Haben KSC-Präsident Holger Siegmund-Schultze, Geschäftsführer Michael Becker und fünf weitere Privatpersonen aus dem Mitgliederrat des Vereins und des Fan-Dachverbandes mit ihren Aussagen dem ehemaligen Vizepräsidenten Martin Müller geschadet? Dieser Frage sollte am Donnerstag, 27. Februar, vor dem Karlsruher Landgericht nachgegangen werden.

Was wirft Martin Müller den Beklagten vor?
Martin Müller wirft den Beklagten vor, ihm durch öffentliche Aussagen geschadet zu haben, insbesondere im Vorfeld seiner Abwahl als KSC-Vizepräsident. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien nie belegt worden und hätten seine berufliche Existenz beeinträchtigt. Müller strebt eine Unterlassungserklärung an, um zu verhindern, dass diese Anschuldigungen künftig wiederholt werden. Konkret geht es ihm um Aussagen:

- Er habe das Vertrauen zwischen sich und dem Verein unterminiert, was zu seiner Abwahl geführt habe.
- Er habe sein Amt nicht pflichtbewusst und ordnungsgemäß ausgeführt.
- Er habe vereinsinterne Informationen an die Presse weitergegeben.
Keine Heimat mehr beim KSC?
Die von Müller kritisierte Aussage der Beklagten, man könne mit ihm nicht mehr vertrauensvoll zusammenarbeiten, sieht Richter Wesche als juristisch "nicht zu beanstanden" an. Denn der Verein und Müller hätten ihre Zusammenarbeit bereits medienwirksam beendet. Daher sei seiner Einschätzung nach der KSC-Geschäftsführer "aus dem Schneider".

Dieser habe in seinen Aussagen zur Abwahl von Martin Müller lediglich das zerrüttete Vertrauensverhältnis moniert, nicht aber Schuldzuweisungen oder mögliche Ursachen angeführt – ein wichtiger Unterschied in der juristischen Bewertung.

Müller und die Medien: "Da ist Musik drin"
Anders verhält es sich bei den Aussagen der übrigen Beklagten. Diese haben Müller öffentlich vorgeworfen, vereinsinterne Informationen an die Presse weitergegeben zu haben. Hier sieht der Richter durchaus das Potenzial der Diffamierung: "Hier ist Musik drin", erklärt Wesche von der Richterbank.

Solche Aussagen könnten tatsächlich, sofern sie sich nicht belegen ließen, juristische Konsequenzen nach sich ziehen. "Man soll mir beweisen, an wen ich was wann durchsickern habe lassen", erklärt Müller vor Gericht. Diesen Beweis habe er von den Beklagten mehrfach eingefordert, eine Antwort sei jedoch ausgeblieben.
Streitschlichtung im Gerichtssaal
Doch um Beweise und Konsequenzen sollte es am 27. Februar noch nicht gehen. Beim Schlichtungstermin sollte eine Lösung gefunden werden, mit der beide Parteien leben können. "Wir sind hier doch alle erwachsen. Können wir uns nicht gütlich einigen?", erinnert Richter Wesche die streitenden Parteien mehrfach an das Ziel der Verhandlung.

Der Kompromiss soll in einer schriftlichen Vereinbarung festgehalten werden. Einen ersten Entwurf tippt Richter Wesche in einer kurzen Verhandlungspause und wirft ihn auf einen großen Bildschirm, sodass beide Parteien ihn lesen können.
Der Kompromissentwurf enthält folgende Punkte:
- Beide Parteien einigen sich darauf, die Umstände der Abwahl von Martin Müller nicht mehr öffentlich zu thematisieren.
- Die Beklagten verzichten darauf, ihre Vorwürfe, Martin Müller habe Interna des KSC an die Presse weitergegeben, zu wiederholen.
- Martin Müller verpflichtet sich, zukünftig seine Schweigepflicht hinsichtlich seiner Tätigkeiten als KSC-Vizepräsident einzuhalten.
- Beide Parteien verständigen sich darauf, dass die Ursachen für das Zerwürfnis in der Vergangenheit liegen und kein Grund besteht, den Konflikt weiterzuführen.
Holger Siegmund-Schultze lehnt ersten Entwurf ab
Nachdem der erste Kompromissvorschlag gelesen wurde, legt sich Schweigen über den Gerichtssaal. Ganz zufrieden scheinen die Beklagten mit dem Vorschlag des Richters nicht zu sein. Kopfschütteln und Stirnrunzeln machen sich breit. Michael Becker flüstert angeregt mit einem der Anwälte und schlägt die Hände vors Gesicht.

Nach einigen Minuten ergreift Holger Siegmund-Schultze das Wort: "Die Richtung ist zwar gut, aber mir stoßen einige Formulierungen sauer auf." So könne er der Vereinbarung in keinem Fall zustimmen.
Behindert das Schweigen über Müller die Arbeit im KSC-Präsidium?
Der KSC-Präsident befürchtet, dass die Vereinbarung ihm untersagen würde, bei zukünftigen Gesprächen mit Bewerbern oder Vereinsmitgliedern transparent zu antworten. "So könnte ich mein Amt als Präsident des KSC nicht ausführen", gibt Holger Siegmund-Schultze zu bedenken.

Eine Argumentation, die den Richter nicht überzeugt. "Eine solche Auflage ist doch nicht Teil des Entwurfs", mahnt Wesche. Des Weiteren habe er starke Zweifel, inwiefern ein Vorgang aus dem Jahr 2023 bei anstehenden Bewerbungsgesprächen noch relevant werden könnte: "Diese Situation erscheint mir doch etwas konstruiert. Das sollte einer gütlichen Einigung nicht im Wege stehen", mahnt der Richter.
Aufgeschoben, doch nicht aufgehoben: Wie es nun weitergeht
Nach den Reaktionen der Beklagten auf den ersten Entwurf der Vereinbarung drohte die Stimmung im Gerichtssaal kurz zu kippen. Richter Wesche erinnert die Parteien nochmals daran, weshalb sie sich auf einen Gütetermin vor dem Karlsruher Gericht geeinigt hatten: "Wenn hier keinerlei Kompromissbereitschaft besteht, frage ich mich, warum wir unsere Zeit verschwenden", zumal ein langwieriges Hauptverfahren für keine der Parteien von Vorteil wäre: "Da gäbe es keinen klaren Sieger", ruft der Richter den streitenden Parteien nochmals ins Gedächtnis.

Die klaren Worte des Vorsitzenden scheinen Wirkung gezeigt zu haben. Nach mehr als zweieinhalb Stunden Verhandlung einigen sich die Parteien auf eines: Sie brauchen für einen Kompromiss mehr Zeit. Diese räumt ihnen der Richter ein. Bis zum 31. März sollen die Parteien versuchen, eine gemeinsame Vereinbarung zu treffen.