In ungefähr fünf Wochen ist es so weit: Die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar startet. Im Eröffnungsspiel am 20. November trifft der Gastgeber auf Ecuador und eröffnet die erste Winter-WM der Geschichte.
Kritik an der FIFA und Katar
Von der typischen Vorfreude auf ein großes Turnier ist in diesem Jahr aber deutlich weniger zu spüren. Sowohl der Fußballweltverband (FIFA) wie auch Gastgeberland Katar stehen immer wieder in der Kritik.

Mögliche Korruption beim Vergabeprozess, Menschenrechtslage im Land, Arbeitsbedingungen beim Stadionbau, Vorwürfe von Sklaverei, klimatisierte Stadien und die Kälte des Winters in Deutschland trüben die Vorfreude. Auch ein Boykott der WM ist für viele Fußballfans eine ernsthafte Alternative.

Beispielsweise rufen die Supporters Karlsruhe, offizieller Dachverband der KSC-Fans, in einem Kommentar auf ihrer Website aktiv zum Boykott auf. Wie die "tagesschau" berichtet, entschlossen kürzlich mehrere französische Städte während der WM kein Public Viewing zu veranstalten.
Public Viewing in Karlsruhe?
Grund: die Menschenrechtslage in Katar. Ebenso berichten mehrere Medien, dass mehr und mehr Kneipen in der Düsseldorfer Altstadt das Turnier boykottieren beziehungsweise nicht zeigen wollen.

Und in Karlsruhe? In der Vergangenheit war das "Rudel-Gucken" in der Fächerstadt sehr beliebt, auch wenn von Seiten der Stadt kein offizieller Public-Viewing-Standort angeboten wurde.
Das Wildparkstadion oder die Postgalerie mutierten zu Hotspots für Fußballfans, die auch in unzählige Kneipen oder Gaststätten in der Innenstadt ausweichen konnten. Doch 2022 wird vieles anders.
"Es würde keinen Sinn machen"
"Es ist zu kalt und die Stimmung spricht aktuell eher gegen ein Public Viewing. Deshalb werden wir für diese WM kein Public Viewing im Wildpark organisieren. Es würde keinen Sinn machen", sagt Bernd Gnann. Er war in der Vergangenheit der Organisator für das Event im KSC-Stadion.

"Ich kann jeden verstehen, der die WM meidet und die Austragung nicht gut findet, auch deshalb wollen wir Katar nicht unbedingt unterstützen und ein Public Viewing, wenn niemand kommt, macht keinen Sinn", so Gnann im Gespräch mit ka-news.de.
Keine Public-Viewing-Events bei der Stadt Karlsruhe angemeldet
Hinzu komme die aktuelle (welt-) politische Lage. "In der aktuellen Situation mit Krieg und mit vielen Unternehmen, die ums Überleben kämpfen, wäre ein Public Viewing das falsche Signal", meint der Geschäftsführer von Baden TV und des Kammertheaters Karlsruhe.

So wie es aussieht müssen Fußballfans in Karlsruhe wohl komplett auf ein Public Viewing - zumindest im Freien vor einer großen Leinwand - verzichten.

Wie die Stadt Karlsruhe auf Anfrage von ka-news.de mitteilt, wurden bisher (Stand: Dienstag, 11. Oktober), keine Public-Viewing-Veranstaltungen auf öffentlichen Plätzen angemeldet. Die Stadt selbst plane generell keine solche Veranstaltung.
Gastronomen in Karlsruhe: Ja, aber...
Und die Gastronomen der Fächerstadt? "Wir haben nichts besonders geplant", verrät Rudi Vogel, Geschäftsführer der Vogel-Brauereien in Ettlingen, Durlach und Karlsruhe, gegenüber ka-news.de.

Zwar würde Vogel die WM-Spiele an allen drei Standorten zeigen, aber mit Sicherheit nicht alle und es soll auch keine Werbung dafür gemacht werden.

"Bei, uns läuft ja immer Fußball und wir haben keinen besonderen Aufwand. Die Deutschland-Spiele werden wir auf jeden Fall zeigen", so Vogel weiter. Den Streamingdienst der Telekom "Magenta TV", bei dem alle WM-Spiele laufen, will Vogel nicht erwerben.
Neben "Magenta TV" wird ein Großteil der Spiele - darunter alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft, die Halbfinals und das Finale - wie gewohnt bei ARD und ZDF zu sehen sein. 16 Spiele werden exklusiv bei "Magenta TV" gezeigt.
WM-Vergabe nach Katar "ein absolutes Unding"
Zwar sei für den Vogel-Geschäftsführer die Vergabe der WM in das Emirat "ein absolutes Unding"; ein Boykott würde aus seiner Sicht aber keinen Sinn machen.

"Im Fußball und bei der FIFA geht der Trend immer mehr zum Geld und wir können diese Entwicklung nicht aufhalten. Letztendlich entscheidet der Gast, ob er die WM sehen will oder nicht."
Vogel weiter: "Egal, wie wir uns entscheiden, ob wir es gar nicht oder komplett zeigen. Ein Teil unserer Kundschaft wird sich immer vor den Kopf gestoßen fühlen. Jeder entscheidet für sich selbst und ich möchte mich nicht zum obersten Richter aufschwingen."
Im La Cage kommt jedes WM-Spiel
Vogels Prognose für die WM: "Die Menschen werden erst verhalten sein und sollte Deutschland die ersten Spiele gewinnen, wird sich eine gewisse Euphorie entwickeln."

Ähnliche Worte wählt auch Djahangir Sherif, einer von zwei Geschäftsführern der Sportsbar "La Cage" in der Karlsruher Innenstadt. "Wir werden im Lokal jedes Spiel der WM zeigen, aber kein zusätzliches Investment oder extra Werbung für die WM machen", sagt Sheriff gegenüber ka-news.de.
"Können keinen Einfluss nehmen"
Auch für den La-Cage-Chef würde ein Boykott keinen Sinn ergeben. "Wir zeigen seit über 40 Jahren Fußball und sind dafür bekannt. Der Fußball ist unser Hauptgeschäft und nicht die Politik."

Auch Sherif sei der Meinung, dass die Vergabe der WM nach Katar ein Fehler gewesen ist, "aber wir können und konnten darauf keinen Einfluss nehmen", sagt er.
Zuschauerzahl vom Erfolg der Mannschaft abhängig
Ob und wie viele Zuschauer bei den Spielen vor dem Fernseher sitzen, hänge seiner Meinung nach enorm davon ab, wie gut oder schlecht die jeweilige Nationalmannschaft performe.
"Wenn Deutschland eine ähnliche Leistung bringt wie 2018, dann wird das Interesse sehr gering bleiben. Ähnlich wird auch bei den anderen Nationen sein, auch wenn viele ihr Land mehr anfeuern als die Deutschen."