Irgendwann wird es ihm zu bunt. Der braungebrannte Mann mit dem Karohemd und der Nickelbrille läuft nach vorne zum Mikro. Aber anstelle einer weiteren Bürgerfrage an das Podium hört der Saal nun einen Appell: "In diesem Saal ist eine Menge Groll. Aber viele von euch wissen doch, was es bedeutet auf der Flucht zu sein." Klar sei viel falsch gemacht worden. Dennoch ergreift er Partei für die Flüchtlinge - und lenkt damit die lebhafte Diskussion wieder zurück auf ihren Ausgangspunkt.
Mühlburger haben Angst vor Kriminalität
Im Kern geht es um die Frage, wie mit rund 70 Flüchtlingen aus Afghanistan, Irak, Iran und Tschetschenien umgegangen werden soll. Diese werden aller Voraussicht nach ab dem 1. August im Christian-Griesbach-Haus wohnen. Allerdings nur für sechs bis acht Wochen, wie der Referatsleiter der Landeserstaufnahmeeinrichtung (eine Zweigstelle des Regierungspräsidiums), Konrad Schaub, erläutert: "Nach den sechs bis acht Wochen gehen alle Flüchtlinge aus Karlsruhe weg - jeder Stadt- und Landkreis hat eine gewisse Aufnahmequote in Prozent."
Da ist die Frau, die sich fragt, ob sie eigentlich noch ungestört werde schlafen können, wenn die Asylbewerber direkt im gegenüberstehenden Haus untergebracht würden. Andere kommen gar mit einem Stapel Medienberichten, um darauf hinzuweisen, dass die Zahl der kriminellen Delikte zugenommen habe - aufgrund von Flüchtlingen. Aber auch andere Beiträge kommen. Eine Frau fragt, warum die Bürger so spät informiert worden seien - erst etwa drei Wochen bevor die ersten Flüchtlinge einziehen. Schaub entschuldigt sich, und diese Entschuldigung wird wohl auch von einem Großteil der Zuhörer so angenommen.
Wer trägt die Kosten für die Unterbringung?
"Die Kollegen vom Regierungspräsidium sind natürlich unter Druck", erläutert Sozialbürgermeister Martin Lenz gegenüber ka-news. "Wir wiederum wollen natürlich auch nicht, dass die Asylbewerber am Rande der Stadt in heruntergekommenen Hütten wohnen. Wir managen das ordentlich." Lenz lobt den Ablauf der Veranstaltung als "absolut vorbildlich" .
Dennoch: "Es gibt eine gewisse Angst", glaubt Massimo Ferrini, Vorsitzender des Bürgervereins Mühlburg. Es gehe im Kern nicht um Rassismus, sondern nur darum, was passiere. "Wäre früher informiert worden, dann wäre das nicht geschehen." Die Leute seien vielleicht verunsichert, weil sie Angst hätten, angegriffen zu werden. Das sei schlichtes Unwissen der Bürger.
Im Laufe des Abends beruhigt sich die Debatte etwas. Die Zwischenrufe werden seltener, der Ton etwas freundlicher. Mitunter trägt auch der Vorschlag Ferrinis dazu bei, sich Mitte Dezember zu einer Evaluation zusammenzusetzen. Thomas Laschuk, der Vorsitzende des Ortsverbands Karlsruhe-West meinte am Schluss: "Im Fernsehen, wenn Bilder aus den Regionen gezeigt werden, aus denen die Flüchtlinge kommen, sagen alle immer: 'Ach Gott, die Armen!' und wollen helfen. Hier können sie nun wirklich helfen."
Die Kosten der Unterbringung trägt das Land Baden-Württemberg. Eine Jugendbetreuungsstelle wird eingerichtet, ein Mitarbeiter soll 24 Stunden am Tag für die Asylbewerber als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Dies werde, so Schaub gegenüber ka-news "wohl ein Security-Mann" sein, der nach Möglichkeit des Arabischen mächtig ist.
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