Wer kennt das nicht: So gemütlich liege ich Montagmorgens im Bett, eingemummelt in meiner Biberbettwäsche, den Zwitscherstimmen der Großstadtvögel lauschend - Ruckedigu, piep piep.
Zelt mit Kopfaussparung: Oversize ist in
Ringringringring - Schluss mit dem Schneewittchen-Schlaf: Der Wecker klingelt und ich bekomme Gänsehaut, beim Gedanken daran, die Frottee-Jogginghose gegen eine kalt-harte Jeans zu tauschen, die an den Beinen zwar schön eng ist, aber oberhalb der Hüftknochen keine Rücksicht auf verfeindetes Terrain nimmt. Und dann auch noch das enge weiße T-Shirt, das die Bauch-Speckfalte unschön in Szene setzt. Wunderbar - spätestens in der Mittagspause platzt mir entweder Knopf oder Kragen.
Da sitze ich nun, Luft anhaltend und mit Hohlkreuz im Schreibtischsessel, als mich meine stilbewusste Klappergestell-Freundin vom Feierabend abholt. "Bist du schwanger?", höre ich mich erstaunt fragen, weiß aber, dass besagte Freundin niemals ihren begehbaren Kleiderschrank gegen ein Kinderzimmer eintauschen würde. Was sie da trägt erinnert an Umstandsmode, designt für Leute ohne Umstände. Ihr Strickpulli hat viel zu lange Ärmel und sieht aus wie ein Sack mit Loch. Sie belehrt mich: "Oversize ist in!"
Ausflug in Mamas Kleiderschrank: Schlabberpullis wecken Kindheitserinnerungen
Ist es das? Das klingt interessant. Ich träume von Zeiten ohne Nahtabdruck in der Bauchfalte, von versteckten Problemzönchen und davon, amateur-selbstgestrickte Pullis ohne rechte Form außerhalb meines Sofas zu tragen. Ich mache definitiv nicht jeden Trend mit - Kroko-Handtaschen finde ich furchtbar, Russen-Pelze sowieso und von Sneaker-Wedges weiß ich nicht, was ich halten soll - aber wenn die Modegötter nun eine Patentlösung für kalte Wintertage und ungeliebte Körperteile anpreisen, bin ich mit von der Partie. Sogar die Laufsteg-Püppis tragen Zelte mit Kopfaussparung und verstecken dadurch ihre fehlenden Pfunde - der Barbara auf der heimischen Couch ganz nah.
Zu dick, zu klein, zu dürr, zu groß: Oversize - das ist ein Trend für jedermann. Selbst die schönste Figur geht unter dem Schlabberpulli flöten - aber das macht nichts, auch 90-60-90-Damen haben ein Kuschel-Bedürfnis und mummeln sich gern in viel zu großen Klamotten ein. Das weckt Kindheitserinnerungen: Wie super fanden wir es als Pimpf, Fasching in Mamas Kleiderschrank zu spielen - fühlten uns wie Große in den Kleidern, in die wir vier Mal hinein passten. Auch in den Klamottenkisten von Mr. Right wühlen wir gern herum - mit zu großen Hemden oder weiten Jeans lässt sich unser Tages-Outfit ganz leicht aufpimpen. Boyfriend-Style 2.0: Jetzt gibt's den Schlabberlook auch für Mädchen - Schluss mit dem Streit um das coole Karo-Hemd, frau hat ihre eigenen viel zu großen Oberteile.
Natürlich muss man auch bei dem tollsten Trend aufpassen: Die richtige Kombi ist alles. So macht sich zum Schlabberpulli beispielsweise eine enge Leggings - zum bodenlangen, weiten Rock wiederum ein schlichtes Top. Schließlich möchte man auch nicht aussehen, als hätte man sich lässig eine Gardine übergeworfen. Ansonsten bleibt der Oversize-Trend no-go-frei. Alles in allem also: Bauchfreier Sommer ist gestern - der Schlabber-Winter steht vor der Tür. Eine super Sache!
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