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"Bockiger Sohn": Beim KSC-Pyro-Prozess gibt es hitzige Wortgefechte

Karlsruhe

Scharfe Wortgefechte beim Pyro-Prozess: "Sie erinnern mich an meinen bockigen Sohn"

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    Auftakt zum Prozess gegen drei Mitarbeiter des Karlsruher Fanprojektes.
    Auftakt zum Prozess gegen drei Mitarbeiter des Karlsruher Fanprojektes. Foto: Marius Fritz

    Schon vor Prozessbeginn war klar, dass das Verfahren gegen die drei Mitarbeiter des Karlsruher Fanprojektes besondere Aufmerksamkeit erregen würde. Darauf deuteten ein vorangegangenes Expertengespräch des Stadtjugendausschusses (stja) und die bundesweite Berichterstattung hin. Dementsprechend gut besucht war der Gerichtssaal am 15. Oktober.

    Ruhig blieb es im Gerichtssaal nicht lange.
    Ruhig blieb es im Gerichtssaal nicht lange. Foto: Marius Fritz

    Verteidigung wirft Staatsanwaltschaft konstruierten Vorwurf vor

    Die Verteidigung beschuldigte die Staatsanwaltschaft, die Vorwürfe gegen die drei Angeklagten des Fanprojektes sei konstruiert und die Anklageschrift zu vage formuliert. Sie beantragte die Einstellung des Verfahrens. 

    Zudem argumentierte die Verteidigung, dass die Richterin befangen sein könnte. Der Grund: Sie habe bereits ein Verfahren gegen zwei KSC-Fans geführt.

    Die Richterin setzt einen neuen Termin an.
    Die Richterin setzt einen neuen Termin an. Foto: Marius Fritz

    Als der Staatsanwalt zu dem Antrag Stellung beziehen wollte, verschärfte sich der Ton noch weiter. So beantragte die Verteidigung sogar, dem Staatsanwalt das Wort zu entziehen. Die Richterin unterbrach die Verhandlung für zehn Minuten, lehnte den Antrag jedoch ab.

    Die Angeklagten schweigen vor Gericht

    Zu den Vorwürfen, die gegen sie erhoben wurden, wollen sich die drei Angeklagten Sozialarbeiter nicht äußern. 

    Die Sozialarbeiter des Karlsruher Fanprojekts stehen vor Gericht.
    Die Sozialarbeiter des Karlsruher Fanprojekts stehen vor Gericht. Foto: Marius Nann

    Zeugenvernehmung inklusive Wortgefechte

    Bei der anschließenden Vernehmung eines Polizeizeugen blieb die Verteidigung hart. Sie kritisierte, dass der Zeuge keine direkten Gespräche mit den Angeklagten geführt habe. Kurz darauf spitzen sich die Wortgefechte zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung weiter zu.

    Spruchband der KSC Ultras für ein Zeugnisverweigerungsrecht.
    Spruchband der KSC Ultras für ein Zeugnisverweigerungsrecht. Foto: Thomas Riedel

    Die Verteidigung fiel dem Zeugen ins Wort, woraufhin der Staatsanwalt reagierte: "Hören Sie auf, ständig dazwischen zu blöken". Der Verteidiger konterte, der Staatsanwalt erinnere ihn an seinen "bockigen Sohn".

    Zweiter Zeuge: "Schweigen hat Ermittlungen verzögert"

    Während der Befragung des zweiten Zeugen stellte die Verteidigung zudem infrage, ob die Aussageverweigerung der Angeklagten die Ermittlungen tatsächlich behindert habe. Der Vorwurf, die Drei hätten durch ihr Schweigen Pyrotechnikvorbereitungen gedeckt, sei rein hypothetisch.

    Der zweite Zeuge, ein Staatsanwalt vom Amtsgericht, wies dies zurück. Er erklärte, dass sich die Ermittlungen durch das Schweigen um ein bis zwei Monate verzögert hätten.

    Plakat für ein Zeugnisverweigerungsrecht
    Plakat für ein Zeugnisverweigerungsrecht Foto: Thomas Riedel

    Dritter Zeuge: Ein Richter mit Gedächtnislücken

    Am Ende des Verhandlungstages wurde noch ein dritter Zeuge befragt. Ein pensionierter Richter, der 2023 die richterliche Vernehmung der Angeklagten leitete. Er erinnere sich kaum an den Vorgang. "Ich würde die Angeklagten nicht an der Käsetheke erkennen", gibt er zu Protokoll.

    Nach der Einschätzung des ehemaligen Richters stand den Sozialarbeitern kein Recht zu, die Aussage zu verweigern. Er sei deshalb überrascht, dass keine Beugehaft angeordnet wurde.

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    Foto: Marius Fritz

    Erster Verhandlungstag ohne Urteil: Folgetermin steht fest

    Nach sieben Stunden endete der Verhandlungstag ohne Ergebnis. Die Verteidigung kündigte für den Fortsetzungstermin am Montag, 28. Oktober, weitere Anträge an. Ob es dann zu einem Urteil kommt, bleibt offen. Los geht's um 9.30 Uhr.

    Der Karlsruher "Pyro-Prozess"

    Am 12. November 2022 trafen der Karlsruher Sportclub (KSC) und der FC St. Pauli aufeinander.  

    Vor Anpfiff der Partie kam es zu einer nicht angemeldeten Pyro-Aktion der Ultra-Gruppierung "Rheinfire". Sie  feierten mit der Aktion ihr 20-jähriges Jubiläum, zündeten pyrotechnische Gegenstände und Feuerwerksbatterien.

    Die Partie musste mit 15 Minuten Verzögerung angepfiffen werden - der Rauch behinderte die Sicht im gesamten Stadion. Nach dem Spiel meldeten sich Stadionbesucher: Der Rauch verletzte elf Fans, einen davon schwer und nachhaltig.

    Der KSC suchte erst das Gespräch zwischen Verletzten und Ultras, stellte dann aber doch wenige Tage darauf Strafanzeige gegen Unbekannt. Die Polizei nahm Ermittlungen auf und suchte nach Handyaufnahmen und Fotos der Aktion.

    Die Pyro-Aktion der Ultras fand zusätzlich zu einer beim KSC angemeldeten Choreographie statt. Letztere wurde im Vorfeld der Pyro gezeigt: Spruchbanner und ein großformatiges Logo zierte die Südtribüne. 

    Das Thema beschäftigt seitdem die Karlsruher Justiz: Im Mai 2024 starteten die Verhandlungen am Amtsgericht Karlsruhe. In insgesamt 28 Verfahren stehen 25 Ultra-Fans und drei Sozialarbeiter des Fanprojekts vor Gericht. Für acht "Rheinfire"-Mitglieder wurde bereits ein Urteil gesprochen (Stand: 7. Oktober). 

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