In Marvis Schreiben an den Bürgermeister heißt es: "Sie werden mir, auch als früherer Konzern-Betriebsratsvorsitzender, sicher beipflichten, dass Leiharbeitnehmer nur zur Bewältigung von Auftragsspitzen eingesetzt werden sollten." Bei der Einführung der "Blauen Tonne" handele es sich jedoch ganz offensichtlich nicht um eine solch starke Auftragslage, dass die Stadt auf Leiharbeiter zurückgreifen müsse, erklärt Marvi.
"Stadt hat besondere Verantwortung für gute Arbeitsbedingungen"
Die SPD-Fraktion will deshalb mit einem Antrag im Gemeinderat den Umweltdezernenten zum Umdenken bewegen. Aus Sicht der SPD müssen stattdessen die für die neue Tonne benötigten Mitarbeiter direkt bei der Stadt Karlsruhe angestellt werden."Diese Arbeitsverhältnisse sollen befristet mit der Option auf eine anschließende Festanstellung sein", sagt SPD-Fraktionsvize Hans Pfalzgraf.
Schließlich sei wegen der Neueinführung der "Blauen Tonne" erst nach mehreren Monaten der genaue dauerhafte Personalbedarf erkennbar. "Dazu braucht man aber keine Leiharbeit", so Pfalzgraf weiter.
Marvi spricht in seinem Brief an Bürgermeister Stapf auch von der Vorbildfunktion der Stadt Karlsruhe: "Die öffentliche Hand trägt aus der Sicht meiner Fraktion eine besondere Verantwortung für die Einhaltung guter Arbeitsbedingungen. Die unnötige Ausweitung von Leiharbeit im Bereich der öffentlichen Hand wird dieser Verantwortung sicher nicht gerecht", so der Fraktionschef.
Ob die Stadt künftig jedoch tatsächlich auf Leiharbeit setzt, ist derzeit noch unklar. Auf Nachfrage von ka-news erklärt eine Sprecherin der Stadt: "Über diese Frage muss letztlich ohnehin der Gemeinderat entscheiden." Die Sitzung im Karlsruher Rathaus findet am 21. Oktober statt.
Aktualisierung: Freitag, 17.Oktober
Nun hat auch der Stadtverband Karlsruhe des Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) auf die Debatte um den Einsatz von Leiharbeitern bei der Leerung der Blauen Tonne reagiert. In einer Pressemitteilung kritisiert er die Reaktion der Stadt Karlsruhe auf den Vorwurf der SPD Gemeinderatsfraktion, die Stadtverwaltung plane vorwiegend Leiharbeiter zur Einführung der blauen Papiertonne einzusetzen.
"Bei der Einführungsphase der blauen Tonne geht es keinesfalls um Spitzenauslastungen im Betrieb" meint der DGB Stadtverband und fordert die Stadt Karlsruhe auf, die betroffenen Arbeitsplätze als befristete Stellen auszuschreiben. "Die Müllentsorgung gehört ganz klar zum Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge – und muss daher auch nach den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienst bezahlt werden", so DGB-Vorsitzender Dieter Bürk, "entgegen den Beteuerungen der Stadt kann man nicht ausschließen, dass hier versucht wird, den Grundstein für eine neue Billigtruppe zu legen."
Das Argument, der Zeitraum bis zum ersten Januar 2015 reiche für ein sorgfältiges Einstellungsverfahren nicht aus, komme beinahe einer Bankrott-Erklärung der städtischen Personalabteilung gleich. Bei den Stellenanforderungen in diesem Bereich der Entsorgung gehe es vor allem um Geringqualifizierte für Helfer- und Anlerntätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an körperliche Belastbarkeit. Laut Agentur für Arbeit Karlsruhe Rastatt gibt es im September 2014 als Helfer in den Bereichen "Ver- und Entsorgung" beziehungsweise "Führer von Fahrzeug- und Transportgeräten" insgesamt alleine 597 als arbeitssuchend gemeldete Personen.
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