Im Dezember 2013 hat der Karlsruher Gemeinderat beschlossen, künftig eine Papiertonne für jeden Haushalt in der Fächerstadt einzuführen. Damit sollte dem Kreislaufwirtschaftsgesetz Rechnung getragen werden - das sieht vor, dass ab 2015 Papier gesondert gesammelt werden muss. Den Beschluss stützte der Gemeinderat zum damaligen Zeitpunkt unter anderem auf vom Amt für Abfallwirtschaft (AfA) ausgegebene Zahlen: "Da wurde davon geredet, dass Papier bis zu 50 Prozent der Gesamtmenge an Müll in der Tonne ausmacht. Das sei jedoch zweifelhaft, denn andere sprächen von einem weitaus kleineren Anteil", sagt Stadtrat Tom Høyem.
Tatsächliche Werte deutlich höher als ausgewiesene
In einem Schreiben an den FDP-Stadtrat, das ka-news vorliegt, bestätigt Oberbürgermeister Frank Mentrup nun, dass "in der Präsentation für das Jahr 2011 nicht die richtigen Quoten für die Stadt Karlsruhe genannt waren." Høyem lobte den Oberbürgermeister ausdrücklich für dieses Eingeständnis, fordert jedoch weiterhin eine Entschuldigung an den gesamten Gemeinderat, da dieser auf Grund falscher Zahlen der Stadtverwaltung die Entscheidung getroffen habe. "Für die Stadtverwaltung ist die ganze Sache mehr als peinlich", sagte Høyem.
Die Zahlen entstammen einer Gegenüberstellung der Firma Alba Nordbaden der von der Stadtverwaltung präsentierten Zahlen und den tatsächlichen Werten. Dabei übersteigen die Werte für die einzelnen Abfallarten pro Kopf und Jahr die von der Stadt verwendeten Zahlen teilweise deutlich. So beträgt die Menge an Wertstoffmüll - genauer: Weißblech, Aluminium, Kunststoffe und Verbundverpackungen - 14,8 Kilogramm pro Einwohner und Jahr; die Stadt hatte in ihrer Präsentation 8,7 Kilogramm angegeben. Fraglich bleibt jedoch weiterhin, wie hoch der Anteil von Papier an der gesamten Müllmenge schlussendlich ist. Für Stadtrat Thomas H. Hock ist jedoch klar: "In Anbetracht dieser neuen Erkenntnisse muss das Thema 'Blaue Tonne' nach der Kommunalwahl erneut im Gemeinderat aufgegriffen werden."
Weiter starke Ablehnung der FDP
Kein Verständnis zeigt Hock indes für das Regierungspräsidium, das seine Anfrage bezüglich der Papiertonne mehrere Wochen unbeantwortet ließ. Er erklärte: "Seit Wochen kam vom Regierungspräsidium keine Antwort auf mein Schreiben, in welchem ich auf die fehlerhafte Rechtsauffassung der Stadtverwaltung hingewiesen habe." Der Liberale macht deutlich, dass das Regierungspräsidium als oberste Behörde der Stadtverwaltung übersteht, womit ein entsprechender Verweis des Präsidiums keine Gültigkeit habe.
Insgesamt machte die FDP klar, dass sie die "Blauen Tonne" für Karlsruhe weiter stark ablehnt. Sie sei die einzige Partei im Gemeinderat, die sich von Beginn an gegen die zusätzliche Tonne ausgesprochen hat. Die Liberalen betonten abschließend, dass es in dieser Frage um mehr als eine Papiertonne gehe: "Wir sind der Auffassung, dass eine Stadtverwaltung ihren Bürgern nicht vorschreiben darf, was sie mit ihrem Müll zu machen hat. Es entspricht also unserem liberalen Gedanken, den Bürger in dieser Sache nicht unnötig zu bevormunden", so Høyem.
Aktualisierung: Freie Wähler fordern erneute Abstimmung
"Die Katze ist aus dem Sack", so äußert sich Freie Wähler Stadtrat Jürgen Wenzel zu den falschen Zahlen in Sachen Papiertonne. "Ich stelle mir nun die Frage, ob eine Beschluss der unter Verwendung falscher Zahlen gefasst ist, bindend ist", so Wenzel weiter, "wir Freien Wähler fordern daher eine erneute Abstimmung zur Einführung der Papiertonne unter Berücksichtigung der tatsächlichen Werte und Zahlen."
Mehr zur blauen Tonne bei ka-news:
Papiertonne in Karlsruhe: AfA versendet 43.000 Fragebogen
Blaue Tonne für Karlsruhe: FAQ - wer, wie, was, Altpapier?
Gemeinderat: Die blaue Tonne kommt Ende 2014
"Keine Zwangstonne!": FDP gegen blaue Tonne als Pflicht für alle Haushalte
Trotz Blauer Tonne: Karlsruher Vereine sammeln weiter
Blaue Tonne sorgt für Ärger: Firma Kühl will klagen