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Karlsruhe: Jute-Beutel und Hornbrille: "Hipster" heißt der neue Öko-Nerd

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Jute-Beutel und Hornbrille: "Hipster" heißt der neue Öko-Nerd

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    Das typische Hipster-Accessoir: Die Hornbrille.
    Das typische Hipster-Accessoir: Die Hornbrille. Foto: (Marie Wehrhahn; Model: Franziska Julius)

    Hipster - das sind die neuen Hopper, Emos, Punks, die neue Generation "anders sein". Ihr Style ist eine Mischung aus Vintage, Öko und Bling Bling und - leider leider - gar nicht mehr so "anders" wie einst. Mittlerweile haben zahlreiche Teen-Modeketten den Trend erkannt. Mittlerweile hängen in jedem zweiten Schaufenster Oversize-Pullis mit Katzenköpfen, bauchfreie Achsel-Tops und Halsketten mit einem Schnurbart-Anhänger. Heute laufe ich nicht einfach weiter - nein, heute bleibe ich stehen und schaue mir die Auslegeware sowie das Klientel mal genauer an. Will verstehen, wie man "modern anders" ist.

    Keep calm and Hakuna Matata

    Ich kaufe mir einen Schlabber-Pulli mit einem ominösen, bunten Dreieck darauf und kombiniere ihn mit einer "Galaxy"-Leggins und Plateau-Turnschuhen - solche, wie sie in den 90ern in waren. Meine Haare gleiche ich denen meiner Kabinennachbarin an: Ich wuschele sie einmal kräftig durch. Vielleicht ziehe ich trotz den tropischen Temperaturen noch eine schwarze Wollmütze auf. Mein Spiegelbild wirft mir einen arrogant-coolen Blick zu - jetzt fühle ich mich hip(ster)!

    Einkaufstaschen aus Baumwolle sind umweltschonend, nachhaltig und halten auch schweren Glasflaschen auf dem Heimweg vom Supermarkt Stand - und: man kann sie so schön bedrucken! Mit Sprüchen, die bestenfalls niemand versteht und somit ausdrücken, wie individuell ich bin. Nur blöd, dass das Mädchen mit dem Undercut auf der anderen Straßenseite, den gleichen Jute-Beutel mit sich herumträgt. Mist und zum Teufel mit "Keep calm and Hakuna Matata", so wie es in schwarzer Retro-Schrift auf meiner weißen Tragetasche prangt.

    Kaffee-Latte mit Sojamilch und Plateau-Schuhe

    In einem Szene-Café in einem Szene-Stadtteil bestelle ich mir einen Kaffee-Latte mit Sojamilch - ich bin mir nicht sicher ob ich wirklich vegan leben möchte, aber das ist schonmal ein Anfang. Mit meiner Retro-Polaroid schieße ich auf die Schnelle ein Bild von meinem Fairtrade-Kaffeebecher und dem abgeranzten Ohrensessel in der Ecke - eventuell werde ich das Sofortbild daheim mit meinem Smartphone abfotografieren und auf Facebook hochladen - passend dazu fällt mir bestimmt ein cooler Spruch ein. Beim Rausgehen winkt mir ein Gleichaltriger zu, der durch seinen Vollbart allerdings viel älter wirkt. Auf seinem Jutebeutel steht "Swaghetti Yolognese." Sein Blick sowie der Song einer Band namens Frittenbude verfolgt mich den Rest des Tages. Das Lied gefällt mir, der Soja-Kaffee schmeckt - nur in den Plateau-Schuhen knicke ich ständig um und finde das peinlich.

    "Mein Optiker hat mir erzählt, dass gerade total viele junge Kunden eine Hornbrille (auch "Nerdbrille") bei ihm bestellen - ohne Stärke, quasi als Atrappe", steckt mir meine Kollegin, als wir über das Phänomen "Hipster" sprechen. Ich wollte nie eine Brille, habe meine Mitschüler für ihre Sehbehinderung bemitleidet, weil ich mir vorstellte, dass das "Ding" auf der Nase doch nerven müsste. Gerade große Gestelle fand ich schlimm - die hatten doch nur Streber. Mitleid wollen die neuen Hornbrillen-Träger nicht. Wahrscheinlich wollen sie gerade das eigentlich Uncoole cool machen - quasi als Rächer der Alternativen, Einzelgänger - und Streber eben. So betrachtet, gefällt mir der Trend.

    Übrigens: Wer immer noch nicht weiß, was es mit Hipstern auf sich hat - die deutsche Band Krafklub beschreibt das Phänomen ganz treffend...

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