Suri Cruise ist eine waschechte Trendsetterin: Noch nicht mal in der Schule, trägt die Mini-Lady High-Heels, die nicht zum Laufen gedacht sind - auf dem Arm von Mama Katy geht's auf und ab über den städtischen Shopping-Catwalk.
Auch Victoria Beckham macht es vor: Das stets grimmige Ex-Spicegirl hat Spaß an Mode - da kommt es der vierfachen Mutter ganz recht, dass sie nicht nur ihren eigenen Kleiderschrank, sondern auch noch den ihrer Kinder füllen darf. Trendy statt Traktor spielen: Gerade die Beckham-Boys sind stylisch - so stylisch, dass mittlerweile schon Fotoshootings und Laufstegtraining auf dem Programm stehen.
Bewerbungsgespräch in der Grundschule
Anders bei Familie Müller aus der deutschen Provinz: Hier ist die Welt noch in Ordnung - fast zumindest. Aus den kleinen Lieben soll mal etwas werden - mit einer Latzhose und Schokoflecken im Gesicht kommen sie nicht weit. Das Vorbild Posh fest vor Augen, werden die Kids in Kleider mit französischen Bezeichnungen gesteckt - die, nebenbei bemerkt, genauso schwierig auszusprechen sind wie der Vorname des Kindes.
Die Eltern wollen ihr Bestes. Sie selbst haben bei Bewerbungsgesprächen und Kreditverhandlungen die Erfahrung gemacht: Wer ernst genommen werden will, muss kompetent wirken und kompetent wirkt man, wenn man passend gekleidet ist. Ein 6-jähriges Mädchen, das aussieht als hätte es gerade promoviert, qualifiziert sich demnach leichter für die bilinguale Grundschul-Förder-Klasse 1 A* - ein Bub mit 12 Jahren und stylishem Undercut wird den Profi-Fußballscouts auf dem Dorf-Gymi-Rasen eher auffallen als einer mit Propellermütze. So läuft der Hase heutzutage, werden einige Posh-Eltern sagen. Doch was, wenn der Hund ganz woanders begraben liegt? Hofft da der ein oder andere Vater auf Vorteile in Gesellschaft und Berufsleben, wenn man das Familien-Gespann gebührend präsentieren kann? Der elterliche Narzissmus spielt definitiv eine wichtige Rolle beim Posh-Phänomen.
Hilfiger-Hemd statt neonfarbene Klettverschlüsse
In einigen Jahren werden Calvin und die anderen Miniatur-Eltern-Kinder in das Fotoalbum schauen und staunen: Während Lisa, Peter, Max und die anderen sich für wild-bunte Pullis und Kordhosen schämen, erinnern ihre Bilder an Familien-Kampagnen von Hilfiger, Lacoste und Co. Papa gefiel das Karo-Baumwoll-Hemd? Für den Sohnemann gab's das gleiche in Größe 128. Der lästige Gang ins Kinderbekleidungsgeschäft wurde damit praktischerweise wegrationalisiert - womöglich hätten dort noch Spielecken von dem eigentlichen Spaß am Shoppen abgelenkt.
Spaß beiseite: Kindheit ist was Schönes. Man wird nicht schief angeguckt, wenn das Karminrot des Oberteils nicht zum Rostrot der Hose passt, wenn T-Shirts über weiße Langarmshirts gestreift werden oder wenn die Klettverschlüsse an den Schuhen im Dunkeln leuchten. Dieser modische Welpenschutz sollte solange gelten wie möglich - früh genug werden sich die Kids stilistisch emanzipieren und ihren eigenen Weg finden - ob Calvin dann in die Fußstapfen seiner Eltern treten wird, soll ihm überlassen bleiben. Mit seinem Namen haben Mama und Papa ihm schon ausreichend ihren eigenen Stempel aufgedrückt...
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