Ikea möchte sich im Dialogforum mit "Bürgern sowie Meinungsführern aus Gesellschaft, Politik und Wissenschaft zum Thema nachhaltige Mobilität austauschen" und gleichzeitig Impulse für das Verkehrskonzept in Karlsruhe mitnehmen. Interessierte Bürger konnten sich bis zum 3. Mai für die Veranstaltung anmelden. ka-news wird ab 17 Uhr live tickern.
ka-news-Live-Ticker
Der Live-Ticker ist beendet.
19.05 Uhr
Für die Zukunft wünscht man sich auf dem Podium gute Vernetzung für eine bessere Zusammenarbeit - und mutige Kommunen und Unternehmen, die bereit sind, neue Ideen, Module und Bausteine auszuprobieren. Zum einen muss das Angebot attraktiv genug sein, zum anderen muss es auch eine Bereitschaft geben, das Angebot anzunehmen.

Ikea möchte künftig enger mit Forschung und Wissenschaft zusammenarbeiten, um für die Zukunft der Mobilität gerüstet zu sein. Eine entsprechende Unterstützung vonseiten der Landesregierung, Partner entsprechend zu vernetzen, würde man begrüßen, so Ferber.
18.55 Uhr
"Wieso kann nicht eine einzige Fahrkarte geschaffen werden?", will ein Teilnehmer aus dem Publikum wissen. "Der Wunsch ist nicht neu", antwortet Egerer, "er ist berechtigt und auch wichtig." Man arbeite in die entsprechenden Richtungen: Elektronisch könne man die Fahrkarte online lösen, die sich bei Berechnung des Streckenpreises an der Luftlinie orientiert. Das Angebot soll weiter verbessert werden - mit einer "HomeZone", die man aus dem Mobilfunk kennt.
Da könne man sich bei den Nachbarn in den Niederlanden einiges abschauen, sagt Ferber. Dort hat der Radverkehr Vorrang: wo Autos keinen Platz haben, wird er aus der Innenstadt verbannt wie beispielsweise in Amsterdam.

Weiterhin sorgt ein Ticket mit Guthaben dafür, dass alle öffentlichen Verkehrsmittel unkompliziert genutzt werden können - ohne langes suchen nach dem passenden Tarif, mit dem Ticket checkt man sich elektronisch bei Bus und Bahn zu Fahrtbeginn und Fahrtende aus, der entsprechende Betrag wird abgebucht.
18.42 Uhr
Wie komme ich in Städten wie Karlsruhe mit dem ÖPNV am Besten von A nach B - wie kann ich die eigene Faulheit überwinden, mich nicht ins Auto zu setzen und die Bahn zu nehmen? Diese Fragen treiben einen Fragesteller aus dem Publikum um.
Hier gebe es bereits einige Konzepte, beispielsweise "Regiomove". Den Weg habe man eingeschlagen, sagt Egerer, die Frage sei wie viel Zeit man für die Umsetzung für die Verknüpfung der unterschiedlichen Angebote brauche.

Eine Frage aus dem Publikum richtet sich an Ikea und die Zuliefererkette: Die Waren werden mit Lkws angeliefert - nicht sehr nachhaltig, so die Meinung aus dem Publikum. Das sei richtig, sagt Scharnagl, in den gesetzten Zielen von Ikea zur Reduktion von Emissionen betrachte man auch die Transportkette. Auch hier müsse man ansetzen, um Emissionen zu reduzieren. "Das ist eine harte Nuss, aber wir haben den Nussknacker ausgepackt", sagt Scharnagl.
18.27 Uhr
"Da ist was im Wandel", sagt Martin Kagerbauer auf die Frage ob die Nutzung der Verkehrsmittel eine Generationenfrage ist. Aber: Die Alternativangebote müssen entsprechend attraktiv gestaltet sein: Die Bahn darf nicht zu spät kommen oder ausfallen. Und der Mensch muss bereit sein, die eigenen Gewohnheiten zu ändern. "Es geht im Kern um Verhaltensänderung", sagt Rieger.
"Man kann in der Stadt den Platz nicht vermehren", sagt Hermann. "Man muss offenlegen wie viel Platz Autos brauchen - und zwar nicht nur beim Fahren, sondern auch beim Abstellen." Wenn Anlieger nicht mit dem Auto fahren, weil sie ihren Parktplatz nicht aufgeben wollen, ist das keine neue Mobilität. Das Auto nimmt den Platz dennoch ein.
An die Stelle der alten Konzepte müssen neue Ideen treten - mithilfe neuer Technologien. Öffentlicher Verkehr muss langfristig die Möglichkeiten eines Individualverkehrs bereitstellen, um ähnlich attraktiv zu sein. Hermann wirft einen Blick in die Zukunft: Mit dem Handy den ÖPNV-Bus rufen, der einen an das individuelle Ziel bringt - warum nicht?

Aber setzt sich das auch durch? "Neue Technologie hat immer die Möglichkeit, sich rasend schnell durchzusetzen", sagt Rieger. Das iPhone habe auch keiner gebraucht, bis es vorhanden war und zahlreich genutzt wurde.
Zwei Faktoren seien entscheidend, dass neue Verkehrsangebote angenommen werden: Bequemlichkeit und Kosten. "Es gibt Fehlanreize, die Menschen immer wieder verleiten, das Falsche zu tun", so Rieger. Die Aufgabe der Bundespolitik ist, die Rahmenbedingungen entsprechen zu setzen. Beispielsweise umweltschädliche Subventionen zu reduzieren oder infrastrukturelle Maßnahmen für umweltfreundliche Alternativen zu fördern.
18.15 Uhr
Einig sind sich alle Teilnehmer darüber, dass in Karlsruhe intensiv am Thema Nachhaltigkeit gearbeitet werden muss. Konflikte im öffentlichen Raum sind vorhanden, und es sei schon beinahe ein Systemkollaps, sagt Daniel Rieger. Auf Grünflächen können Kinder nicht ohne Verkehrslärm spielen, an anderer Stelle Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger geraten im Verkehrsystem immer wieder aneinander.

Die Stadt erleben, eine Fassade mal zu begutachten, ohne direkt einen weiteren Verkehrsteilnehmer zu stören, sei so nicht möglich, sagt Rieger. Was man sich beim Naturschutzbund vorstellt, geht in Richtung autofreie Innenstadt: "Vor allem Flächen, die von parkenden Autos beansprucht werden, wollen wir den Menschen als Grün- und Aufenthaltsfläche zurückgeben."

Die Diskussion dreht sich schnell um die Frage wie und warum in Deutschland keine alternativen, nachhaltigen Konzepte Fuß fassen können. Martin Kagerbauer sieht darin die mangelnde Information: "Viele Mobilitätsnutzer sind zu wenig über Alternativen informiert, daher mein Appell: Alle Mobilitätsangebote einmal ausprobieren."

Ikea geht offensiv an das Thema: "Uns als Möbelhändler ist natürlich bewusst, dass wir Verkehr produzieren", sagt Ferber. Die vergangenen 15 Standorte wurden bereits in Hinblick auf den ÖPNV entwickelt. "Wir werden uns auf die Innenstädte konzentrieren, wo wir wissen, dass viele Menschen gar kein Auto besitzen oder nutzen wollen."
17.40 Uhr
"Es ist höchste Zeit, dass sich Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit engagieren", so Verkehrsminister Winfried Hermann und begründet damit seine Teilnahme am Ikea-Forum.
Er sieht die Unternehmen bei der nachhaltigen Mobilität in der Pflicht und findet klare Worte: "Sie dürfen sich nicht länger einen feuchten Dreck darum kümmern, wie Mitarbeiter zum Arbeitsplatz kommen." Man brauche auch im Unternehmensbereich eine neue Verantwortung: Unternehmen müssten für Mitarbeiter und Kunden umweltfreundliche Alternativen schaffen, so Hermann. Beispielsweise Mitarbeiterparkplätze in der Innenstadt nur gegen Gebühr schaffen, dafür lieber ein Jobticket für den ÖPNV bereitstellen.
"Wir brauchen ein neues Leitbild, also nachhaltige Mobilität", sagt Hermann. Nachhaltige Mobilität muss aber auch, macht Hermann klar, umsetzbar, umweltfreundlich und bezahlbar sein. Es brauche eine Wende im Verkehrsbereich - dafür müsse man sich von klassischen Mustern lösen, beispielsweise von der Autofixiertheit, sagt Hermann. Viele Städte seien in der Gestaltung der Räume noch auf das Verkehrssmittel Auto fokussiert, das müsse sich ändern.

Hermann hat für die Verkehrspolitik des Landes Baden-Württemberg vier "knackige Ziele" formuliert, wie er sagt. Diese müssen zwingend ambitioniert sein, um die Klimaschutzziele zu erreichen.
- Die Menge der Autos muss um ein Drittel reduziert werden.
- Ein Drittel aller Autos müssen klimaneutral sein.
- Mindestens doppelt so viele Menschen müssen mit dem ÖPNV unterwegs sein.
- Jeder zweite Weg muss mit dem Fahrrad oder dem Fuß unterwegs sein. Die Städte müssen entsprechend gestaltet werden.
Wie können diese Ziele erreicht werden? "Wir müssen den Platz in der Stadt neu verteilen", sagt Hermann, "den Mut [zur Umgestaltung] müssen wir haben". Weiterhin muss das Auto umweltfreundlicher werden, das habe natürlich auch mit Ladestationen für E-Autos zu tun, aber auch mit einer besseren Verknüpfung von Verkehrswegen. Ein weiterer Punkt sei elektronische Ticketing, welches verbessert werden muss.
Um die Ziele zu erreichen, müssen Netzwerke und Synergien gedacht werden - Hermann plädiert einen gesamtheitlichen Ansatz: "Wir brauchen ein breites Bündnis für eine neue Mobilität", sagt Hermann, "ich hoffe, dass die heutige Debatte dazu beiträgt."
17.20 Uhr
Die ausgezeichnete Anbindung an ÖPNV war auch ein ausschlaggebender Grund für die Entscheidung, nach Karlsruhe zu kommen. "Das hat uns bewogen, das doch nicht so einfache Grundstück zu entwickeln", sagt Johannes Ferber, Property Manager Ikea Deutschland.

Ikea will vor allem mit Lieferkonzepten in den Bereich Nachhaltigkeit punkten. Wie? Mit unterschiedlichen Organisationen und Kollegen müssen neue Konzepte erarbeitet werden, sagt Christiane Scharnagl. Es gibt kein "One fits all" für alle Filialen. In Hamburg gibt es beispielsweise die Zusammenarbeit mit einem Startup, der elektrisch unterstützte Lastenanhänger betreibt - der wird dort laut Ikea gut angenommen.
Bis zu 70 Prozent der Besucher der Ikea Filiale in Hamburg-Altona - in einer ähnlich vergleichbaren Innenstadtlage wie die Ikea-Filiale in Karlsruhe - kommen mit dem ÖPNV. Für den Transport der Waren wird bei kleineren Einkäufen die blaue Ikea-Tasche verwendet, bei größeren auf das Angebot der Lastenhänger zurückgegriffen, die sowohl mit dem Fahrrad als auch zu Fuß genutzt werden können. Da findet sich laut Ikea auch Mal ein PAX-Schrank in Einzelteilen.
Das Ziel des Forums
Das Ziel: Möglichst viele Kunden dazu bewegen, ab 2020 mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen - eine direkte Bahnanbindung bietet die Haltestelle "Weinweg". "Wir rechnen mit einem guten ÖPNV-Anteil von 15 Prozent und möchten mit einem maßgeschneiderten Lieferkonzept dafür sorgen, dass möglichst viele Besucher mit alternativen Verkehrsmitteln wie Stadtbahn oder Rad zu uns kommen", sagt im Vorfeld der Veranstaltung Christiane Scharnagl, Sustainability Manager, Ikea Deutschland.
Das Lieferkonzept will Ikea möglichst emissionsfrei umsetzen - bis zum Jahr 2025 will man Ikea-Kunden die Produkte sogar zu 100 Prozent emissionsfrei liefern. Bis 2030 soll Elektroverkehr Normalität bei Ikea sein, daran arbeitet das Unternehmen zusammen mit weiteren Unternehmen in der Initiative "EV100".
Die Diskussionteilnehmer
- Winfried Hermann, Minister für Verkehr des Landes Baden-Württemberg
- Anke Karmann-Woessner, Leiterin Stadtplanungsamt Stadt Karlsruhe
- Ascan Egerer, Technischer Geschäftsführer, Verkehrsbetriebe Karlsruhe
- Daniel Rieger, Referent Verkehrspolitik Naturschutzbund Karlsruhe
- Martin Kagerbauer, Senior Researcher im Transportwesen, Karlsruher Institut für Technologie
- Christiane Scharnagl, Sustainability Manager, Ikea Deutschland
- Johannes Ferber, Property Manager, Ikea Deutschland
Die Sachlage: Umbau der Straßen
Neben den Bauarbeiten auf dem Ikea-Gelände laufen momentan auch die Umbauarbeiten für die öffentliche Erschließung des Straßennetzes rund um das Areal. Diese gliedern sich in zwei Bauabschnitte: Bei der bis Mitte März aktuellen Bauphase 1 wurden die Gerwigstraße und der Weinweg umgebaut.

Neben zusätzlichen Fahrstreifen und einem U-Turn wurden hier auch die ersten Zu- und Ausfahrten des Möbelhauses realisiert. Im Sommer/Herbst soll mit dem Umbau der Durlacher Allee der zweite Bauabschnitt beginnen - auch hier wird unter anderem eine Ikea-Zufahrt sowie eine zusätzliche Linksabbiegerspur entstehen.
Webcam IKEA
Webcam IKEA
Prognose: Die Zahlen
Mit den ergänzenden Ausbauten sieht sich die Stadt für den Ikea-Verkehr gut aufgestellt. Ein 2015 in Auftrag gegebenes Verkehrsgutachten bezüglich der Auswirkungen auf den Karlsruher Verkehr ergab: Montags bis donnerstags gehen knapp 9.000 Fahrten (An- und Abfahrten) auf Ikea zurück, freitags sind es rund 10.000, samstags gut 14.000 Fahrten.
Dies entspreche etwa für die Durlacher Allee von der Autobahn kommend 14 Prozent des gesamten Verkehrsaufkommens, so die Stadt 2015. Knapp 40 Prozent komme über die Autobahn A8 und A5, aus dem Stadtgebiet werden gut 23 Prozent erwartet. Ikea selbst geht davon aus, dass 15 Prozent der Kunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommen, für sie will der Möbelriese eigene Lieferkonzepte - unter anderem die kostenlose Anmietung von Elektroautos - anbieten.

Haben Sie Fragen und Anregungen zum neuen Ikea in Karlsruhe? Im IKEA-Bürgerforum können die Karlsruher online Fragen an Ikea stellen und über die Ikea-Ansiedlung diskutieren. Das Bürgerforum ist ein gemeinsames Projekt von Ikea und ka-news.
Die erste Anfrage von Ikea an die Stadt Karlsruhe hat es im Jahr 1990 gegeben, 2001 folgte eine erneute Anfrage - in beiden Fällen konnte kein geeigneter Standort gefunden werden. 2005 wendet sich Ikea Rastatt zu, ein verlorener Rechtsstreit bringt sie zurück nach Karlsruhe, wo 2010 bis 2012 der Suchlauf und die Überprüfung von möglichen Standorten im Stadtgebiet beginnt. Ettlingen, Baden-Baden und Pforzheim hatte der Möbelriese bereits im Vorfeld als Standorte ausgeschlossen.
Im Mai 2014 gab Ikea seinen Wunschstandort an der Durlacher Allee bekannt - es folgte die Zustimmung der Stadträte, des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein im Juli 2015, des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur (November 2015) und schlussendlich des Karlsruher Gemeinderats zum Bebauungsplan im Dezember 2016.
2016 wurde der Bebauungsplan im Gemeinderat verabschiedet, 2018 folgte der offizielle Baustart, der Hochbau beginnt im Juli, das Richtfest folgt im September 2019. Nach mehreren Verzögerungen soll Ikea dann im Sommer 2020 seine Tore öffnen.



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