In den Jahren 1940 bis 1944 werden alle Stadtteile von Karlsruhe mit sogenannten Fliegerbomben bis zu 500 Kilogramm bombardiert. Die von den westlichen Alliierten abgeworfenen Fliegerbomben unterscheiden sich unter anderem in Sprengbomben, Streubomben und Brandbomben.
Der “Bomber’s Baedeker“, ein Handbuch, das die Alliierten verwenden, um die wirtschaftliche Bedeutung der deutschen Städte zu definieren, beschreibt den Rangierbahnhof, die Gaswerke und den Rheinhafen als die Hauptziele. Die Briten führen eine “Fisch-Code-Liste“ mit den Code-Namen der deutschen Städte, die bombardiert werden sollen. Karlsruheerhält in dieser Liste den Code-Namen “Pike“ (Hecht).
Karlsruhe ist im Krieg ein wichtiger Knotenpunkt
Als Gauhauptstadt ist Karlsruhe ein wichtiger Knotenpunkt und Transportzentrum mit dem Rheinhafen und dem Rangierbahnhof. Auf der Strecke über die Fächerstadt wird Kohle vom Ruhrgebiet nach Italien transportiert. Außerdem hat die Stadt im Gebäude des heutigen ZKMs eine Munitionsfabrik . In den 1940er Jahren ist der Güterbahnhof in der östlichen Kriegsstraße situiert, an der Stelle des heutigen Scheck-In.

In der Brandnacht vom 2. auf den 3. September 1942 wird dieses Gebiet schwer bombardiert. Der Rangierbahnhof, andererseits, befindet sich in der Nähe des heutigen Hauptbahnhofs. Er wird im Krieg sehr oft getroffen, aber nie völlig betriebsunfähig gemacht.
Die Briten fliegen nachts, die Amerikaner tagsüber
Im Gegensatz zu den Engländern fliegen die Amerikaner keine nächtlichen Angriffe und beschränken sich auf Tagesangriffe besonders auf Häfen, Rüstungs- und Industrieanlagen. So kommt es, dass am 27. Mai 1944, am Pfingstsamstag, zwischen 13 und 13.30 Uhr, die amerikanischen Bomber die östlichen Bahnanlagen und die Südstadt, einschließlich der Stuttgarter Straße als Hauptangriffsgebiet ins Visier nehmen. Von England heben 269 amerikanische Bomber vom Typ B17 und 86 B24-Bomber ab, um Rangierbahnhöfe in Elsass-Lothringen und Karlsruhe anzugreifen.
126 Bomber haben den Befehl, 470 Sprengbomben zu je 1.000 Pfund und 16 Sprengbomben zu je 500 Pfund auf den Karlsruher Rangierbahnhof abzuwerfen. Eine Welle Flieger nach der Anderen werfen kurz nach 13 Uhr 239 Tonnen Bomben ab, vor allem auf dem Gebiet des Rangierbahnhofs und lösen dadurch katastrophale Schäden aus.
Auch der Hauptbahnhof, der Güterbahnhof und das Gaswerk erleiden schwere Schäden. Nicht alle Bomben explodieren gleich – wie immer gibt es Blindgänger, die häufig jahrzehntelang unentdeckt im Boden liegen.
Rote und grüne Karten werden an die Verwandtschaft geschickt
“Trümmer klagen an“, kündigt Karlsruhes Zeitung “Der Führer“ am 28. Mai 1944. In den Postämtern herrscht Hochbetrieb, heißt es. An den Schaltern werden Eilnachrichtenkarten mit roten und grünen Umrandungen ausgegeben, um der Verwandtschaft ein Lebenszeichen zu geben. Die Karten werden unfrankiert weitergeleitet.

Ein weiterer großer Angriff durch die britischen Bomber ereignet sich in der Nacht des 5. September 1944. 43 Mosquito-Schnellbomber werfen 231 Luftminen zu je 800-Kilogramm und 60 Sprengbomben zu je 500 Pfund auf die Oststadt, den Hauptbahnhof und den Rangierbahnhof ab.
Kurz danach erheben sich etwa 1200 amerikanische Flugzeuge um Eisenbahnziele in Baden und der Pfalz anzugreifen. Gegen Mittag überschüttet ein Teil der Maschinen den Haupt- und Rangierbahnhof in Karlsruhe mit 1.492 Sprengbomben zu je 500 Pfund und 47.652 Stabbrandbomben. Die Bahnhöfe werden schwer getroffen. Seit August 1941 versuchen die Alliierten, die Eisenbahnwerkstatt nachhaltig zu zerstören.
Am 8. September 1944 unternehmen sie einen endgültigen kräftigen Versuch. In den frühen Morgenstunden starten 303 Bomber gegen Karlsruhe – 247 Maschinen erreichen die Fächerstadt und überschütten kurz vor Mittag mit 1.025 Bomben zu je 1.000 Pfund und 6 Sprengbomben zu je 500 Pfund sowie 66.660 Stabbrandbomben den Rangierbahnhof und die Eisenbahnhauptwerkstatt.
Der zentrale Teil des Rangierbahnhofs und die Eisenbahnhauptwerkstatt sind zum großen Teil zerstört. Der Hauptbahnhof, die Oststadt und die Südstadt erleiden große Schäden.
Durch Bauarbeiten kommen immer wieder Bomben ans Tageslicht
Auch hier explodieren nicht alle Bomben. Am 27. September wird die Gegend um die Südstadt noch einmal angegriffen und am 28. November bei einem kleineren Angriff mit 6 Flugzeugen werden die Südstadt und der Rangierbahnhof in einem sogenannten “Spoof-Attack“ zum Großangriff auf München bombardiert.
Jahrzehnte nach dem Krieg werden nicht explodierte Fliegerbomben bei Bau- und Sanierungsarbeiten immer wieder entdeckt und müssen fachgerecht entschärft werden. Im Jahr 1997 beispielsweise wurden Fliegerbomben von 50 Kilogramm und 500 Kilogramm in der Nähe des Güterbahnhofs gefunden.
In dem Gebiet um die Südoststadt und die Stuttgarter Straße wurden seit 2011 mehrere Bomben entdeckt und erfolgreich entschärft – im Jahr 2016 waren es sogar zweimal innerhalb von wenigen Monaten, jeweils Bomben von 500 Kilogramm. Durch die Umbauarbeiten in der Fächerstadt kommt es immer häufiger vor, dass das immer noch vorhandene Kriegsmaterial wieder das Licht der Welt erblickt.



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