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Karlsruhe: Urteil im Fanprojekt-Prozess: Sozialarbeiter müssen Strafe zahlen

Karlsruhe

Urteil im Fanprojekt-Prozess: Sozialarbeiter müssen Strafe zahlen

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    Pyro-Prozess: Sozialarbeiter vor Gericht
    Pyro-Prozess: Sozialarbeiter vor Gericht Foto: Marius Fritz

    Die Verteidigung der drei Sozialarbeiter hatte bereits angekündigt, weitere Anträge zu stellen. Damit will die Verteidigung die Unschuld der Mitarbeiter des Karlsruher Fanprojektes beweisen. Ob es erneut zu einem verbalem Schlagabtausch zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft kommt, bleibt abzuwarten.

    Am 28. Oktober, wird der zweite Prozesstag gegen die drei Sozialarbeiter des Fanprojektes eröffnet.
    Am 28. Oktober, wird der zweite Prozesstag gegen die drei Sozialarbeiter des Fanprojektes eröffnet. Foto: Marius Fritz

    15.15 Uhr: Kritik am Karlsruher Urteil

    Das Urteil des Karlsruher Amtsgerichts erntet viel Kritik. So äußert sich ein Sprecher des Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht in der sozialen Arbeit (BfZ) in einer Pressemitteilung wir folgt zum Karlsruher Urteil: "Hier ist ein Urteil gefällt worden, welches die grundsätzlichen Errungenschaften der Sozialen Arbeit bundesweit massiv gefährden und zurückwerfen kann". Nun sei, nach Auffassung des BfZ, die Politik gefordert ein solches Zeugnisverweigerungsrecht schnellstmöglich auf den Weg zu bringen.

    Plakat für ein Zeugnisverweigerungsrecht
    Plakat für ein Zeugnisverweigerungsrecht Foto: Thomas Riedel

    Ähnlich besorg äußert sich auch die Gewerkschaft ver.di. Das Karlsruher Urteil zeige erneut deutlich, dass es ein Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeiter brauche. "Gut, dass die Angeklagten Rechtsmittel angekündigt haben", kommentiert eine Sprecherin der Gewerkschaft das Urteil.

    29. Oktober, 7.30 Uhr: Die Tagessatzhöhe der Angeklagten

    Aufgrund der Gehaltsstrukturen innerhalb des Fanprojekts legte das Gericht für die drei Angeklagten jeweils unterschiedliche Tagessatzhöhen fest, die von 70 über 60 bis hin zu 45 Euro reichen. Ausschlaggebend für die Entscheidung, die Tagessatzhöhe eines der Angeklagten auf 45 Euro zu senken, waren dessen familiäre Umstände.

    19.30 Uhr: 90 Tagessätze – ein mildes Urteil?

    Die drei angeklagten Sozialarbeiter wurden jeweils zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt – deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die in ihrem Plädoyer eine Erhöhung der ursprünglich angesetzten Strafe auf 160 Tagessätze gefordert hatte.

    Das Karlsruher Amtsgericht hat die drei Sozialarbeiter zu 90 Tagessätzen verurteilt.
    Das Karlsruher Amtsgericht hat die drei Sozialarbeiter zu 90 Tagessätzen verurteilt. Foto: Marius Fritz

    Das Urteil könnte für die Verteidigung ein Teilerfolg sein, da die Angeklagten durch das mildere Strafmaß nicht als vorbestraft gelten würden. Die Reaktionen auf der Anklagebank blieben dennoch verhalten, da die Verteidigung weiterhin konsequent einen Freispruch der Sozialarbeiter forderte. Auf die Belehrung der Richterin, dass binnen einer Woche Rechtsmittel eingelegt werden können, reagierten die Anwälte mit einem zustimmenden Nicken – es ist daher wahrscheinlich, dass sie das Urteil anfechten werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

    28. Oktober, 13 Uhr: Sind die Sozialarbeiter bei der Stadt angestellt?

    Warum ist das wichtig?  Städtische Angestellte dürfen nur eine Aussage vor Gericht tätigen, wenn ihnen dies explizit von ihrem Arbeitgeber erlaubt wurde. Eine solche Aussagegenehmigung wurde hier aber weder von der Polizei, noch von der Staatsanwaltschaft eingeholt. Die Angeklagten dürfen sich ohne die Erlaubnis ihres Arbeitsgebers gar nicht äußern.

    Zwei Zeugenaussagen am 10. Dezember soggten für Diskussionen im Gerichtssaal.
    Zwei Zeugenaussagen am 10. Dezember soggten für Diskussionen im Gerichtssaal. Foto: Marius Fritz

    Der Geschäftsführer des Stadtjugendausschusses (stja) wurde als Zeuge befragt. Er erklärte, dass der stja zwar ein eingetragener Verein ist, aber eng in die Jugendarbeit der Stadt eingebunden sei. Dies zeige sich daran, dass die Sozialarbeiter ihr Gehalt von der Stadt bekommen und auch im Vorstand des Vereins wichtige städtische Mitarbeiter sitzen.

    Auch die Stadt selbst sieht die Mitarbeiter des stja, einschließlich der Fanprojekt-Mitarbeiter, als Teil der städtischen Angestellten. Oberbürgermeister Frank Mentrup sagte in einem Gespräch am 7. Oktober, dass er sich als "Vorgesetzten" der drei Angeklagten betrachte.

    Oberbürgermeister Frank Mentrup sprach am 7. Oktober von sich selbst als "Arbeitgeber" der drei Angeklagten Sozialarbeiter.
    Oberbürgermeister Frank Mentrup sprach am 7. Oktober von sich selbst als "Arbeitgeber" der drei Angeklagten Sozialarbeiter. Foto: Thomas Riedel

    Hintergrund: Was wird den Sozialarbeitern vorgeworfen?

    Im Rahmen der Aufarbeitung des Pyro-Exzesses im BBBank Wildpark sollte ein Gespräch zwischen den durch Pyrotechnik verletzten KSC-Fans und den Ultras stattfinden. Der KSC plante dabei, auf die Kontakte der Sozialarbeiter des Fanprojekts in die Ultra-Szene zurückzugreifen.

    Gesetzesbücher (Symbolbild).
    Gesetzesbücher (Symbolbild). Foto: Marius Fritz

    Die Staatsanwaltschaft nutzte dies als Anlass, die Sozialarbeiter des Fanprojektes vorzuladen und als Zeugen zu vernehmen. Sie vermutete, dass die Organisatoren der Choreografie dem Fanprojekt bekannt seien und versuchte, über die Sozialarbeiter die Namen der Verantwortlichen zu erfahren. Allerdings verweigerten die drei Mitarbeiter die Aussage und stehen nun selbst vor Gericht. Der Vorwurf: Versuchte Strafvereitelung. 

    Diese Choreografie 2022 löste die Karlsruher "Pyro-Prozesse" aus.
    Diese Choreografie 2022 löste die Karlsruher "Pyro-Prozesse" aus. Foto: Uli Deck/dpa

    Eine Verurteilung hätte für das Fanprojekt schwerwiegende Folgen: Die Mitarbeiter wären vorbestraft und könnten nicht weiter in der sozialen Arbeit tätig sein. Viele Beteiligte bezeichnen die Auswirkungen des Prozesses auf das Fanprojekt  als "existenzbedrohend". Das Verfahren gegen die Sozialarbeiter wird bundesweit beobachtet. So solidarisierten sich bereits mehrere Fangruppierungen mit den Angeklagten. 

    Was bisher passiert ist - die bisherigen Urteile und Entwicklungen des Pyro-Prozesses in diesem Artikel.

    Der Karlsruher "Pyro-Prozess"

    Am 12. November 2022 trafen der Karlsruher Sportclub (KSC) und der FC St. Pauli aufeinander. Vor Anpfiff der Partie kam es zu einer nicht angemeldeten Pyro-Aktion der Ultra-Gruppierung "Rheinfire". Sie  feierten mit der Aktion ihr 20-jähriges Jubiläum, zündeten pyrotechnische Gegenstände und Feuerwerksbatterien.

    Die Partie musste mit 15 Minuten Verzögerung angepfiffen werden - der Rauch behinderte die Sicht im gesamten Stadion. Nach dem Spiel meldeten sich Stadionbesucher: Der Rauch verletzte elf Fans, einen davon schwer und nachhaltig. Der KSC suchte erst das Gespräch zwischen Verletzten und Ultras, stellte dann aber doch wenige Tage darauf Strafanzeige gegen Unbekannt. Die Polizei nahm Ermittlungen auf und suchte nach Handyaufnahmen und Fotos der Aktion.

    Die Pyro-Aktion der Ultras fand zusätzlich zu einer beim KSC angemeldeten Choreographie statt. Letztere wurde im Vorfeld der Pyro gezeigt: Spruchbanner und ein großformatiges Logo zierte die Südtribüne. 

    Das Thema beschäftigt seitdem die Karlsruher Justiz: Im Mai 2024 starteten die Verhandlungen am Amtsgericht Karlsruhe. In insgesamt 28 Verfahren stehen 25 Ultra-Fans und drei Sozialarbeiter des Fanprojekts vor Gericht. Für zehn "Rheinfire"-Mitglieder wurde bereits ein Urteil gesprochen (Stand: 22. Oktober).

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