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Gerade gastiert der Karlsruher Fächerwurm noch im beschaulichen Schwanau im Ortenaukreis. Hier wird er von Tunnelbohr-Weltmartkführerin Herrenknecht AG bis Ende Mai montiert, bis er schließlich von der Kasig abgenommen werden kann. "Aktuell ist die Hälfte der Maschine fertig", weiß Kasig-Geschäftsführer Uwe Konrath.

Dateiname : Kasig-Skizze Tunnelbohrmaschine
Dateigröße : 1217639
Datum : 28.03.2014
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Ist alles in Ordnung, so wird sie im Juli abgebaut und in etwa 80 Schwertransporten nach Karlsruhe geliefert, ehe der Fächerwurm am Durlacher Tor unter die Erde gelassen wird. Im Oktober wird es dann ernst: Der Fächerwurm beginnt sich seinen Weg durch den Untergrund der Kaiserstraße zu bahnen - das Weihnachtsfest wird er voraussichtlich am Kronenplatz verbringen. 

Karlsruher U-Bahn nur wenige Meter unter der Erde - "anders als in London"

"Wir wollen einen flachliegenden Tunnel, der etwa fünf bis neun Meter unter der Erde liegt", erklärt der Kasig-Chef am Donnerstag im Rahmen einer Infoveranstaltung für die Bürgerinitiative "Ja zur Kombilösung" im K. "Die Karlsruher U-Bahn soll schließlich nicht so ein Maulwurf werden wie die Tube-Kollegin in London." Die Underground-Linien der britischen Metropole wurden im 19. Jahrhundert anfangs mit Spitzhacke und Schaufel und später ebenfalls per Schildvortrieb in sage und schreibe 20 bis 50 Metern Tiefe errichtet.

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Insgesamt 2,4 Kilometer und vier Haltestellen - Durlacher Tor, Kronenplatz, Lammstraße, Europaplatz - soll der Fächerwurm mittels maschinellem Tunnelvortrieb in der U-Kaiserstraße erschließen. Die kleinere Nord-Südstrecke von etwa einem Kilometer Länge der künftigen U-Strab soll hingegen in offener Bauweise und bergmännisch ausgehoben werden - hier entstehen die Haltestellen Marktplatz, Ettlinger Tor und Kongresszentrum.

Rot-Gelb: Fächerwurm soll Fidelitas-Wappen auf der "Stirn" tragen

Den Fächerwurm wird im Karlsruher Untergrund ein Gemisch aus Kies und Sand erwarten - "genauer gesagt Steine und Körner zwischen 0,006 Zentimeter bis 60 Zentimeter Durchmesser", so Konrath weiter. Die geologischen Eckdaten spielten bei der Wahl des richtigen Tunnelbohr-Modells eine wichtige Rolle - so hat sich die Kasig für das teure "Mixschild" als Schneiderad entschieden, das auf feinkörniges Erdmaterial ausgerichtet ist. Das Schneiderad selbst hat einen Durchmesser von neun Metern.

Der Clou: Um den Fächerwurm als Ehrengast in Karlsruhe fachmännisch willkommen zu heißen, planen die Kasig-Mitarbeiter seine "Stirn" mit dem rot-gelben "Fidelitas"-Wappen zu besprühen. "Davon wird dann leider ab der ersten Bohrung vor lauter Dreck nichts mehr zu sehen sein", lacht der Kasig-Geschäftsführer.

Fächerwurm bohrt sich mit Geschwindigkeit von 8 Metern pro Tag durch Karlsruher City

Aber wie funktioniert so ein Tunnelvortrieb eigentlich maschinell? Hinter dem Schneiderad befindet sich eine so genannte Tauchwand, die eine Stützflüssigkeit aus Wasser und einer Betonitlösung inne hat. Diese Mineralflüssigkeit wird am hinteren Ende des Fächerwurms angemischt und durch Rohre nach vorne gepumpt, wo sie dann gegen den Aushub "gedrückt" wird - das verhindert, dass das Erdreich in die Maschine fließt. Ist ein neues Stück frisch ausgehoben, wird dieses sofort mit Mörtel und so genannten Tübingsteinen verkleidet, damit der geschaffene Hohlraum nicht in sich zusammen fällt. Der Aushub selbst wird wiederum über ein Rohr, das somit zu Spitzenzeiten auf die Gesamttunnellänge von rund 2 Kilometern verlängert wird, hindurch rückgeleitet zum Durlacher Tor. Hier soll auch eine Lüftungsanlage für den Tunnel installiert werden.

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Und wie bewegt sich der mächtige Wurm vorwärts? Die wuchtige Maschine schaffe es laut Kasig rein technisch auf eine Geschwindigkeit von 30 Metern pro Tag - in Karlsruhe soll sie den Tunnel mit acht Metern pro Tag vorantreiben, um etwaigen Erschütterungen und Lärm an der Oberfläche vorzubeugen. "Es gilt dabei: Je schneller, desto lauter", so Kasig-Fachmann Markus Fenneberg - "Sicherheit geht ganz klar vor."

Etwa 30 Meter hinter dem Schneiderad befindet sich der Steuerraum der insgesamt 84 Meter langen Maschine - von hier aus wird sie von einem Fahrer "gelenkt", kontrolliert und angetrieben. Dieser Vorgang soll eigenen Angaben nach rund um die Uhr von Kasig-Experten überwacht werden. Auch an der Oberfläche wird man laut Fenneberg stets wachsam sein: "Wir haben an sämtlichen umliegenden Häusern Sensoren angebracht und führen automatische Messungen durch, um etwaige Erosionen und Erschütterungen für die Nachbarschaft auszuschließen."

Erwarteter Aushub: 640 Schwimmbecken voll Karlsruher Dreck

Dass es zwar nicht zu Lärm, wohl aber zu vereinzelten Geräuschen in Zeiten des Vortriebs kommen wird, könne man nicht ganz ausschließen. "Sie werden es auch an den Füßen kitzeln spüren, wenn Sie direkt über der Bohrstelle stehen", so Fenneberg. Auch könne es eventuell zu Verkehrsbeeinträchtigungen am Durlacher Tor kommen, wenn der nasse Abraum hier von Lkw abtransportiert wird. Die Ingenieure gehen derzeit von insgesamt 600.000 Kubikmetern Erdgemisch aus, das der Fächerwurm letztlich verdrängt. Umgerechnet könnte man damit rund 640 Schwimmbecken befüllen. Für den Abtransport verantwortlich sind nach derzeitigem Stand die Bauunternehmer - allerdings laufen gerade auch Gespräche mit dem Karlsruher Amt für Abfallwirtschaft sowie ein Antrag beim Regierungspräsidium, der den Nahtransport anstrebt. "Eventuell wird das Sand-Kies-Gemisch auch als Baustoff für anderweitige Projekte weiterverwendet - das wäre auch denkbar", erklärt Konrath.

Und was passiert mit dem Fächerwurm selbst? Nach Beendigung der Vortriebsarbeiten wird die Tunnelbohrmaschine an die Herrenknecht AG zurückgegeben und für andere Zwecke weiterverwendet. Zwar wurde sie für die Karlsruher Belange "gepimpt", doch die Roh-Maschine an sich ist keine neue und kann im Weiteren auch wieder umgebaut werden.

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