Peter Putzing

Das Zauberwort bei Philip Heise? Balance! Balance zwischen Mut und Übermut. Balance zwischen Risiko und Sicherheit. Und, so formuliert es KSC-Cheftrainer Christian Eichner: "Bei Pippo kommt es auf eine gute Balance zwischen Offensive und Defensive an, vor dem Hintergrund seiner Position.“

Vorne hui, hinten pfui?

"Pippo", so rufen ihn alle im Wildpark, ist Linksverteidiger, agiert aber oft als - Linksaußen. Links in der Kette verteidigte auch Eichner zu seiner aktiven Zeit, sehr erfolgreich in der 1. und 2. Bundesliga. Doch während Eichner die Defensivarbeit im Fokus hatte, richtet "Pippo" den Blick lieber nach vorne, schießt gerne, schlägt flanken - sorgt vorne lieber für Unruhe, anstatt den Gegner am Schuss zu hindern.

Philip Heise (KSC 16) im Zweikampf mit Marvin Wanitzek (KSC 10)
Philip Heise (KSC 16) im Zweikampf mit Marvin Wanitzek (KSC 10) | Bild: Carmele | TMC-Fotografie

Ein gutes Beispiel: Das Spiel des KSC gegen Hansa Rostock. Bei der ersten Chance der Rostocker zu Beginn  - ein Schuss von Sebastien Thill - agierte Heise sehr zögerlich und ließ Thill unbedrängt auf das Tor schießen. Der Ball strich nur knapp am KSC-Gehäuse vorbei. Ahnlich verhielt sich Heise beim ersten Gegentreffer gegen den SV Sandhausen. 

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Anderseits sind da seine Offensivaktionen. Gegen Rostock zeigte der 31-Jährige was er für eine linke Klebe hat. Dem traumhaften 1:0 folgte nur wenig später ein weiterer toller Distanzknaller ans Lattenkreuz. 

"Ich versuche vieles"

Die fehlende Balance führt hin und wieder zu Diskussionen zwischen Cheftrainer und dem Außenverteidiger, dem "Chef-Vorbereiter", denn Heise brachte es vergangene Saison auf stolze zehn Assists. Heise ist ein ehrlicher und offener Typ mit rheinischem Naturell. Er nimmt kein Blatt vor den Mund, Diplomatie ist für den gebürtigen NRW'ler" kein Gesetz. Auf dem Feld ist der stolze, mehrfache Vater risikofreudig.

Philip Heise (KSC 16) am Ball im Zweikampf
Philip Heise (KSC 16) am Ball im Zweikampf | Bild: Carmele/TMC-Fotografie

Das kann in der Teamdefensive bisweilen zu Problemen führen. "Ich versuche vieles, traue mich vieles." Eichner nimmt das - wenn auch hin und wieder schweren Herzens - hin. Weil das Positive überwiegt. 

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"Pippo Ist ein begnadeter Fußballer, mit seinem super linken Fuß. Er ist einer der besten in unserem Kader", so Eichner, der hinzufügt: "Er fühlt sich hier pudelwohl. Wir sind sehr froh, dass er bei uns ist. Ich hoffe, dass er die Verfassung der letzten Wochen konserviert und immer wieder abrufen kann."

"Pippo" eigentlich jemand für das Oberhaus?

Heise würde dem KSC "im Gesamtpaket einfach sehr, sehr guttun. Mit seiner Erfahrung, mit seiner Ruhe am Ball", findet Eichner. Über eines sind sich die meisten Fußballfachleute einig. "Pippo" Heise hat außergewöhnliche fußballerische Qualitäten.

Philip Heise: Ausgeliehen von Norwich City bis 30. Juni 2021 - Position: Außenverteidigung
Philip Heise: Ausgeliehen von Norwich City bis 30. Juni 2021 - Position: Außenverteidigung | Bild: Carmele | TMC-Fotografie

Eigentlich müsste der inzwischen 31 Jahre alte Linksverteidiger mehr als fünf Erstligaeinsätze vorweisen können. Der Mann mit dem Hammer im linken Fuß, der schnelle Techniker, der butterweiche aber auch knallharte Flanken schlagen kann, hatte Pech bei seiner Clubauswahl, liebte bisweilen das Risiko zu sehr und brachte phasenweise keine Konstanz in seine klasse Auftritte.

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In Paderborn als der KSC eine Klatsche kassierte, spielte er einen fatalen Rückpass auf Keeper Kai Eisele. Gefährlich? Ja. Überflüssig in dieser Phase und dieser Form? Ja! Aber: Es war nicht unmöglich, das Zuspiel von Heise zu verarbeiten. Dennoch: Es war ein Risikopass "Marke Pippo", er bekam die Prügel.

"Ich bin nicht so torgefährlich"

Ihm wurde eine große Mitverantwortung für die Führung der Gastgeber zugeschoben, auch daran, dass die KSC-Elf auseinanderbrach, der KSC-Chaosauftritt seinen Lauf nahm. Der Linksfuß ist ein toller Techniker, der aber oft die schwierigere und meist gefährliche Lösung wählt, auch um zu zeigen welches Potenzial er hat, welch fußballerische Klasse, ohne das eigene Tor schnörkellos zu schützen.

Philip Heise (KSC 16) am Ball.
Philip Heise (KSC 16) am Ball. | Bild: Carmele/TMC-Fotografie

Apropos Tor. Gegen Rostock erzielte er den sehenswerten Treffer zum 1:0. "Ich bin nicht so torgefährlich. Vergangene Saison habe ich oft geschossen, aber nicht einmal das Tor getroffen. Es war Zeit, dass ich ein Tor mache", sagt er - selbstkritisch und mit leichtem Schmunzeln. Aber über den Sieg gegen Hansa Rostock freue er sich mehr, als über seinen Treffer.

Der nächste Sieg gegen Hamburg?

Heise blickt der Partie beim HSV mit Zuversicht entgegen. "Diese Liga ist verrückt. Da kann jeder jeden schlagen. Wir jeden - aber jeder auch uns. Die letzten Wochen liefs bei uns gut. Wir wollen so weitermachen - Woche für Woche."

Philip Heise (KSC 16) spielt mit dem Ball.
Philip Heise (KSC 16) spielt mit dem Ball. | Bild: Carmele/TMC-Fotografie

Grundlegend für den Dreier gegen Rostock seien gewesen: "Die Geduld beim Spielaufbau, die Absicherung nach hinten waren für diesen Erfolg ausschlaggebend. Wir wollten uns nicht auskontern lassen."

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All das müsse man bei den Rothosen erneut zeigen. Er werde, wie bisher, wieder alles raushauen. Und das war - beeindruckend: 124 Sprints, mit bis zu 32.31 km/h. Dazu 366 intensive Läufe. Und: 59,3 Kilometer Laufdistanz. Damit Ist Heise unter allen Zweitligaprofis ganz, ganz vorne mit dabei.