Eine Landesaufnahmestelle in Karlsruhe, die aus allen Nähten platzt, überfüllte Wohnheime im Stadtgebiet, Anwohnerbeschwerden und schlechte Unterbringungsbedingungen prägten in den vergangenen Monaten die Diskussion um die Situation von Flüchtlingen, die aus der ganzen Welt nach Deutschland und auch in die Fächerstadt kamen und kommen.
Regierungspräsidium: Entspannung in Flüchtlingswohnheimen
2013 will man deshalb besser vorbereitet sein. "Das soll und wird kein Dauerzustand sein", erklärt Manfred Garhöfer, Leiter der zuständigen Abteilung im Regierungspräsidium Karlsruhe, im Gespräch mit ka-news. Vor ein paar Monaten hätten einige Stadt- und Landkreise ihre Aufnahmequote für Flüchtlinge nicht erfüllt, weshalb zu viele Asylbewerber in Karlsruhe "gestrandet" seien. Die Konsequenz: Überfüllte Unterkünfte, schlechte Wohnbedingungen und genervte Anwohner - dabei sollten die eigens vom RP angemieteten Wohnheime für Entlastung sorgen.
"Nun stellen wir aber eine Entspannung in den Außenstellen fest", so Garhöfer weiter. "Statt 600 Flüchtlingen, leben in den acht Wohnheimen nur noch 400. Die Situation hat sich erheblich entspannt, auch im Umfeld."
Regierungspräsidium will weniger Außenstellen in Karlsruhe
Und auch durch den Wegfall der Bußgeldstelle in der Durlacher Allee werde in der LASt künftig rund 20 Prozent mehr Wohnraum für die Flüchtlinge aus aller Welt bereitgestellt. Aktuell wohnen dort nach Auskunft des RP rund 700 Menschen, die auf ihre weitere Verteilung innerhalb Baden-Württembergs warten. Zur Spitzenzeit im Oktober drängten sich in der Durlacher Allee bis zu 1.200 Menschen.
Trotz der angespannten Situation im Herbst habe sich die LASt aber nicht überraschen lassen, so Garhöfer im Interview mit ka-news weiter: "Es herrschte nie 'Land unter'. Wir haben alle unsere Aufgaben erfüllt und wir konnten alle Menschen unterbringen." Und auch für das Jahr 2013 sieht sich das RP gut aufgestellt. Aktuell sind im Karlsruher Stadtgebiet acht Wohnheime angemietet, in denen Flüchtlinge wohnen können. Je nach Situation könne das RP weitere Wohnheime zumieten, aber auch aufgeben: "Wir sind da durchaus flexibel und können uns zeitnah auf neue Entwicklungen einstellen. Das Ziel für 2013 ist es, Außenstellen abzubauen." Ob das jedoch umsetzbar sein wird, vermag Garhöfer nicht zu sagen.
Neue Flüchtlingsprognose soll bald kommen
Die Karlsruher Linke im Gemeinderat steht dem kritisch gegenüber: "Die von Integrationsministerin Öney versprochene humane Flüchtlingspolitik erfordert unserer Auffassung nach eine dauerhafte Erhöhung der Kapazität der Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge, an gleichem Ort oder an anderen Stellen in der Stadt", so Stadträtin Sabine Zürn in einer Pressemeldung. Die zu erwartenden Flüchtlingsströme passten mit den Absichten des RP nicht zusammen. Zudem müsse in Baden-Württemberg endlich ein humanes Beratungs- und Betreuungsumfeld aufgebaut werden, besonders für Familien, Frauen und Kinder, fordern die Linken. In einer Anfrage an die Stadtverwaltung haben die Linken das Thema in den Gemeinderat gebracht (Link auf Pdf).
Bereits Anfang Oktober hatten sich die Grünen und die CDU für eine bessere Unterkunft der Flüchtlinge ausgesprochen.Für das Jahr 2013 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Herbst 9.000 Flüchtlinge monatlich prognositiziert - auf die zentrale LASt in Karlsruhe sollen demnach 12,8 Prozent entfallen. "Derzeit liegen wir aber unter dieser Prognose von 9.000 Flüchtlingen. In den nächsten Tagen erwarten wir eine neue aus Berlin", bestätigt Garhöfer. Allerdings sei es immer schwierig für die Zukunft eine realistische und genaue Zahl zu nennen. Auch deswegen sei das RP weiterhin auf alles vorbereitet, sollten sich unerwartet gänzlich neue oder größere Flüchtlingsströme in Richtung Bundesrepublik bewegen.
41 Prozent mehr Asylanträge in 2012
2012 kamen nach Angaben der Landesministerin für Integration 7.913 Flüchtlinge zunächst nach Karlsruhe, ehe sie dann auf Wohnheime im ganzen Bundesland verteilt wurden. Bundesweit hatten die Aufnahmestellen mit Platzproblemen zu kämpfen, um 41 Prozent stieg die Anzahl der Asylanträge im vergangenen Jahr. In einer Pressemeldung rechnet Pro Asyl, eine bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge, mit vielen neuen Flüchtlingen im neuen Jahr. "In vielen Herkunftsstaaten ist eine kurzfristige Verbesserung der Menschenrechtslage nicht zu erwarten", heißt es weiter. Wegen vieler Konflikte müsse Deutschland davon ausgehen, dass auch in den kommenden Monaten und Jahren Menschen keine andere Chance für ihr Überleben sehen als die Flucht. "Deutschland und die anderen EU-Staaten werden sich auf mehr Flüchtlinge einstellen müssen", so Pro Asyl. Ob und wie die Landesaufnahmestelle dann darauf vorbereitet sein wird, wird sich im Laufe des Jahres 2013 zeigen.
Der Platzmangel in den Außenstellen der Landesaufnahmestelle für Asylbewerber im Stadtgebiet Karlsruhe war am Dienstagnachmittag auch Thema im Karlsruher Gemeinderat. In einer Anfrage von den Grünen wird die Stadtverwaltung aufgefordert, kurzfristig ein Konzept zu erarbeiten, das asylsuchenden Kindern in den Außenstellen adäquate Spiel-, Betreuungs- und Lernmöglichkeit zur Verfügung stellt. Das Konzept soll nach dem Wunsch der Grünen Fraktion den zuständigen Gremien, Jugendhilfeausschuss und Migrationsbeirat, vorgestellt und schnellstmöglichst umgesetzt werden.
Lenz: "Mehr und schneller und unbürokratischer war nicht möglich"
Die Stadträte waren sich am hier Dienstagabend grundsätzlich einig: Es handele sich um unzumutbare Zustände, die es schnellstmöglich aufzulösen gelte. Wenn es allerdings um die Zuständigkeit der Problemlösung geht, ist sich der Gemeinderat uneinig. Anders als die Grünen sieht die CDU die Verantwortung vor mehr beim Regierungspräsidium als bei der Stadt Karlsruhe. Diese Meinung teilt auch OB Fenrich. "Die derzeitige Entwicklung betrifft ganz Deutschland, nicht nur den Landkreis Karlsruhe. Damit liegt die Verantwortung auch beim Bund", so Fenrich. Alles was die Stadt tun könne, sei dem Regierungspräsidium Hilfe anzubieten, schließlich sei dieses der Kostenträger.
Auf die schnelle und unbürokratische Hilfe von Seiten der Stadt in den vergangenen Monaten, verweist Sozialbürgermeister Martin Lenz. "Mehr und schneller und unbürokratischer war nicht möglich". Das Thema soll nun im Jugendhilfeausschuss weiter diskutiert werden.
Siehe auch:
Karlsruhe hat 7.913 Flüchtlinge aufgenommen
Asylbewerber in Karlsruhe: Der Flüchtling, Dein Nachbar
Asylbewerber in Karlsruhe: Fraktionen fordern bessere Unterbringung
Asylbewerber in Karlsruhe: OB Fenrich beklagt mangelnde Abstimmung mit der Stadt
Karlsruher klagen über Lärm: Flüchtlinge werden zum Stein des Anstoßes
Karlsruher CDU: "Unterbringung der Asylbewerber ist menschenunwürdig"
Viele Asylbewerber: Flüchtlingsaufnahmestelle in Karlsruhe überfüllt
Integrationsministerium zu Asylbewerbern