Sie steht vor mir an der Kaufhauskasse, lange Haare, etwa 17 Jahre alt. Es ist wie bei einem Autounfall, ich komme nicht drum herum hinzusehen und festzustellen: Ihr Allerwertester erinnert an Fallobst - und nicht nur ihrer, denn ein Einzelfall ist sie nicht. Im Gegenteil, sie liegt voll im Trend: Durchsichtige Leggings statt Hose, das Top nur eine Quotensache, die nicht über die Hüftknochen reicht.
Tabu: Krautstampfer dürfen sich nicht wie Presswürste fühlen
Der schwarz-durchsichtige Stoff und der super enge Schnitt bietet mir einen Ausblick auf rot angelaufene Apfelbäckchen - in der Mitte getrennt von einer Naht, die droht, in den Streik zu treten. Hierbei sei gesagt: Handelte es sich bei einem Großteil der Leggings-Trägerschaft um derart junge Mädchen mit Apfelknackpo, sei an dem Phänomen zunächst nichts auszusetzen. Der Anblick wäre zwar für Hosenmenschen verstörend, aber durchaus sexy. Aber Hintern kennen viele Formen: Birnen, Pampelmusen, Melonen - so macht auch angeditschtes Fallobst vor dem zweckfremden Trend nicht Halt. Der modische Tabubereich beginnt, wenn sich die Krautstampfer wie Presswürste fühlen.
Im Laufe der Jahre schlich sich offenbar ein Schlendrian in die Leggings-Kombinatorik ein: Während früher besonders korpulentere Frauen in den Mitvierzigern auf Leggings plus wildbunte Knielang-Zelte, deren Muster sie "flott" fanden, setzten, gilt heute altersunabhängig die Kombi mit Bauchfrei-Tops als "hot". Zum blanken Hintern fehlt da nicht mehr viel - dabei wäre ein blanker Hintern vermutlich sogar schöner anzusehen als das Konstrukt von Rüschenslip, Nahtabdrücken und Feinstrumpfstoff. Ganz zu schweigen von "dem", was sich bei dem Anti-Hosen-Style "vorne" abzuzeichnen droht - die Leggings: Liebestöter für die Frau von heute.
So bleibt zu sagen: Leggings sind super, bequem und alternativ - allerdings wollen sie gut kombiniert werden und nicht als Ersatz für faul gewordene Hosenträgerinnen büßen. Sie wollen mit Würde und Eleganz getragen werden - ein fehl-kaschierter Po, dem seine Freizügigkeit womöglich selbst peinlich ist, landet somit im Abseits.
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