"Das ist hier ein Schauspiel der ganz besonderen Sorte. Es ist zum verzweifeln", so der ka-Reporter in einer Mail an die Redaktion. Neben Ansammlungen von alkoholisierten Personen, sowie Drogenabhängigen und Obdachlosen gehöre es mittlerweile außerdem "zum guten Ton, sich auf dem Platz zu entblößen und überall hin zu urinieren", so der ka-Reporter weiter. Die eingeführten Maßnahmen der Stadt dagegen seien seiner Auffassung nach "ein Witz".
Alkoholverbot löst Problematiken nicht
So hatte die Stadt Karlsruhe bereits im März 2019 ein Alkoholverbot für den Platz eingeführt. Doch auch vier Jahre später scheinen die Probleme dadurch nicht gelöst.

Einen Grund dafür sieht der ka-Reporter unter anderem darin, dass die Polizei seiner Auffassung nach bei Verstößen nicht richtig durchgreift . "Wenn es eskaliert, macht die Polizei schön in weiter Ferne die Sirene und das Blaulicht an, sodass selbst der Betrunkenste die Situation eigenständig auflöst, bevor die Polizei einschreiten 'kann'."
Was sagt die Polizei dazu?
Diese Maßnahme sei laut Polizei notwendig "damit vor Ort innerhalb kürzester Zeit eingegriffen werden kann", erklärt der Revierleiter des für die Südstadt und den Werderplatz zuständigen Polizeireviers Karlsruhe-Südweststadt, Wolfgang Ams, den Einsatz der Sirene gegenüber ka-news.de

Die Polizei habe den Werderplatz aber nicht nur in brenzligen Situationen im Blick. So habe die Polizei den Platz bereits im vergangenen Jahr im Rahmen einer lang angepassten Einsatzkonzeption überwacht.
Durch die gezielten Präsenz- und Kontrollmaßnahmen, mit insgesamt 4.730 Einsatzstunden und 1.220 Personenkontrollen, sei die Anzahl der auf dem Werderplatz begangenen Straftaten 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum dadurch von 58 auf 46 Straftaten reduziert worden.

"War im Jahr 2021 noch bei der Hälfte der Straftaten Alkohol mit im Spiel, war dies im Jahr 2022 nur bei einem Drittel der Straftaten der Fall", erklärt Ams. Rückgänge seien insbesondere im Bereich der sogenannten Rohheitsdelikte sowie Beleidigungen zu verzeichnen gewesen. "Zugleich ist festzustellen, dass diese Straftaten zu einem großen Anteil innerhalb der 'Szene' ohne Einbeziehung unbeteiligter Bürger beziehungsweise Passanten ausgetragen werden", so Ams.
Alkoholkonsum auf Werderplatz geht zurück
Auch in diesem Jahr seien, ohne die an Werktagen täglich stattfindenden Kontrollen des Kommunalen Ordnungsdienstes, bereits 43 gezielte Präsenz- und Kontrollmaßnahmen durchgeführt worden.
"Hierbei kam es bei 261 (Vorjahr 924) Personen- und 16 (Vorjahr 73) Fahrzeugkontrollen zur Feststellung von 21 (Vorjahr 20) Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und 43 (Vorjahr 58) Verstößen gegen das städtische Alkoholkonsumverbot", erläutert Ams die derzeitige Lage auf dem Werderplatz.

Durch die wiederkehrende Präsenz könne der Alkoholkonsum auf dem Werderplatz zwar reduziert werden, allerdings werde der Alkohol in der Folge dann in der näheren wie auch weiteren Umgebung getrunken.
Insgesamt seien nach dem Polizeigesetz Baden-Württemberg 67 Platzverweise - im Vorjahr waren es 166 - für den Werderplatz erteilt worden. Zudem seien sieben Gewahrsamnahmen durchgeführt worden.
Keine Wildpinkler am Werderplatz
Was oben reinkommt, muss irgendwann auch wieder unten raus, heißt es in einem Sprichwort. Doch eigentlich sollte dafür eine Toilette aufgesucht werden. In der Südstadt ist es allerdings häufiger der öffentliche Raum, der für die Notdurft genutzt wird.
"In 2023 wurden im Bereich der Karlsruher Südstadt von uns hierzu bisher drei Ordnungswidrigkeiten festgestellt und zur Anzeige gebracht, jedoch keine im Bereich des Werderplatzes", so Ams. Das Urinieren in der Öffentlichkeit sei laut Ams aber auch am Werderplatz trotz vorhandenen kostenfreien Toilettenanlagen nicht auszuschließen.
Polizei hat den Werderplatz nach wie vor im Blick
Trotz des Rückgangs des Alkoholkonsums sowie der vergleichsweise geringen Anzahl von Wildpinklern, werde der Werderplatz auch weiterhin bei der Durchführung von Streifentätigkeiten mit eingebunden, so der Polizeidirektor weiter.

So führe das Polizeirevier Karlsruhe-Südweststadt auch in diesem Jahr seit dem 27. März entsprechende Präsenz- und Kontrollmaßnahmen durch.
Unterstützung durch Polizeireiterstaffel
"In diesem Jahr werden wir bei diesen Maßnahmen erstmalig auch durch Einsatzkräfte der Polizeireiterstaffel des Polizeipräsidiums unterstützt", teilt Ams mit. Diese Maßnahmen sollen laut Ams dazu führen, die Anzahl der auf dem Werderplatz begangenen Straftaten weiter zu reduzieren und das Sicherheitsgefühl der Bürger sowie Anwohner weiter zu stärken.

Exhibitionistische Handlunge hätten die Einsatzkräfte dabei übrigens weder in 2022 noch in diesem Jahr vor Ort festgestellt. Auch habe es keine entsprechenden Hinweise auf solche Handlunge durch die Bevölkerung gegeben.
Werderplatz ist Magnet für unterschiedlichstes Klientel
Grundsätzlich sei der Werderplatz einfach ein Ort, an dem unterschiedlichste Personengruppen aufeinandertreffen. Einen Grund dafür sieht Ams in der verkehrsgünstigen Lage und Innenstadtnähe des Platzes.
Daraus resultiere, dass der Werderplatz eine Anlaufadresse für "vielerlei Klientel; vom Anrainer, Feinkostschmecker, großstädtischer Subkultur bis hin zu gut bürgerlichem Publikum, aber auch von alkohol- und drogenkranken Personen" sei, so Ams.

"Die Tatsache, dass sich in Gehweite die Einrichtung des ersten Drogenkonsumraums Baden-Württemberg und dem 'get In' in der Kriegsstraße 76, sowie die Substitutionspraxis in der Werderstraße 11 und dem Alkohol akzeptierenden Aufenthaltsraum A hoch drei in der Ettlinger Straße 21 befinden, begünstigt zudem die Anziehungskraft für diesen Personenkreis", meint Ams.
Gleichwohl sei festzustellen, dass sich viele dieser Personen mit dem Beginn des Alkoholkonsumverbots ab 11 Uhr regelmäßig in das A hoch drei zurückziehen, um dort weiterhin Alkohol trinken zu können, was sich entlastend auf die Verhältnisse vor Ort auswirke.
Negative Verhaltensweisen nicht komplett verhinderbar
Letztendendes sei es allerdings so, "dass die allgemeine Handlungsfreiheit nach Artikel 2 des Grundgesetzes es jedem innerhalb gewisser rechtlicher Grenzen ermöglicht, sich dort aufhalten zu können, wo er oder sie es gerne möchte und dort auch tun zu können, was er oder sie gerne möchte", erklärt Ams. Durch einen staatlichen Kontrolldruck ließe sich ein durch Sucht bedingtes Fehlverhalten zwar örtlich und zeitlich eindämmen, allerdings nicht gänzlich verhindern oder gar final lösen.
"Insofern wird es, egal in welcher größeren Kommune, im öffentlichen Raum immer wieder Treffpunkte der 'Trinkerszene' mit den einhergehenden Begleiterscheinungen geben", ist sich Ams sicher. Die Polizei käme dabei in aller Regel erst am Ende einer längeren suchtbedingten Entwicklung des betreffenden Personenkreises als sozusagen 'letztes Glied mit ins Spiel' ", so Ams weiter.
Vorab sind es häufig Suchtpräventionsstellen und soziale Einrichtungen, die Betroffenen "unter die Arme" greifen. In Karlsruhe tut dies unter anderem das diakonische Werk. Auch dort hat ka-news.de nach einer Einschätzung der Lage auf dem Werderplatz gefragt und sich erkundigt, was der Wohlfahrtsverband genau tut, um den Betroffenen Unterstützung zu geben.
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