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Karlsruhe Fanprojekt wehrt sich vor Gericht gegen Urteil nach KSC-Pyro-Prozess

Karlsruhe

„Ich fühle mich nicht schuldig“: Am Donnerstag geht der Karlsruher Pyro-Prozess gegen das Fanprojekt weiter

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    Volker Körenzig ist Leiter des Karlsruher Fanprojekts und einer der drei Angeklagten.
    Volker Körenzig ist Leiter des Karlsruher Fanprojekts und einer der drei Angeklagten. Foto: Thomas Riedel

    Worum geht es eigentlich genau?

    Es ist der 12. November 2022 - Heimspiel des Karlsruher SC gegen den FC St. Pauli. Kurz vor Anpfiff zünden Mitglieder der KSC-Ultra-Gruppierung „Rhein-Fire“ bengalische Fackeln, Rauchtöpfe, Böller und Silvesterraketen. Elf Menschen werden bei der Pyro-Show verletzt.

    Choreo vor dem Spiel KSC gegen St. Pauli. Sie wurde von Mitgliedern der Gruppierung Rhein-Fire gestaltet, organisiert und durchgeführt.
    Choreo vor dem Spiel KSC gegen St. Pauli. Sie wurde von Mitgliedern der Gruppierung Rhein-Fire gestaltet, organisiert und durchgeführt. Foto: Mia

    Was ist seit dem Pyro-Zwischenfall passiert?

    Polizei und Staatsanwaltschaft nehmen daraufhin die Ermittlungen gegen die verantwortlichen Ultras auf - unter anderem wegen fahrlässiger Körperverletzung. Sie durchsuchen Wohnungen von KSC-Fans und laden im Rahmen des darauffolgenden Prozesses vor dem Amtsgericht Karlsruhe auch drei Sozialarbeiter des Fanprojekts Karlsruhe für eine Zeugenaussage vor.

    Warum wurden die Mitarbeiter des Fanprojekts angeklagt?

    Die Mitarbeiter des Projektes haben in jahrelanger Arbeit enge Verbindungen zur Fan- und Ultraszene aufgebaut. Im Rahmen der Aufarbeitung des Pyro-Exzesses sollte ein Gespräch zwischen den verletzten KSC-Fans und den Ultras stattfinden. Der KSC plante dabei, auf die Kontakte der Sozialarbeiter des Fanprojekts in die Ultra-Szene zurückzugreifen.

    Der Rauch der Pyrotechnik im BBBank Wildpark im Spiel gegen St. Pauli im November 2022.
    Der Rauch der Pyrotechnik im BBBank Wildpark im Spiel gegen St. Pauli im November 2022. Foto: Mia

    Von ihnen erhofft sich das Gericht daher nun Hinweise zu den Verantwortlichen. Doch die Fanprojekt-Mitarbeiter verweigern die Zeugenaussage. Der Grund: Angetrieben von ihrem Berufsethos wollen sie das Vertrauensverhältnis zu den Fans nicht gefährden. Eigentlich löblich, doch mit ihrem Schweigen geraten sie mit der Justiz aneinander. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe klagt daraufhin das Trio an. Der Vorwurf: versuchte Strafvereitelung.

    Wie ging die Verhandlung vor dem Amtsgericht aus?

    Die drei Angeklagten werden jeweils zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Aufgrund der Gehaltsstrukturen innerhalb des Fanprojekts legt das Gericht für die Fanprojekt-Mitarbeiter jeweils unterschiedliche Tagessatzhöhen fest, die von 70 über 60 bis hin zu 45 Euro reichen. Damit ergeben sich Geldstrafen von 6.300 Euro, 5.400 Euro und 4.050 Euro.

    Die drei Angeklagten wurden zu Geldstrafen verurteilt.
    Die drei Angeklagten wurden zu Geldstrafen verurteilt. Foto: Marius Fritz

    Der Fall erfuhr bundesweit Beachtung - warum?

    Sozialarbeiter schützen gemäß ihrer Jobbeschreibung ihre Klienten - und werden dafür bestraft. Diese Entscheidung der Ermittlungsbehörden löst eine bundesweite Welle der Empörung sowohl in der Fußballszene und in anderen Fanprojekten als auch in der sozialen Arbeit aus.

    Plakat für ein Zeugnisverweigerungsrecht.
    Plakat für ein Zeugnisverweigerungsrecht. Foto: Thomas Riedel

    Denn: Anders als für etwa Ärzte oder Pfarrer steht Sozialarbeitern kein sogenanntes Zeugnisverweigerungsrecht zu. In Solidaritätsbekundungen von anderen Fußballvereinen sowie Fanprojekten wird seit Beginn des Verfahrens genau das gefordert.

    Warum gibt es jetzt eine erneute Verhandlung?

    Das Trio des Fanprojekts hat Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts eingelegt. Sie fordern eine Freisprechung.

    Wie geht es nun weiter?

    Am Donnerstag, 16. Oktober, findet die öffentliche Berufungsverhandlung vor der nächsthöheren Instanz, dem Landgericht Karlsruhe, statt. ka-news wird live vor Ort sein und berichten.

    Das Landgericht Karlsruhe.
    Das Landgericht Karlsruhe. Foto: Uli Deck/dpa

    Was sagt das Fanprojekt Karlsruhe dazu?

    „Ich bin natürlich angespannt. Das ist keine schöne Situation“, sagt Volker Körenzig auf Nachfrage von ka-news. Er ist Einrichtungsleiter des Karlsruher Fanprojektes und einer der Angeklagten im Prozess. Allein die zurückliegende Verhandlung belaste ihn persönlich bis heute sehr.

    Was erwartet er sich vom anstehenden Prozess? „Freispruch, ganz klar“, sagt er und ergänzt: „Ich fühle mich nicht schuldig.“ Davon erhofft er sich zudem eine Verbesserung des Vertrauensverhältnisses mit der Ultra-Szene. Das hatte durch den Prozess sehr gelitten, wie er in einem Interview mit ka-news im August 2024 erklärte. Zwar habe man sich im Rahmen von Treffen wieder ein Stück weit angenähert, „aber bis das Verhältnis wieder zur Normalität zurückkehren kann, dauert es noch“.

    Volker Körenzig fordert seit Langem ein Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeiter.
    Volker Körenzig fordert seit Langem ein Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeiter. Foto: Thomas Riedel

    Dass ihn und seine damaligen Kollegen von Seiten der Fans auch von anderen Vereinen so viel Solidarität entgegengebracht wird, empfinde er als „sehr positiv“. „Einerseits für eine verstärkte Sichtbarkeit des geforderten Zeugnisverweigerungsrechts, andererseits, weil es zeigt, dass das Thema nicht nur uns betrifft, sondern auch andere Fanszenen und die soziale Arbeit generell“, so Körenzig im Gespräch mit ka-news.

    Was genau ist das Fanprojekt Karlsruhe?

    Die Aufgabe der Sozialarbeiter im Fanprojekt ist es, vertrauensvolle Beziehungen zu den schwer zugänglichen Fanszenen aufzubauen. Ihr Ziel: Radikalisierungen von jungen Fans verhindern und frühzeitig Infos zu beunruhigenden Entwicklungen in der Szene erhalten. Das Fanprojekt gibt es bereits seit 1986.

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