"Das nervige Thema wird immer schlimmer und die Stadt ignoriert es - die Situation am Werderplatz eskaliert zusehends", so der ka-Reporter in einer Mail an die Redaktion. Die Polizei Karlsruhe liefert indes Zahlen, die belegen, dass unter anderem der Alkoholkonsum am Werderplatz zurückgeht. 

Diakonie am Werderplatz

Ein Grund dafür könnte die Arbeit des Diakonischen Werks sein. Seit geraumer Zeit greift der Wohlfahrtsverband Betroffenen unter die Arme. So betreibt die kirchliche Organisation unter anderem am Werderplatz in Karlsruhe den "Alkoholakzeptierenden Aufenthaltsraum" - kurz "A hoch drei". Dieser soll Menschen, die Hilfe benötigen, eine Anlaufstelle bieten und eine Perspektive zur aktiven Gestaltung ihres Alltags geben.

Werderplatz Karlsruhe
Bild: Elena Sausen

"Derzeit wird der A hoch drei täglich von 30 bis 50 Personen aufgesucht", teilt Luise Winter, Pressesprecherin des diakonischen Werks Karlsruhe auf Anfrage der Redaktion mit.  Das Klientel sei im Schnitt 45 Jahre alt. Drei Viertel davon seien männlich, ein Viertel weiblich. "Sie sind häufig obdachlos, schlafen auf der Straße, oder leben in einer Unterbringung der Stadt Karlsruhe, da sie keinen eigenen Wohnraum haben", erläutert Winter die Situation der Menschen vor Ort.

Anstieg psychisch erkrankter Menschen auch am Werderplatz sichtbar

Der Konsum von Alkohol und Drogen sei dabei, nach Beobachtungen der Diakonie, weder mehr noch weniger geworden. "Jedoch stellen wir in den letzten Jahren einen massiven Anstieg an psychisch erkrankten Menschen fest, die sich unter anderem am Wederplatz aufhalten", sagt Winter.

Ein Schild mit der Auflistung von Dingen, die am Werderplatz erwünscht sind, hängt zu Füßen des Indianerbrunnen.
Ein Schild mit der Auflistung von Dingen, die am Werderplatz erwünscht sind, hängt zu Füßen des Indianerbrunnen. | Bild: Elena Sausen

Diese Menschen würden keinen Alkohol oder Drogen konsumieren, seien jedoch trotzdem auffällig. "Es handelt sich bei den Menschen am Werderplatz nicht um eine homogene Gruppe, die alle dieselben Probleme haben", gibt Winter zu bedenken.

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So verlaufe die Lage auf dem Werderplatz wie schon seit Jahren zyklisch und hänge unter anderem von der Jahreszeit und Wetterlage ab. Entsprechend befänden sich die Menschen in von verschiedenen Faktoren abhängigen Notlagen.

"Grundsätzlich hat sich seit Beginn der Pandemie und durch die Inflation die Lebenssituation von Obdachlosen, Wohnungslosen, Suchtkranken und Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, deutlich verschlechtert", sagt Winter.

Weniger Konflikte durch Unterstützung 

Das diakonische Werk Karlsruhe setze sich daher mit seinen verschiedenen Abteilungen der Sozialen Arbeit dafür ein, die Lebenssituationen der Menschen am Werderplatz zu verbessern und ihnen die Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen, ohne dabei restriktiv zu arbeiten.

Werderplatz Karlsruhe
Bild: Elena Sausen

"Diese Bemühungen führen natürlich auch dazu, dass weniger Konflikte am Platz entstehen, weil die Menschen Unterstützung erhalten. Kurz gesagt: Das Diakonische Werk Karlsruhe verbessert durch Beratung, Aufklärung, Vernetzung und Kooperation die Gesamtsituation für alle Beteiligten", so Winter.

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Nach Meinung des Diakonischen Werkes hätten außerdem "verschiedene Akteure, wie die Stadt Karlsruhe, die Polizei, der Kommunale Ordnungsdienst, die Johanniskirche um Pfarrerin Lara Pflaumbaum und viele andere soziale Träger der Sucht- und Obdachlosenhilfe in den letzten Jahren sehr große Erfolge erzielt", so Winter weiter.

Die Johanniskirche am Werderplatz hat ihre Türen weit geöffnet. Das Café Dia, welches sich im Inneren befindet, bietet Kaffee, Kuchen ...
Die Johanniskirche am Werderplatz hat ihre Türen weit geöffnet. Das Café Dia, welches sich im Inneren befindet, bietet Kaffee, Kuchen und geistliche Impulse. | Bild: Elena Sausen

Unter anderem hätte die Eröffnung des ersten Drogenkonsumraumes, sowie die Eröffnung des A hoch 3 und das Alkoholverbot viele wertvolle Kooperationen geschaffen, die den Platz aufwerten und einen Begegnungsraum schaffen. "All diese Maßnahmen bestehen erst seit wenigen Jahren und müssen deshalb weiterhin die Möglichkeit haben, angepasst und weitergeführt zu werden", erklärt Winter weiter.

Weitere Überlegungen und Maßnahmenvorschläge 

Koordinierendes Gremium ist dabei die Arbeitsgruppe (AG) Werderplatz. In dieser sind alle maßgeblichen Beteiligten - Polizei, Bürgergesellschaft, soziale Träger und Gewerbetreibende - vertreten.

Um die Entwicklung auf dem Werderplatz auch weiterhin zu verbessern, hat die AG die nachfolgenden Maßnahmen thematisiert. Wie die Stadt auf Anfrage der Redaktion mitteilt, seien einige davon bereits in der Umsetzung, bei anderen stünde eine Umsetzung oder vertiefende Prüfung noch aus.

Die Silhouette eines Alkohol trinkenden Mannes. (Symbolbild)
Die Silhouette eines Alkohol trinkenden Mannes. (Symbolbild) | Bild: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa

Verlängerung des Alkoholkonsumverbot auf dem Werderplatz: Dieses ist gemäß Paragraf fünf der betreffenden Polizeiverordnung der Stadt Karlsruhe bis zum 31. Oktober 2023 befristet. Die Beschränkung ist laut Stadt nach Paragraf 18 des Polizeigesetz Baden-Württemberg vorgeschrieben.

Für die Verlängerung des Verbots bedarf es unter anderem den Nachweis alkoholbedingter Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Die entsprechende Evaluierung werde nach Ende des aktuell geltenden Zeitraumes für das Alkoholkonsumverbot am Werderplatz durchgeführt. Sofern das Alkoholkonsumverbot verlängert werden kann, wird dieses im Anfang nächsten Jahres dem Gemeinderat zum Erlass vorgelegt, so die Stadt in einer Mail an die Redaktion. 

Optimierung der Toilettenanlage: Eine im Hinblick auf Lesbarkeit und Verständlichkeit optimierte Beschilderung der Toilette sowie der Signalsteuerung der Toilette am Indianerbrunnen, soll Vandalismus entgegenwirken. 

Instandsetzung des Bodens: Durch die Sanierung größerer Schadensstellen des Bodenbelags des Werderplatzes, konnte die Verkehrssicherheit laut Stadt bereits wieder hergestellt werden.

Der Indianerbrunnen am Karlsruher Werderplatz.
Der Indianerbrunnen am Karlsruher Werderplatz. | Bild: Elena Sausen

Überlegungen zur Belebung des Werderplatzes: Laut Stadt erfolgten bereits Gespräche zwischen Kulturamt und Bürgergesellschaft. Handfeste Ergebnisse seien aber noch keine erzielt, so die Stadt gegenüber der Redaktion.

Gespräch zwischen Jobcenter und Stadtverwaltung: Gegen einzelne Szeneangehörige wurden laut Stadt zahlreiche Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, wodurch sich sehr hohe Geldbußen summiert haben sollen. Diese würden unter Umständen dazu führen, dass die Betroffenen in Ersatzhaft kommen.

Das Karlsruher Jobcenter
Das Karlsruher Jobcenter | Bild: Andreas Gebert

"Dieser Umstand ist der Gesamtsituation abträglich. Hier gibt es Überlegungen, wie den Betroffenen Arbeit vermittelt werden kann und die Bußgelder bezahlt werden können", so das Ordnungsamt der Stadt in seiner Mail an die Redaktion weiter.

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Weitere Sitzmöglichkeiten: Durch die Einrichtung weiterer, räumlich auseinanderliegender Sitzmöglichkeiten soll die Situation auf dem Werderplatz weiter entspannt werden und eine Alternative zum bisher größtenteils genutzten Indianerbrunnen gegeben werden. Außerdem sollen zusätzliche Abfallbehältnisse aufgestellt und Graffiti-Schmierereien entfernt werden.