Startseite
Icon Pfeil nach unten
Karlsruhe
Icon Pfeil nach unten

Karlsruhe: Hilfe und Zuspruch: Migrationsdienst betreut Flüchtlinge in Karlsruhe

Karlsruhe

Hilfe und Zuspruch: Migrationsdienst betreut Flüchtlinge in Karlsruhe

    • |
    • |
    (v.l.n.r.) Silke Morlok vom Diakonischen Werk Karlsruhe, Iria Villhauer, Teamleiterin des ÖMD und Hans-Gerd Köhler vom Caritasverband Karlsruhe.
    (v.l.n.r.) Silke Morlok vom Diakonischen Werk Karlsruhe, Iria Villhauer, Teamleiterin des ÖMD und Hans-Gerd Köhler vom Caritasverband Karlsruhe. Foto: (fst)

    "Niemand flieht aus Übermut. Das passiert nur bei Kriegen, Katastrophen, Verfolgung oder wirtschaftlicher Not", erklärt Hans-Gerd Köhler vom Caritasverband Karlsruhe.

    Ungeliebte Wirtschaftsflüchtlinge

    Gerade so genannte "Wirtschaftsflüchtlinge" seien in in Deutschland gar nicht gerne gesehen. "Wir vom ÖMD stehen dieser Haltung kritisch gegenüber. Wer solche Flüchtlinge ablehnt, sollte sich einmal in die Lage eines Menschen hinein versetzen, der in der Heimat beruflich oder finanziell keinerlei Perspektiven mehr hat", so Köhler.

    Insgesamt sei es für Migranten weiterhin sehr schwierig, eine Einbürgerung zu erreichen. "Auch wer als Flüchtling anerkannt ist, der darf zwar dauerhaft bleiben - 'dauerhaft' kann de jure aber auch nur 'ein Jahr' bedeuten", erklärt Iria Villhauer, die Teamleiterin des Migrationsdienstes. Der Karlsruher ÖMD ist für alle Migranten im Stadtgebiet zuständig. Diese haben ganz unterschiedliche Aufenthaltstitel - von Asylbewerbern, geduldeten, abgelehnten oder anerkannten Flüchtlingen bis hin zu EU-Bürgern. Deshalb bietet der Migrationsdienst drei verschiedene Beratungsstellen an.

    Die Flüchtlingsberatung etwa versucht Migranten ohne sicheren Status bei der "Verfestigung" ihres Aufenthaltes zu helfen. Dazu gehört vor allem die Klärung rechtlicher Fragen. "Viele kennen ihre Rechte nicht", sagt Villhauer. Außerdem bietet der Dienst Unterstützung bei psychosozialen Problemen, eine Orientierungshilfe und das Aufzeigen von Perspektiven.

    Wartelisten für Gesprächskreise auf Deutsch

    Die "Migrationsberatung für Erwachsene Zuwanderer" (MBE) richtet sich an alle über 28-Jährigen mit dauerhafter Aufenthaltserlaubnis. Hier stehen integrative Angelegenheiten im Mittelpunkt. Neben Beratungen in beruflichen wie sozialen Fragen wird beispielsweise auch eine sozialpädagogische Betreuung während Integrationskursen angeboten. Ein Integrationskurs ist verpflichtend und besteht aus mindestens 600 Stunden Sprachunterricht. Am Ende gibt es noch einen "Orientierungskurs", in dem Migranten die deutsche Politik, Kultur und Gesellschaft näher gebracht werden sollen. Dieser Kurs dient wiederum als Vorbereitung auf einen Einbürgerungstest.

    Besondere Angebote stellen unter anderem Gruppenausflüge und Gesprächskreise dar. In letzteren treffen sich Migranten zum gemeinsamen Deutschsprechen. "Viele leben hier isoliert und sprechen innerhalb ihrer Familie natürlich nur die Muttersprache. Die Deutschkenntnisse aus dem Integrationskurs werden dann wieder verlernt", erklärt Villhauer. An Themen bestehe quasi freie Wahl - oft erzählten Teilnehmer über das Leben in ihrer Heimat oder würden auch Zeitungsartikel mitbringen, die sie nicht ganz verstanden haben. "Es gibt so viele Anfragen für die Gesprächskreise, dass wir Wartelisten führen müssen", sagt die Teamleiterin.

    "Es gibt auch Menschen, die wieder nach Hause wollen"

    Seit vier Jahren gibt es auch eine "Rückkehrberatungsstelle" - etwa wenn ein Aufenthaltstitel wieder entzogen oder die Anerkennung als Flüchtling abgelehnt wurde. "Hier helfen wir Menschen nach einem langen Aufenthalt in Deutschland, sich in ihre alte Heimat zu re-integrieren und dort wieder Arbeit zu finden", so Villhauer. Diese Nachhaltigkeit sei wichtig - man müsse den Menschen einfach Perspektiven bieten.

    "Es gibt durchaus Menschen, die freiwillig nach Hause zurückkehren, zum Beispiel aus familiären Gründen, weil sie dort alt werden wollen oder weil sie in Deutschland nicht das Leben gefunden haben, dass sie sich vorstellten", sagt Köhler. "Wir beraten momentan zum Beispiel drei ältere Frauen aus dem Irak, die jetzt dorthin zu ihrer Familie zurückkehren möchten", erzählt Villhauer.

    Arbeit mit Migranten um Vorurteile abzubauen

    Bisher betreuten die verschiedenen Beratungsstellen des Migrationsdienstes 2013 rund 250 Personen. Das sind bereits über 20 mehr als im gesamten letzte Jahr. Der Anteil der EU-Bürger liegt zwischen 20 und 30 Prozent. In absoluten Zahlen kümmert sich der ÖMD zwar nur um einen Bruchteil der Migranten in Karlsruhe, allerdings stehen ihm dafür auch nur vier feste Mitarbeiter zur Verfügung. Deshalb ist der Dienst auf das Engagement seiner ehrenamtlichen Mitglieder angewiesen. "Gelebte Nächstenliebe ist ein Urauftrag der ökumenischen Kirche", sagt Markus Bentele, Pressesprecher der Caritas Karlsruhe.

    Die Ehrenamtlichen seien aber nicht nur wichtig für den Migrationsdienst selbst. "Sie dienen auch als 'Multiplikatoren', die ihre Erfahrungen mit Migranten im sozialen Umfeld verbreiten und so etwa zu Hause oder am Stammtisch das eine oder andere Vorurteil abbauen können", meint Bentele. "Wir bieten auch Schülerpraktika an. Auch hier ist es noch einmal etwas anderes, ob man so ein Flüchtlingsdrama wie vor Lampedusa nur aus den Nachrichten kennenlernt, oder mit Betroffenen selbst spricht", so der Pressesprecher.

    Mehr zum Thema Flüchtlinge in Karlsruhe:

    Landkreis Karlsruhe sucht Unterkünfte für Flüchtlinge

    Afghanische Flüchtlinge in Karlsruhe bangen vor Abschiebung nach Ungarn

    Syrische Flüchtlinge in Karlsruhe: "Unseren Familien in der Heimat geht es schlecht"

    Neue Flüchtlings-Unterkunft: 70 Asylbewerber kommen in Mühlburg unter

    Geplante Flüchtlings-Unterkunft in Mühlburg: "Eine Menge Groll"

    Karlsruher Aufnahmestelle erwartet 2013 Rekordzahl an Flüchtlingen

    Karlsruhe hat 7.913 Flüchtlinge aufgenommen

    Asylbewerber in Karlsruhe: Der Flüchtling, Dein Nachbar

    Karlsruher klagen über Lärm: Flüchtlinge werden zum Stein des Anstoßes

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden