Herr Hock, der 25. Mai war ein schwarzer Tag für die Karlsruher FDP. Bei der Kommunalwahl 2014 holte die FDP nur 6,1 Prozent. Die Fraktion wurde von 6 auf 3 Sitze halbiert. Wie sehr schmerzt diese Niederlage noch?
Sie hat am Wahlabend schon geschmerzt. Ich denke, die letzten fünf Jahre waren von guter FDP-Kommunalpolitik geprägt. Wir sind mit vielen Punkten richtig gelegen. Die Blaue Tonne ist ein Thema von vielen, mit dem wir von Anfang an richtig lagen. Aber wir wussten auch, dass der negative Bundes- und Landestrend sich natürlich auch in unserem Wahlergebnis hier in Karlsruhe widerspiegeln wird. Wir waren auf ein nicht so gutes Abschneiden vorbereitet. Da wir dennoch drei sehr gute Leute in den Gemeinderat senden können, sind wir mit dem Ergebnis von 6,1 Prozent trotz allem zufrieden.
Die AfD holte genauso viele Sitze wie die FDP. Durch den plötzlichen Austritt von Stefan Schmitt hat sie zwar kürzlich ihren Fraktionsstatus verloren, aber Analysen der Europawahl, die ja am gleichen Tag stattfanden, zeigten, dass der Erfolg der AfD auf Kosten der FDP ging. Inwiefern hat die AFD auch in Karlsruhe der FDP geschadet?
Das nur an der FDP festzumachen, wäre falsch. Auch die CDU hat Wähler an die AfD verloren. Die AfD hat nur mit Schlagworten argumentiert, es wird sich zeigen, wie sie sich in die Kommunalpolitik einbringen wird. Aber wir werden uns mit den Leuten, die demokratisch gewählt wurden, auseinandersetzen. Wir werden unsere liberalen Ziele auch hier im Karlsruher Gemeinderat nicht verlieren und ganz klar herausstellen. Hierbei wird es mit Sicherheit auch die eine oder andere Abgrenzung zur AfD geben.
Für was steht die FDP in den nächsten fünf Jahren?
Bürgerbeteiligung ist ein wichtiges Thema. Es wird immer viel darüber geredet, aber da muss auch etwas getan werden. Wir haben der Stadtverwaltung dazu bereits zahlreiche Vorschläge gemacht. Wir müssen Bürgerbeteiligung in den nächsten Jahren ernst nehmen und die Bürger bei wichtigen Themen - wie zum Beispiel einer zweiten Rheinbrücke oder Stadiondebatte - mitnehmen.
Gerade die Rheinbrücke wird ein sehr wichtiges Thema bleiben, auch wenn es im neuen Gemeinderat viele Menschen gibt, die sie nicht möchten. Aber man muss eines klipp und klar sehen: der Verkehr, der morgens in die Stadt rein- und abends wieder rausrollt, muss dringend irgendwo gehändelt werden. Wenn man sieht, was derzeit auf unsere Südtangente und der Rheinbrücke los ist, dann müssen wir dringen eine Lösung finden. Und nur diese eine Rheinbrücke kann nicht die Lösung sein.
Und wie stehen Sie zu einem Neubau des KSC-Stadions?
Wir stehen klar dahinter, so wie wir es bereits in unserem Kommunalprogramm versprochen haben. Dazu stehen wir und wir werden im Oktober dafür stimmen, damit ein Stadionneubau im Wildpark entsteht. Nach so vielen Jahrzehnten der Diskussion muss dieses Thema endlich zu einem Abschluss kommen.
Sie wollen eine Zweite Rheinbrücke, eine neue KSC-Stadion und sie haben auch für die Südumfahrung Hagsfeld gestimmt. Ein riesiges Projekt mit Kosten von rund 65 Millionen Euro. Die FDP hat im Wahlkampf gesagt, sie würde auch dafür stimmen, wenn die Umfahrung nur aus städtischen Geldern finanziert werden müsste. Zählt das immer noch?
Ja, das haben wir gesagt und wir stehen auch dazu. Aber mit dem Zusatz, dass wir das Land nicht aus seiner Verantwortung lassen. Da zeigt die FPD ganz klar Linie. Es gibt beim Land Gelder, die wir auch akquirieren müssen. Wir haben auch einen neuen Oberbürgermeister und eine Landesregierung, die jetzt auch in der Pflicht stehen. Bevor das nicht geklärt ist, möchte ich mich nicht dazu hinreißen lassen, zu sagen: wir finanzieren alles aus kommunalen Gelder. Erst muss geklärt werden, ob beim Land Gelder bereit liegen, die wir abrufen können. Und wenn es dort dann nichts gibt, dann muss man sich auf kommunaler Ebene die Frage der Finanzierung stellen.
Wir als FDP haben uns für diese Projekt entschieden. Wir wollen es und die Hagsfelder Bürger wollen es auch. Gerade wenn wir das KSC-Stadion auf den Weg bringen, ist es aus meiner Sicht absolut sinnvoll, diese Südumfahrung zu bauen, um die Verkehrsflüsse in die richtige Richtung zu bringen. Sonst haben wir nach jedem KSC-Heimspiel ein riesiges Chaos. Die Südumfahrung wird kommen - in Verbindung mit einem neuen Stadion schon zwei Mal.
Die Kult-Fraktion aus KAL, Piraten und Die Partei hat der FDP nun den Rang als viertstärkste Fraktion abgelaufen. Dazu kommen SPD und Grüne. Was wollen Sie der sogenannten Mentrup-Mehrheit entgegensetzen?
Da habe ich eine ganz klare Meinung: Wir machen im Gemeinderat doch Politik für unsere Heimatstadt und die Bürgerinnen und Bürger. Ich kann diese Diskussion, wer ist dem linken Lager zuzuordnen und wer dem anderen Lager, nicht mehr hören. Wir müssen uns über alle Fraktionen hinweg Mehrheiten suchen. Das heißt, wir müssen Mehrheiten suchen, die uns als Stadt voranbringen und den Bürgern gut tut. Dafür bin ich gewählt.
Ich bin nicht dafür gewählt, meine Scheuklappen aufzusetzen und nur noch in eine Richtung zu schauen. Im Gegenteil: die FDP-Fraktion hat in den vergangenen fünf Jahren oft gezeigt, dass sie auch mit anderen Mehrheiten finden kann. Dafür wurde sie auch oft angegriffen. Wir - die FDP - suchen Mehrheiten zusammen für diese Stadt. Daher halte ich nichts von der Diskussion über eine Mentrup- Mehrheit.
Im Kommunalwahlkampf hat sich die FDP vehement gegen die Einführung der Blauen Tonne gestemmt. Die Stadt hat jetzt angekündigt: Wer sein gesamtes Altpapier an Wertstoffstationen oder Vereine geben will, kann sich von ihr befreien lassen. Sind Sie mit dieser Lösung zufrieden?
Nein. Es stellt sich doch die Frage - wenn man sich befreien lassen kann und sich anschaut, wie viele sich befreien lassen wollen - wie es dann überhaupt mit der Finanzierung der ganzen Sache aussieht. Meine Fraktion und ich sind überhaupt nicht damit zufrieden, mit dem was da noch alles kommen soll. Die Stadtverwaltung versucht hier meines Erachtens gerade den geordneten Rückzug anzutreten und zurückzurudern.
Die Frage ist doch: Wer hat eigentlich Recht? Der Landkreis? Die Stadt? Ich habe weder eine Antwort vom Regierungspräsidium noch vom Innenminister bekommen. Irgendwann wird mir jemand die Antwort geben müssen. Das Thema wird uns weiter beschäftigen und wir werden da auch weiter dranbleiben.
Die FDP wird also weiter gegen die Blaue Tonne kämpfen?
Ja, wieso denn nicht. Es ist nicht abschließend geklärt, ob diese Tonne eingeführt werden muss oder nicht. Diese Frage ist für uns noch nicht beantwortet. Das Thema war für uns nicht nur im Wahlkampf ein Thema. Wir haben bereits sehr früh als einzige Fraktion dagegen gestimmt. Viele sind später auf unseren Zug aufgesprungen. Wir lehnen weiterhin die Blaue Tonne ab. Wir bleiben standhaft und werden uns nicht verbiegen lassen.
Schauen wir fünf Jahre in die Zukunft. Wenn Sie dann als Fraktionsvorsitzender zurückblicken: Was hat die Karlsruher FDP erreicht, wo konnte sie Akzente in der Stadtpolitik setzen?
Ich denke, wir haben in den zurückliegenden fünf Jahre zurückblicken einiges auf den Weg gebracht, bei dem wir sagen können, das geht mit der FDP nach Hause. Klar, das Wahlergebnis war nicht so, wie wir es uns erträumt haben. Aber ich denke, dass die Bürger in dieser Stadt in fünf Jahren sagen: die FDP ist zwar kleiner geworden, aber sie hat ihre Stimme deutlich hörbar gemacht und sich für die Belange der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt eingesetzt.
Ich freue mich auf die konstruktive Diskussion mit allen Fraktionen und den Einzel-Stadträten. In weiteren fünf Jahren sollen die Menschen sagen können: Die FDP hat sich nach bestem Wissen und Gewissen für die Stadt Karlsruhe eingesetzt.
Das Gespräch führte Moritz Damm
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