Norbert Hacker ist Leiter des Umweltamtes der Stadt Karlsruhe. Das Spektrum seiner Arbeit ist breit und reicht von Klimaschutz bis zur Altglasentsorgung - ein weiterer großer Teil nimmt das Thema Lärm ein. Um Auto- oder Straßenbahngeräusche in der Stadt zu verringern, gibt es verschiedene Handlungsmaßnahmen: Darunter fallen zum Beispiel Lärmschutzwälle, Leuchttafeln, lärmarme Straßenbeläge oder Tempo 30-Zonen.
Über 70 Dezibel gilt als zu laut
"Zufrieden bin ich immer dann, wenn wir keine Lärmbelastung mehr haben", so Hacker im Gespräch mit ka-news.de, "aber davon sind wir im Augenblick weit entfernt." Wenig getan wurde jedoch nicht: Die Hotspots aus dem vergangenen Lärmaktionsplan sind inzwischen beseitigt worden.

Als Hotspot definiert der Lärmaktionsplan Bereiche, die einen Wert über 70 Dezibel tags und 60 Dezibel nachts überschreiten. "Zu den Lärmbelastungspunkten, die wir im Augenblick kennen, haben wir Maßnahmen ergriffen", so Hacker. Zum einen durch bauliche Maßnahmen wie in der Rüppurrer Straße: Hier werden die Autos nicht mehr um die Straßenbahninsel herum, sondern auf den Asphaltgleisen geführt. Die Autofahrer müssen nun auf den Schienenverkehr achten; dadurch reduziert sich die Geschwindigkeit und der Lärm.
Mehr Tempo 30-Zonen durch neue Rechtslage
Zum anderen durch neue Tempolimits. Eine vereinfachte Rechtslage ermöglicht dem Karlsruher Amt, leichter auf das Instrument "Tempo 30"-Zone zuzugreifen. "Früher war es fast nicht möglich, mit dem Argument Lärmbelastung eine Tempo 30-Zone einzurichten", erzählt Hacker im Gespräch. Dabei werde der Lärmwert durch eine solche um rund zwei Dezibel verringert.

19 Straßen hatte man für die Temporeduzierung ins Auge gefasst, 2022 konnte man die letzten auf der Liste umsetzen. Im Juni wurden in Karlsruhe mehrere neue Tempo 30-Zonen eingerichtet - sowohl ganztags als auch nachts. In der Innenstadt beispielsweise auf der Reinhold-Frank-Straße (zwischen Moltke- und Kriegsstraße) oder auf der Kriegsstraße (zwischen Weinbrennerplatz und Reinhold-Frank-Straße). Auch die B3 bei Durlach und zahlreiche Ortsdurchfahrten der Höhenstadtteile bekamen ein neues Tempolimit.
Wo ist es noch zu laut?
Ob und welche weiteren Straßen folgen, wird der neue Lärmaktionsplan zeigen: Für diesen wird aktuell die Lärmbelastung für Karlsruhe hauptsächlich errechnet. Verkehrslärm-Messungen seien zu ungenau, so Hacker im Gespräch, zu viele Faktoren wie Wetter oder aktuelle Verkehrslage würden die Daten beeinflussen. Lediglich der Lärm von Anlagen wie Gewerbebetriebe werde gemessen, weiß der Experte.

Der Zeitrahmen für die Kartierung wird vom Gesetzgeber vorgegeben. Alle fünf Jahre muss ein neuer Lärmaktionsplan in Kommunen erstellt werden. "Wir erwarten die Ergebnisse der Kartierung Ende diesen Jahres", so Hacker, "unsere Aufgabe wird dann sein, daraus einen Lärmaktionsplan zu entwickeln." Konkret bedeutet dies: Wo können durch bauliche oder verkehrliche Maßnahmen Verbesserungen in der Lärmbelastung erreicht werden?
Eine Autofreie Innenstadt?
Hauptlärmquelle in Karlsruhe ist und bleibt der Straßenlärm. Hier überschneiden sich die Tätigkeitsfelder von Norbert Hacker: Umweltschutz und Verringerung der Lärmbelastung gehen oftmals Hand in Hand. Den Autoverkehr in der Innenstadt zu reduzieren, scheint hierbei eine offensichtliche Maßnahme.
Pilotprojekte wie die autofreie Karlstraße sollen neue Möglichkeiten der Innenstadtgestaltung aufzeigen. In der Fritz-Erler-Straße wurden zwei Autospuren zusammengelegt, um Platz für Radfahrer zu schaffen. Und am Zirkel sorgen Poller für eine weitestgehend autofreie Fahrradstraße.

Im Passagehof wurde die Umgestaltung von der umliegenden Wirtschaft kritisch gesehen, man befürchtete Einbußen, so Hacker. Hier wurden Parkplätze zugunsten der Gastro-Außenbereiche geopfert, die Durchfahrt soll mit Pollern künftig ebenfalls reguliert werden. "Die Bedenken haben sich gewandelt, nun ist der Wunsch da, man möge die Umgestaltung schneller umsetzen", sagt Hacker, "ein Beispiel, dass die Bevölkerung die Einschränkung des motorisierten Verkehrs nicht immer als Nachteil empfindet, sondern es für ein besseres Lebens- und Wohnumfeld in Kauf nimmt."

Straßenbahnlärm wird 2023 "noch lauter"
Bei den Lärmquellen 2023 wird sich auch der Straßenbahnlärm niederschlagen: Dieser ist Hauptlärmquelle Nummer zwei in Karlsruhe. "Eigentlich haben wir in jeder Kurve eine Lärmwertüberschreitung", so Hacker. Diese sei lange nicht ins Gewicht gefallen, denn in der Lärmwert-Berechnung für die Aktionskarte hat es bislang einen sogenannten "Bahnbonus" gegeben - das heißt: Fünf Dezibel wurden bei der Bahnlärmquelle abgezogen.
Zu erwarten ist, dass an einigen Straßenbahnstellen Handlungsbedarf entstehen wird. "Ich bin gespannt, was die Lärmkartierung zeigen wird", so Hacker. Bisher wird versucht, die Straßenbahn-Lärmspots mit Schmieranlagen, Rasengleisen, Schienen schleifen und intensivem Controlling der Räder zu mindern.
Angestrebt wird auch, dass die Straßenbahnen selbst bei Bedarf Schmiermittel auf die Schienen bringen können, um so Quietschen zu vermeiden. Bislang wird das durch fest installierte Anlagen - vor allem in Kurvenbereichen - erledigt.
Was kommt 2023?
"Hotspots die wir kennen haben wir abgearbeitet, jetzt wird es interessant, was in der neuen Kartierung neu gefunden wird", so Hacker. Unerfreuliche Überraschungen erwartet man im Umweltamt nicht: Karlsruhe verbessert auch schon Lärmlagen, die unter dem vorgegebenen Handlungsgrenzwert liegen. Dennoch: In fünf Jahren - seit die letzte Karte erstellt wurde - kann sich viel ändern. Vor allem in Karlsruhe ist viel passiert: Die Dauerbaustelle Kombilösung wurde beendet, und die Straßenbahnen fahren neue Linien - neues Potential für Lärmquellen.
"Die Gesamtbelastung im urbanen Raum ist relativ hoch", so Hacker, "mir wäre lieber, wir würden insgesamt eine leisere Struktur haben. Meines Erachtens ist das nur zu erreichen, wenn der Verkehr insgesamt reduziert wird."
Übersicht Tempo 30-Zonen in 2022: https://www.karlsruhe.de/stadt-rathaus/aktuelles/meldungen/bald-mehr-tempo-30