Die CDU-Fraktion des Gemeinderats Karlsruhe bezieht Stellung zu dem derzeitigen Reallabor "Nördliche Karlstraße". Ein experimentelles Projekt, das über eine gewisse Zeit hinweg die Auswirkungen von fernbleibenden Autoverkehr untersucht. Fest steht: Zufrieden sind sie damit nicht.
Der Standpunkt der Christdemokraten: "Wir denken besonders an mobilitätseingeschränkte Menschen oder Personen mit Behinderungen."
Mobilität muss für alle möglich sein
Seit dem 18. Juli ist das experimentelle Reallabor an der nördlichen Karlstraße im Gang, nun wird vonseiten der CDU erste Kritik laut. Eine durchgehende Fußgängerzone habe, nach Ansicht der CDU, auch seine Nachteile – denn nicht jeder könne von den Mobilitätsbedingungen profitieren, teilt die CDU-Fraktion auf Anfrage von ka-news.de mit.

Bereits 2020 sei das Thema im Gemeinderat diskutiert, jedoch von den Grünen dementiert worden, heißt es in einer Pressemitteilung der CDU. "Am Leben und Treiben in der Innenstadt müssen ausnahmslos alle Menschen teilnehmen können. Ihr Gesundheitszustand darf dabei kein Hinderungsgrund sein“, so Rahsan Dogan, stellvertretender Fraktionsvorsitzende der CDU.

Diesem Anspruch werde der Verkehrsversuch in seinem jetzigen Zustand nicht gerecht, ergänzt Detlef Hofmann, Fraktionsvorsitzender der CDU. Vor allem die Ärzte rund um den Karlsruher Ludwigsplatz seien nur schwerlich zu erreichen. "Der Weg zu der großen orthopädischen Gemeinschaftspraxis ist für Patienten beschwerlich genug – auf Krücken noch schwerer", sagt Hofmann.
Parkplätze sorgen für Verwirrung
"In der Theorie gibt es zwar eine Ladezone, um mobilitätseingeschränkte Angehörige auf dem Weg zum Arztbesuch aussteigen zu lassen. Allerdings wird dieser Bereich ständig vom Lieferverkehr blockiert und steht damit nicht zur Verfügung", beklagt Hofmann.

Außerdem seien die vier Behindertenparkplätze im Gebiet des Verkehrsversuchs gestrichen worden, so Hofmann. "Wo sich die versprochenen Ersatzparkplätze befinden, bleibt völlig unklar." Laut Stadtplan seien die weggefallenen Behindertenparkplätze weiterhin verfügbar – was für zusätzliche Verwirrung sorge, meint die CDU.
CDU fordert Nachbesserung
"Betroffene können sich also nur unzureichend informieren", sagt Dirk Müller, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU. Das wollen die Christdemokraten nun ändern. In einem Schreiben an das Rathaus wurde deshalb ein dringender Appell zum Nachbessern geäußert.

"Wir werden die Ergebnisse der Erprobung abwarten und prüfen, ob dadurch mehr Menschen für aktive Mobilität erreicht werden", so die CDU. Allerdings wolle man weiterhin die adäquate Teilhabe aller Karlsruherinnen und Karlsruher garantieren – auch die von mobilitätseingeschränkten Menschen. "Vor allem setzen wir uns dafür ein, dass die vier Behindertenparkplätze reaktiviert werden", teilt die CDU in einer Pressemitteilung mit.
Die Grünen: "Stadtverwaltung ist zu inkonsequent!"
Damit allein ist es allerdings nicht getan. Aljoscha Löffler, Fraktionsvorsitzender der Grünen, sieht das Problem an einer anderen Stelle: "Die tatsächlichen Kontrollen im Reallabor vonseiten der Stadt sind zu inkonsequent – Ordnungswidrigkeiten werden kaum geahndet."

Eigentlich dürften die Lieferfahrzeuge die Ladezonen nur von 8 Uhr bis 11 Uhr belegen – in der Realität werde das jedoch kaum überprüft, erklärt Löffler in einem Telefonat mit ka-news.de. Wer in dieser Zeit die Arztpraxen besuchen will, hat keine guten Karten.

"So kommt es zu Konflikten zwischen mobilitätseingeschränkten Personen und den Lieferanten, das ist uns bewusst", sagt Löffler. Und der Durchgangsverkehr halte sich auch nicht an die Regeln: "Anlieger frei" oder "Tempo 20" werde zunehmend ignoriert.
Das Reallabor: Eine Chance zum Experimentieren
"Eine reale Prüfung der Verkehrsbedingungen ist so eigentlich unmöglich – denn die gewünschten Bedingungen treten nie wirklich ein", meint der Fraktionsvorsitzende der Grünen. Die Stadtverwaltung müsse also härter durchgreifen, um aus dem Reallabor verwertbare Erkenntnisse ziehen zu können.

"Möglich wären zum Beispiel Zufahrtssperren, ein geringeres Tempolimit und gezielte Radarkontrollen", so Löffler. Welche Lösung sich bewähre, könne in mehrwöchigen Intervallen ausgetestet werden – eventuell wäre allerdings eine Verlängerung der Reallabors nötig. "Insgesamt drei Monate ist für ein solches Experiment wenig Zeit", meint Löffler.

Auf jeden Fall soll die verbliebene Zeit genutzt werden. "In solch einem Reallabor kann man in Echtzeit prüfen, ob der Bedarf aller Verkehrsteilnehmer angemessen abgewickelt wird – und dynamisch auf Probleme reagieren", sagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen. Dem pflichten sogar die Kollegen der CDU bei.
Der Verkehrsversuch werde von den Christdemokraten als das gesehen, was er ist – einen Test, so Fraktionsvorsitzender Hofmann. "Nicht alles Neue ist automatisch gut. Wir haben hier die Chance zu testen, was funktioniert und was nicht." Klar sei nach den bisherigen Beobachtungen: Es müsse definitiv nachgebessert werden.
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