Menschen nach Deutschland flüchten", erklärt ein Sprecher des RP gegenüber ka-news. Jeder Asylsuchende in Baden-Württemberg komme zunächst nach Karlsruhe, von hier werden die Flüchtlinge dann nach einem festen Prozentsatz an die Stadt- und Landkreise weiter vermittelt.

    Wenn die Landesaufnahmestelle dann aus allen Nähten platzt, wie dies seit Frühjahr der Fall ist, muss das RP Häuser anmieten. Derzeit dienen vier solcher Liegenschaften im Stadtgebiet als Übergangswohnungen, bald sollen es sogar fünf sein. Neben Wohnraum in Knielingen und Grünwinkel sind etwa 80 Asylsuchende aus Serbien, Mazedonien oder aus dem Kosovo in der Seubertstraße untergebracht. Dort, in der Karlsruher Oststadt, fühlen sich einige Anwohner von dem plötzlichen Zuwachs überrumpelt. "Wir sind im Vorfeld überhaupt nicht darüber informiert worden", sagt ein Anwohner im Gespräch mit ka-news.

    Weder er noch seine Nachbarn hätten etwas gegen die Flüchtlinge oder Ausländer im Allgemeinen, dennoch sei die Situation seit knapp zwei Wochen untragbar. "Scheinbar haben die Häuser weder einen Aufenthaltsraum, noch eine Küche oder Waschmaschine", schildert er seine Beobachtungen. Deshalb hielten sich die Bewohner hauptsächlich auf dem Gehweg auf und müssten ihre Wäsche von Hand im Hof waschen. Weil 80 Leute auf engem Raum untergebracht seien, herrsche tagsüber und abends ein enormer Lärmpegel, der auch stark in den Alltag der Nachbarn eingreife. "Wenn ich meinen Sohn abends ins Bett bringe, dauert es oft zwei Stunden, bis er eingeschlafen ist", erzählt der Anwohner. Eigentlich brauche das Kind maximal eine Viertelstunde, die lauten Geräusche ließen es jedoch immer wieder aufschrecken. Zuvor hätten etwa 15 Studenten in dem Nachbarhaus gewohnt, nun seien dort 80 Menschen untergebracht - "eine klare Überbelegung".

    "Wir haben nichts gegen Ausländer"

    "Ich habe selbst Migrationshintergrund und möchte wirklich nicht den Eindruck entstehen lassen, ich hätte etwas gegen Ausländer", beteuert er. Die Situation sei aber weder für die Flüchtlinge noch für die Nachbarn zumutbar. Deshalb solidarisieren sich nun einige Familien in der Seubertstraße, haben bereits den Kontakt zu Präsidium, Stadtverwaltung und Polizei gesucht. "Wenn zum Beispiel nachts noch 30 Männer vor dem Haus sitzen, läuft man als Frau nicht unbedingt gerne im Dunkeln dran vorbei und lässt sich dabei beobachten, egal ob das Flüchtlinge oder Deutsche sind", wirbt er um Verständnis. Für die Familien in der Seubertstraße gehe die Neuerung deshalb auch mit einem Sicherheitsverlust einher.

    Beim Regierungspräsidium Karlsruhe hat man dafür kein Verständnis: "Die Menschen in unseren Unterbringungen dürfen sich selbstverständlich frei bewegen", betont ein Sprecher des Regierungspräsidiums auf ka-news-Anfrage. Man informiere die Anwohner in solchen Fällen auch generell nicht und sehe dazu auch keine Notwendigkeit. "Schließlich gibt es keinen Grund, 'Alarm' zu schlagen", moniert der Sprecher. Dem RP seien keine erheblichen Lärmbelästigungen in der Seubertstraße bekannt, die Wohnsituation halte man für sozial adäquat.

    Zusätzlicher Wohnraum vorübergehend - Prognose schwierig

    Bevor die Häuser dort vom RP angemietet wurden, hatten hauptsächlich Studenten dort gewohnt. "Dass es nun mit den dort untergebrachten Familien lauter werden kann, schließen wir nicht aus. Aber es ist in einem vertretbaren Rahmen", meint der Sprecher. Wie lange man zusätzlichen Wohnraum für Flüchtlinge anmieten müsse, kann auch das Regierungspräsidium nicht abschätzen - es hängt schlicht davon ab, wieviele Asylsuchende in nächster Zeit ins Land kommen. Sobald also zum Beispiel Familien aus der Seubertstraße in andere baden-württenbergische Städte weitervermittelt worden sind, nehmen ihren Platz neue Flüchtlinge ein.

    Derzeit sind gerade die Stadt- und Landkreise aber in Verzug, die Einrichtungen sind ebenfalls überfüllt. "Auch dort muss man sich zunächst auf gestiegene Flüchtlingszahlen einstellen", erklärt der Sprecher. Das RP sei sich jedoch sicher, dass alle Stellen ihre Pflichten solidarisch und so schnell wie möglich erfüllen würden."Ich halte es schon aus Gründen der Solidarität unter den Kreisen für geboten, dass jeder in gleichem Maße seiner gesetzlichen Verpflichtung nachkommt", wird auch Integrationsministerin Bilkey Öney (SPD) in einer Pressemitteilung vom August zitiert. Baden-Württemberg nimmt im Rahmen einer festgelegten Quote derzeit 12,8 Prozent der in Deutschland ankommenden Asylbewerber auf.

    Siehe auch:

    Viele Asylbewerber: Flüchtlingsaufnahmestelle in Karlsruhe überfüllt

    Integrationsministerin in Karlsruhe: "Migration ist keine Einbahnstraße"

    Migrationsberatung in Karlsruhe: "Gehe ich zurück in meine Heimat, sterbe ich"

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