Nachmittags mitten auf dem Marktplatz, direkt vor der Pyramide. Während im Hintergrund riesige Kräne Stahlrohre in der Erde verschwinden lassen und Lkw abfahren, stehen rund 30 Personen in blauen Helmen und gelben Westen um Peter Müller herum und hören aufmerksam zu.
Stadtgeschichte und Marktplatz
"Hier entstehen gerade die Schlitzwände für die spätere U-Bahnstation, die reichen 25 Meter senkrecht in die Tiefe", erklärt Müller. Der Ingenieur von der Bauaufsicht gibt heute den Fremdenführer. Bei der Pyramide sei man sehr vorsichtig gewesen, nichts zu beschädigen. Immerhin liegt in der Gruft darunter Stadtgründer Karl Wilhelm zu Baden-Durlach begraben.
Dass der an einem Hirnschlag bei der Gartenarbeit verstarb, erfahren die Besucher von Stadtführerin Petra Tiebe. Nach den technischen Ausführungen von Müller übernimmt sie mit ihrem Teil des Rundgangs, bei dem es um die Stadtgeschichte und speziell die Bedeutung des Marktplatzes geht. Auf ihrem Tablet-PC zeigt Tiebe Bilder des ursprünglichen Platzes und aus der Zeit unmittelbar nach dem Krieg. Die Stadtgeschichte ist jedoch nur Begleitmusik zum eigentlichen Thema: Baustelle und Kombilösung.
Ab Pfingsten wieder Normalität am Europaplatz?
Dazu stellen die Besucher denn auch eine Menge Fragen: Wofür ist dieses Rohr? Diese Maschine? Wann ist alles fertig? Müller beantwortet alles geduldig. Die Insolvenz der Baufirma Alpine habe sich zwischendurch bemerkbar gemacht, aber jetzt laufe es wieder. Im Oktober soll die große Tunnelbohrmaschine - der Fächerwurm - da sein und sich vom Durlacher Richtung Mühlburger Tor langsam durch das Erdreich unter der Kaiserstraße fressen. Den Marktplatz selbst lässt sie dabei im wahrsten Sinne des Wortes "links liegen", denn abbiegen kann das 85 Meter lange Ungeheuer nicht so gut.
"Man müsste die Maschine dafür komplett ab- und wieder aufbauen, das lohnt sich für das kurze Stück zwischen Marktplatz und Ettlinger Tor nicht", sagt Müller. Dieser Tunnelabschnitt wird deshalb mit kleinerem Gerät vorangetrieben - "bergmännisch", wie es richtig heißt. Nach der Führung auf dem Marktplatz geht es noch zum Europaplatz, da sind die Arbeiten schon weiter forangeschritten. Die Wände hier sind fertig, es fehlt nur noch eine massive Betondecke. Danach wird alles wieder zugeschüttet und die Bahnen sollen ab Pfingsten wieder in der Straßenmitte fahren können. Auch die Haltestelle Europaplatz kehrt dann an ihren ursprünglichen Platz zurück.
Wo die Stadt an ihrer Zukunft baut
Unterwegs vom Markt- zum Europaplatz sowie auf dem Rückweg zum Informationspavillon "K-Punkt" bleibt Müller ein viel gefragter Mann in der Gruppe. Norbert Käthler, Chef des Stadtmarketing Karlsruhe, freut sich über so viel Interesse. Von den insgesamt 12 Führungen seien zwei bereits ausgebucht. "Wenn man so viele große Baustellen in einer Stadt hat, dann muss man es für die Leute auch verständlich machen. Und zwar möglichst für alle, etwa auch Junge", meint Käthler. Das sei das Anliegen des neuartigen Programms. Unter dem Motto "Baustellen erleben in Karlsruhe - Blick hinter die Bauzäune" stellt die Stadt interessierten Bürgern sieben verschiedene Baustellen vor. "Das sind alles spannende Orte, wo die Stadt an ihrer eigenen Zukunft baut", so Käthler.
An dieser Zukunft baut die Stadt neben der Kombilösung, die mit fünf von 12 Führungen im Mittelpunkt des Interesses steht, noch an ganz anderen Stellen: So gehören etwa der Landschaftspark Rhein in Maxau, das Tullabad und die Turmbergterasse zum Programm. Die Termine verteilen sich über die kommenden Monate bis in den September hinein. Die nächste Führung ist am Dienstag, 29. April, im mechanisch-biologischen Klärwerk in Knielingen. Die Gruppen sind auf 25 bis 30 Teilnehmer begrenzt, Führungen dauern anderthalb bis zwei Stunden und kosten fünf Euro für Erwachsene, drei Euro für Kinder unter 14 Jahren. Tickets gibt es bei der Tourist-Information am Bahnhof, telefonisch unter 0721 3720-5383 oder -5384 zu erreichen. Weitere Informationen zum Programm finden sich auf www.stadtmarketing-karlsruhe.de.
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