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Karlsruhe: "Fakten statt Emotion": Warum die Polizei beim KSC-Derby die Reißleine zog

Karlsruhe

"Fakten statt Emotion": Warum die Polizei beim KSC-Derby die Reißleine zog

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    Polizeieinsatz am 4. Mai, KSC gegen Kaiserslautern.
    Polizeieinsatz am 4. Mai, KSC gegen Kaiserslautern. Foto: Thomas Riedel

    Das Südwestderby gilt als eine der spannendsten und stimmungsvollsten Partien im Spielplan der 2. Bundesliga. Doch am 4. Mai wurde das Aufeinandertreffen der Rivalen KSC und FCK von einem Polizeieinsatz überschattet.

    Auffällig: Die Darstellungen von Verein und Fans weichen stark von den Angaben der Polizei ab. Alle Statements von Polizei, Fan-Hilfe und dem KSC findet ihr in diesem Artikel zum Nachlesen.

    Sichtweise der KSC-Fans

    Der KSC und mehrere Augenzeugen, die ihre Erlebnisse mit ka-news.de teilten, beschreiben eine chaotische Situation im Eingangsbereich der Südtribüne. Polizeikräfte sollen Mitglieder der aktiven Fanszene mit einer Polizeikette daran gehindert haben, vom sogenannten "Materialeingang" auf die Südtribüne zu gelangen. Kurz danach soll die Situation eskaliert sein, wobei die Polizei auch Schlagstöcke einsetzte.

    Die KSC Fans feuern die Mannschaft an.
    Die KSC Fans feuern die Mannschaft an. Foto: Tim Carmele | TMC-Fotografie

    Wie werden solche Polizeieinsätze geplant?

    Um zu verstehen, wie es zur Eskalation kommen konnte, wollte ka-news.de von der Karlsruher Polizei wissen, wie solche Einsätze in der Regel geplant werden.

    Ein Polizeisprecher erklärt gegenüber der Redaktion, dass zunächst eine Risikoeinstufung vorgenommen wird. Nach dieser Einstufung richtet sich die Dimension des Polizeieinsatzes. Hier fließen nicht nur Erkenntnisse aus vergangenen Begegnungen ein, sondern auch das Verhalten der Gast- und Heimfans, die Zuschauerzahl, Anreisebedingungen sowie aktuelle politische Entwicklungen.

    An diesem Prozess seien neben der Polizei auch das Ordnungs- und Bürgeramt sowie der KSC als Veranstalter beteiligt.

    Welche Rolle spielt der KSC hierbei?

    Eine zentrale Rolle in der Kommunikation zwischen Einsatzkräften, Fans und Verein kommt dem Sicherheitsbeauftragten des KSC zu. Er fungiert als Schnittstelle und Vermittler zwischen Polizei, Fans und Ordnungsdienst – sowohl vor als auch während eines Einsatzes.

    Das Spiel zwischen dem KSC und Kaiserslautern ist ein Hochrisikospiel. Die Polizei zeigt entsprechende Präsenz.
    Das Spiel zwischen dem KSC und Kaiserslautern ist ein Hochrisikospiel. Die Polizei zeigt entsprechende Präsenz. Foto: Thomas Riedel

    Er steht in konstantem Austausch mit den Einsatzkräften. Eine Stunde vor Anpfiff und in der Halbzeitpause finden sogenannte "Kurvengespräche" statt, bei denen sicherheitsrelevante Erkenntnisse und Beobachtungen besprochen werden. Ziel ist es, daraus geeignete Maßnahmen ableiten zu können, erklärt die Polizei.

    Die Position des Sicherheitsbeauftragten ist laut DFB-Statuten für alle Klubs im Profifußball verpflichtend. Sowohl das Lizenzierungsverfahren der DFL als auch der Spielbetrieb im DFB ab der Regionalliga erfordern diese Rolle.

    Geplante Choreografie "Chaos Intro" ließ Polizei hellhörig werden

    Sowohl KSC-Fans als auch FCK-Fans nutzen das Derby häufig für aufwendige Choreografien– so auch am 4. Mai. Unter dem Titel "Chaos Intro" meldete die aktive Fanszene des KSC eine umfangreiche Choreografie bei Verein und Polizei an.

    Aufgrund der Erfahrungen aus vergangenen Begegnungen und der sportlichen Brisanz – beide Teams hatten rechnerisch noch Chancen auf den Aufstieg in die 1. Bundesliga – befürchtete die Polizei, dass möglicherweise nicht angemeldete Pyrotechnik zum Einsatz kommen könnte.

    Welchen Einfluss hatten die "Pyro-Prozesse" auf den Polizeieinsatz?

    Ausschlaggebend für die verschärften Maßnahmen war insbesondere der wiederholte Einsatz von Pyrotechnik durch Heimfans auf der Südtribüne seit Ende 2022. Trotz verbesserter Einlasskontrollen gelangten immer wieder größere Mengen Pyrotechnik ins Stadion. 

    Diese Choreografie 2022 löste die Karlsruher "Pyro-Prozesse" aus.
    Diese Choreografie 2022 löste die Karlsruher "Pyro-Prozesse" aus. Foto: Uli Deck/dpa

    Die Polizei überwacht deshalb bei brisanten Spielen – wie dem Derby – die Eingangskontrollen besonders intensiv und meldet Auffälligkeiten dem Veranstalter. Diese Meldungen blieben laut Polizei am 4. Mai jedoch folgenlos – was den Einsatz auslöste.

    Wie konnten FCK-Fans Pyrotechnik in den Gästebereich bringen?

    Die angemeldete Choreografie der KSC-Fans wurde aus Protest gegen den Polizeieinsatz kurzfristig abgesagt. Zum Ärger vieler KSC-Fans zeigten die mitgereisten FCK-Anhänger dennoch eine eigene Choreografie im Gästeblock – inklusive Pyrotechnik. Ka-news.de fragte daher bei der Polizei nach, ob im Gästebereich weniger streng kontrolliert wurde.

    Lediglich die Fans des FCK zeigten ihre Choreografie. Aus Protest gegen den Polizeieinsatz ließen die KSC-Anhänger die von ihnen einstudierte Aktion ausfallen.
    Lediglich die Fans des FCK zeigten ihre Choreografie. Aus Protest gegen den Polizeieinsatz ließen die KSC-Anhänger die von ihnen einstudierte Aktion ausfallen. Foto: Michaela Anderer

    Diese Bedenken weist die Polizei zurück. "Auch im Gästebereich wurde die Einlasssituation von uniformierten Beamten überwacht", erklärte ein Sprecher. Anders als bei der Südtribüne hätten die Kontrollen des Sicherheitsdienstes bei den FCK-Fans keinen Anlass für ein polizeiliches Eingreifen gegeben. Wie genau die 15 abgebrannten Bengalos ins Stadion gelangten, könne man nicht sagen.

    Wie wird der Polizeieinsatz nun aufgearbeitet?

    Der KSC kritisierte den Polizeieinsatz scharf und forderte noch am Abend des 4. Mai eine Aufarbeitung der Ereignisse. Laut Polizei sei man im Präsidium von der schnellen Stellungnahme des Vereins überrascht worden. "In der Regel erfolgt eine gemeinsame Nachbereitung", erläutert ein Polizeisprecher gegenüber ka-news.de.

    Bei stark abweichenden Einschätzungen wird das verfügbare Videomaterial ausgewertet und anschließend in einem weiteren Gespräch analysiert. Ein entsprechender Gesprächstermin mit dem KSC sei mittlerweile vereinbart worden. Auch die interne Aufarbeitung des Einsatzes läuft inzwischen. Wie das genau abläuft, möchte die Polizei nicht erläutern.

    Polizei warnt vor öffentlicher Vorverurteilung

    Der Kritik und der in sozialen Medien teils emotional geführten Diskussion über den Polizeieinsatz begegnet die Behörde "mit gebotener Zurückhaltung". Man stehe für eine faktenbasierte, professionelle Aufarbeitung.

    Das Spiel zwischen dem KSC und Kaiserslautern ist ein Hochrisikospiel. Die Polizei zeigt entsprechende Präsenz.
    Das Spiel zwischen dem KSC und Kaiserslautern ist ein Hochrisikospiel. Die Polizei zeigt entsprechende Präsenz. Foto: Thomas Riedel

    Ein Sprecher warnte gegenüber ka-news.de: "Vorverurteilungen in der Öffentlichkeit können das Vertrauen in die Einsatzkräfte beeinträchtigen – insbesondere, wenn sie auf unvollständigen Informationen oder emotional zugespitzten Darstellungen beruhen. Sie erschweren nicht nur die sachliche Aufklärung, sondern gefährden mitunter auch die Integrität des rechtsstaatlichen Verfahrens."

    Schadet der 4. Mai der Beziehung zwischen Fans und Polizei?

    Gerade das Verhältnis zwischen der aktiven Fanszene und der Polizei sei von "Zurückhaltung bis hin zu Ablehnung" geprägt, so ein Polizeisprecher. Das sei nach dem Einsatz nochmal deutlich geworden.

    "Die Fanszene lehnt die Anwesenheit uniformierter Kräfte im Stadion als Eingriff in ihren Autoritätsbereich ab", so die Polizei. Das äußere sich etwa durch Spruchbänder im Stadion oder Beiträge in sozialen Medien. Dennoch bleibe es Aufgabe der Polizei, die Sicherheit aller Besucher zu gewährleisten.

    Wie geht es nun weiter?

    Eigentlich gibt es mit dem Fanprojekt Karlsruhe eine Stelle, die bei Konflikten zwischen Polizei und Fans vermitteln soll. Doch nach der Verurteilung dreier Sozialarbeiter im Rahmen der "Pyro-Prozesse" stellte das Fanprojekt die Zusammenarbeit mit der Polizei ein.

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    Foto: Marius Fritz

    Wie ein Polizeisprecher mitteilte, führt man seit Herbst 2024 Gespräche mit dem Fanprojekt, um auszuloten, unter welchen Bedingungen eine Kooperation wieder aufgenommen werden könnte.

    Juristische Konsequenzen gegen einzelne Beamte, die am Einsatz beteiligt waren, seien derzeit unwahrscheinlich. Auf die Frage, ob Anzeigen gegen Polizisten vorliegen, antwortete die Polizei: "Stand 9. Mai haben sich keine Verletzten bzw. Geschädigten bei der Polizei gemeldet."

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