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Karlsruhe: So geht Stadtslogan richtig: Kommunal-Experte klärt Karlsruhe auf

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So geht Stadtslogan richtig: Kommunal-Experte klärt Karlsruhe auf

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    Wolfgang Grubwinkler ist Experte für die Entwicklung von Kommunen.
    Wolfgang Grubwinkler ist Experte für die Entwicklung von Kommunen. Foto: Identität&Image Coaching AG

    Herr Grubwinkler, welche Anforderungen sollte ein Stadtslogan erfüllen?

    Grundsätzlich muss man zwischen "Slogan" und "Claim" unterscheiden. Ein Claim ist eine Kompetenzaussage - hier wird der Markenkern auf den Punkt gebracht. Er verkörpert die "Corporate Identity" einer Stadt - also die Frage, was macht das Produkt oder in diesem Falle eine Stadt aus? "Audi - Vorsprung durch Technik" ist beispielsweise ein klassischer Claim. Ein Slogan ist im Gegensatz dazu eine Werbeaussage, die sehr kurzfristig sein kann und sich hauptsächlich für den Vertrieb eignet, aber nicht um Kompetenz zu transportieren.

    Was meinen Sie mit "Kompetenz transportieren"?

    Nehmen wir den Slogan "Media Markt. Ich bin doch nicht blöd" - aus ihm lassen sich keine Rückschlüsse auf den Markenkern, die Corporate Identity, ziehen. Er kann das Unternehmensprogramm nicht transportieren. Als Stadt muss ich mir also zunächst überlegen: Wer will ich sein und wie will ich wahrgenommen werden? Was sind meine Stärken? Dabei gilt: Mut zur Lücke. Ein Claim darf nicht zu offen sein. Es gilt, Schnittmengen zusammenzuführen und den Rest wegzulassen - jedem Geschäftsfeld gerecht zu werden ist per se unmöglich. 

    Wenn ich eine Wirkung nach Außen erzielen will, muss ich mein Profil klar auf den Punkt bringen. Das ist mitunter der schwierigste Schritt an der Claimfindung und wird meistens Werbeagenturen überlassen, statt sich selbst Gedanken über die Identität zu machen. Ist man über die Identitätsfindung hinaus, folgt die einheitliche Kommunikation aller städtischen Stellen nach Innen und Außen - das beginnt bereits bei einem einheitlichen Briefpapier. Allerdings machen das nur wenige Städte wirklich konsequent.

    Was ist in Ihren Augen "baden in Ideen": Slogan oder Claim?

    Definitiv ein Slogan, denn durch die offene Formulierung wird hier keine klare Kompetenz transportiert. Aus diesem Grund wäre "baden in Ideen" auch ein Reinfall gewesen.

    Wie sieht es mit "Karlsruhe. viel vor. viel dahinter" aus?

    Dieser fällt wiederum unter Claim - ein recht cleverer sogar. Als Kompetenzaussage ist er gut und könnte funktionieren.

    Und wie?

    Er hat bereits eine klare Aussage: Viel vor! Diese gilt es nur mit Leben zu befüllen, indem man ein Zukunftsprogramm erstellt. Es muss eine konkrete Antwort auf die Frage erfolgen, was hat Karlsruhe vor? Was plant die Stadt für die nächsten zehn Jahre? Diese Planung muss belegt sein, das könnte beispielsweise mit einem Leitbild geschehen.

    Belegt werden müsste weiterhin die Aussage "viel dahinter": Hier gilt es zunächst die Stärken und Schwächen der Stadt zu ermitteln. Da wären wir wieder beim Markenkern: Karlsruhe muss sich über sein Leitbild klar werden, bevor es auf Claimsuche geht. Das ist eine große und komplexe Aufgabe.

    Jetzt einen konkreten Slogan für Karlsruhe zu entwickeln, wäre also falsch?

    Ja, das wäre, wie eine Tapete auszusuchen, bevor man das Haus gebaut hat. Doch oftmals passiert genau das: Die Verantwortlichen beauftragen eine Werbefirma mit der Ausarbeitung eines Slogans, ohne sich selbst darüber im Klaren zu sein, dass sie eigentlich einen Claim wollen.

    Sollten Bürger über den Claim abstimmen dürfen?

    Abstimmen ja - aber erst, wenn es zwei (oder mehr) konkret ausgearbeitete Alternativen gibt. Den Kreativprozess in der Bürgerschaft zu starten, wäre wie das Pferd vom Schwanz aufzuzäumen und nicht ergebnisorientiert. Wichtig ist vor allem, dass die Verantwortlichen zwischen Slogan und Claim differenzieren können - und sich für einen entscheiden. Auf einem Werbespruch (Slogan) ist kein Unternehmensprogramm aufbaubar. Zudem müssen sich die Verantwortlichen im Klaren sein, dass ein Slogan alle zwei Jahre erneuert werden sollte - das kostet Geld. Mit einem Claim bekommt die Stadt langfristig ein Profil nach Außen.

    Gibt es eine deutsche Stadt, die mit gutem Beispiel in Sachen Claim vorangeht?

    Ja, Wolfsburg war ein Paradebeispiel. Zehn Jahre lautete der Claim "Lust an Entdeckungen" - auf diese Weise haben sie ihr Unternehmungsprogramm festgeschrieben. Der Neubau des Science Centers war beispielsweise auf politischer Ebene als Investition durchzusetzen, weil die Kompetenzaussage "Lust an Entdeckungen" vorhanden war und sich mit der Aufgabe eines Science Centers deckt. Dieses ist schlussendlich ja nichts anderes als ein großes Experimentierfeld. Die Auswirkung eines guten Claims sollten nicht unterschätzt werden.

    Rein aus Interesse: Was verbinden Sie persönlich mit Karlsruhe - kurz, knapp und "kompetent"?

    Viele Kneipen, die Residenz des Rechts mit dem Sitz des Bundesverfassungsgerichts und Industriegebiete.

    Mal angenommen, Karlsruhe geht auf Claimsuche - was wäre Ihr Vorschlag?

    Ich verbinde Karlsruhe immer noch mit dem Bundesverfassungsgericht - "Residenz des Rechts" war ein guter Claim im klassischen Sinne. Die Herausforderung ist, ein Entwicklungsprogramm/Leitbild kommunikativ auf den Punkt zu bringen mit der zentralen Botschaft: dem Claim. Ich muss eine Handlungsanleitung aus der Botschaft ableiten können. Vertrauen vermittelt der Claim erst, wenn er auch gelebt wird. Aber dazu muss ich mir über meine Identität und mein Zukunftsprogramm politisch im Klaren sein.

    Karlsruhe wird zum 300. Stadtjubiläum keinen Slogan oder Claim haben - ein Fehler?

    Wenn Karlsruhe sich für einen Claim entscheidet, sollte die Stadt auch die Chance nutzen, den Markenkern über viele Kommunikationsmittel an viele Personen zu transportieren. Ein Ereignis wie den 300. Stadtgeburtstag nicht für die Kommunikation der "Marke Karlsruhe" zu nutzen, ist eine vertane Chance. Ein Jubiläum ist doch auch ein Blick nach vorn, ein Versprechen für die Zukunft.

    (Die Fragen stellte Corina Bohner)

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