Der Streit um die zukünftige Gestaltung der Karlstraße geht in die nächste Runde. Am Dienstag, 19. September, wird im Karlsruher Gemeinderat endgültig darüber entschieden, ob die nördliche Karlstraße zur Fußgängerzone wird und ob aus zwei Haltestellen am Europaplatz eine wird.
Stadt will neue Fußgängerzone
Die Vorschläge der Stadtverwaltung gehen auf die Erkenntnisse aus dem Reallabor zurück, welches im Herbst 2022 zwischen Amalien- und Stephanienstraße stattfand.

So plant die Stadtverwaltung die Haltestelle auf dem Europaplatz abzureißen und die Haltestelle in der Karlstraße barrierefrei auszubauen und zu verlängern. Außerdem soll die Karlstraße zwischen Amalien- und Stephanienstraße zur Fußgängerzone werden.
Ziel ist es, "die nördliche Karlstraße vom Transitort zum Begegnungsort zu entwickeln", wie es in der Beschlussvorlage der Stadt heißt. Bedeutet konkret: Autos sollen künftig - bis auf den Liefer- und Anliegerverkehr - nicht mehr in der nördlichen Karlstraße fahren. Wer oder was genau unter Anlieger fällt, steht aktuell noch aus.
Stadt zeigt Entwürfe für Europaplatz und Karlstraße online
Außerdem ist für die neue Fußgängerzone wohl ein ähnlicher Belag geplant, wie er aktuell auf dem Marktplatz verbaut wird. Dies geht aus Entwürfen hervor, welche die Stadt in den Unterlagen zur Gemeinderatssitzung veröffentlicht hat.

Neu im Gemeinderat ist die Beschlussvorlage nicht. Eigentlich sollte bereits im Juni über die Zukunft der Karlstraße entschieden werden. Aufgrund von zahlreichen Nachfragen und Einwänden der Fraktionen wurde die Abstimmung zunächst auf Juli und schließlich auf nach die Sommerpause geschoben.
Fraktionen haben andere Vorstellungen
Doch auch heute scheinen weiterhin viele Fragen offen. Die SPD-Fraktion beispielsweise tritt mit einem Änderungsantrag für die Beschlussvorlage an die Stadt heran. Bevor über die Umsetzung der Planung abgestimmt wird, fordert die Fraktion: "Der Gemeinderat nimmt die Evaluation des Reallabors zur Kenntnis und beauftragt die Stadtverwaltung mit der Planung der Verschiebung der oberirdischen Haltestelle Europaplatz in die Karlstraße zwischen Amalien- und Stephanienstraße zur Fußgängerzone fortzuführen."

Die Stadt entgegnet auf den Änderungsantrag, dass solch detaillierte Planung erst mit dem Start des Planfeststellungsverfahrens erfolge. In diesem seien die eingeforderten Abstimmungen und Detailplanungen jedoch selbstverständlich enthalten. "Bisher war das Verfahren so angelegt, um unnötige Planungsschritte und Doppelarbeit zu vermeiden", heißt es in einer Stellungnahme.
Ebenfalls Teil des SPD-Änderungsantrags ist die Klärung von offenen Fragen zur zukünftigen Verkehrsführung in der Karlstraße. Insbesondere über die Gewährleistung des Lieferverkehrs und Zufahrt für mobilitätseingeschränkte Personen und Krankentransporte ebenfalls, gebe es Klärungsbedarf, so die SPD. Diese Fragen klärt die Stadt auch gegenüber der FDP.
FDP will verkehrsberuhigten Bereich statt Fußgängerzone
Die FDP-Gemeinderatsfraktion der Stadt fordert in ihrem Änderungsantrag, eine Abwandlung der nördlichen Karlstraße in eine verkehrsberuhigte Zone. Die Stadt Karlsruhe hingegen plant - wie bereits in den Reallaboren - jedoch mit einem allgemeinen Durchfahrtsverbot für Autos. Lediglich Anliegern und Lieferanten sei das Befahren des Straßenabschnitts gestattet.

Warum die Durchfahrt untersagt, anstatt auf Schrittgeschwindigkeit reduziert werden soll, erklärt die Stadtverwaltung wie folgt: "Nach den Vorschriften der StVO kommt ein verkehrsberuhigter Bereich nur in Straßen in Betracht, die von sehr geringem Verkehr frequentiert werden und über eine überwiegende Aufenthaltsfunktion verfügen."
Ein geringes Verkehrsaufkommen wird auf 500 Fahrzeuge pro Tag beziffert. Der Verkehrsuntersuchung zufolge wurde vor dem Reallabor eine Frequenz von über 4.000 Fahrzeugen täglich festgestellt. "Selbst während des Durchfahrtverbots im Zeitraum des Reallabors sind weiterhin knapp 1.000 Fahrzeuge täglich durch die Karlstraße gefahren", so die Stadt.
Die nötigen Bedingungen, um aus der nördlichen Karlstraße also einen verkehrsberuhigten Bereich zu machen, bleiben also aus. Deshalb die Antwort der Stadtverwaltung: "Ein verkehrsberuhigter Bereich kann straßenverkehrsrechtlich nicht angeordnet werden." Die Verwaltung empfiehlt, den Antrag als erledigt zu betrachten.
Freie Wähler wollen Haltestelle am Euro behalten
Die Freien Wähler/Für Karlsruhe fordern die Verwaltung dazu auf, eine Rahmenplanung für die Gestaltung von Individualverkehr in der Innenstadt zu erarbeiten. Die Stadt entgegnet darauf, dass ein übergeordnetes Gesamtkonzept bereits mit dem ÖRMI-Abschlussbericht vorliegt.

Ein daraus resultierenden Empfehlungs-Katalog würde derzeit geprüft. Die nun in der Beschlussvorlage zur Abstimmung anstehende "Weiterentwicklung Karlstraße auf Basis des Reallabors" sei ebenfalls eine der aufgeführten Empfehlungen.
Außerdem bevorzugt die Fraktionsgemeinschaft die Haltestelle auf dem Europaplatz zu erhalten und diese statt der Haltestelle in der Karlstraße umzubauen.
Stadt ist gegen FW/FÜR-Idee
"Statt der Verlegung schlagen wir die Schließung der Haltestelle in der Karlstraße vor, da diese durch das geänderte Liniennetz der Kombilösung die vorherige Funktion als Umstiegsstation nicht mehr erfüllt. Durch diese Änderungen können die Kosten der Verlegung der Haltestelle eingespart werden bei direkter Anbindung an die U-Strab und der vorhanden Infrastruktur", heißt es.

Nach Aussage der Stadt sei dies aber nicht möglich, da die Haltestelle auf dem Europaplatz in ihrer derzeitigen Ausführung den neu geplanten Anforderungen nicht genüge. An der neuen Haltestellen sollen mit den Linien 2, 3, 4, S12 und S31 fünf Linien halten.
Zudem solle die Haltestelle bei Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen, sowie bei Störfällen des Stadtbahntunnels und Umleitungsverkehre leistungsfähig sein. Der Bau einer barrierefreien Haltestelle mit einem zehn Meter langen 55 Zentimeter-Bahnsteig auf dem Europaplatz wurde geprüft.
CDU bekommt Antwort auf 46 Fragen
"Es wurde festgestellt, dass die zur Verfügung stehende Länge auf dem Europaplatz nicht ausreicht. Daher ist eine Verschiebung der Haltestelle vom Europaplatz in die Karlstraße und ein barrierefreier Ausbau dieser Haltestelle notwendig", so die Antwort die Stadt.
Die CDU schickte gar einen 46 umfassenden Fragenkatalog an die Stadtverwaltung. Die Antworten liegen mittlerweile vor und können in den Unterlagen zur kommenden Sitzung des Gemeinderates auf der Website der Stadt Karlsruhe unter TOP 16.5 eingesehen werden.
Die Entscheidungen aus dem Gemeinderat
Nach langer Diskussion wurde im Karlsruher Gemeinderat eine Teilentscheidung getroffen: Um die Post Galerie herum wird es in Zukunft nur noch eine Haltestelle geben. So wurde die Entscheidung getroffen, dass die Haltestelle auf dem Europaplatz abgerissen wird und die Haltestelle in der Karlstraße verbleibt. Diese Haltestelle soll verlängert und barrierefrei ausgebaut werden. Grüne, Linke, SPD, FDP, KAL, und FW sorgen mit ihrem Votum für die entsprechende Mehrheit. CDU, AfD und Jürgen Wenzel (FW) stimmten dagegen.
Im Gegensatz dazu bleibt die konkrete Zukunft der Karlstraße offen. Zwar wurde der Vorschlag der Verwaltung in Sinne einer Umwidmung in eine Fußgängerzone angenommen. Allerdings wurde die Vorlage zuvor durch den Zusatz ergänzt, dass die Karlstraße eine Fußgängerzone "oder ein verkehrsberuhigter Bereich" wird. Damit bleibt also weiter offen, wie genau die Karlstraße umgewidmet werden soll.

Egal in welcher Variante, der Autoverkehr wird so deutlich reduziert. Anlieger- und Lieferverkehr soll möglich bleiben. Kritik an den Plänen gab es von der CDU. "Die Karlstraße ist eine empfindliche Schlagader unserer Innenstadt. Dies dürfen wir nicht vergessen", so Tilmann Pfannkuch. Aus Sicht der CDU sei die Evaluation nicht ausreichend und man sei nicht überzeugt, dass die Erreichbarkeit von Anliegern gegeben ist.
Fraktionskollege Detlef Hofmann ergänzt: "Ja, die Bürgervereine wurden mitgenommen, doch sie werden nicht angehört. Sie sind nämlich gegen eine Fußgängerzone in der Karlstraße. Für eine attraktive Innenstadt muss auch ihre Erreichbarkeit gegeben sein." Dies sei mit den nun verabschiedeten Plänen nicht mehr gegeben, auch wenn die Möglichkeit eines verkehrsberuhigten Bereichs weiter gegeben sei.
Wie Oberbürgermeister Frank Mentrup ergänzend erklärt, sind die Pläne noch nicht endgültig und gelten nur unter Vorbehalt der Zustimmung des Regierungspräsidiums. Die entsprechend Arbeiten zu Umgestaltung könnten laut Unterlagen des Gemeinderates frühstens im Doppelhaushalt 2026/27 starten.
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