Startseite
Icon Pfeil nach unten
Karlsruhe
Icon Pfeil nach unten

Karlsruhe: 200 Jahre KIT: Eine Uni zwischen Atomkraft, Benz und Supercomputer

Karlsruhe

200 Jahre KIT: Eine Uni zwischen Atomkraft, Benz und Supercomputer

    • |
    • |
    Gebäude der Polytechnischen Schule Karlsruhe, Westflügel, ca. 1840
    Gebäude der Polytechnischen Schule Karlsruhe, Westflügel, ca. 1840 Foto: KIT-Archiv 28015/1

    Das Karlsruher Institut für Technologie ist eine technologische Universität und nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft. Zudem die größte deutsche Organisation zur Förderung und Finanzierung der Forschung und eine der größten wissenschaftlichen Forschungsorganisationen der Welt.

    2019 konnte das KIT den Titel Exzellenzuniversität erneut erlangen und ist die einzige Exzellenzuniversität, die nationale Großforschung betreibt. Ihre Geschichte begann 1825 mit der Gründung einer Polytechnischen Schule.

    Die Polytechnische Schule wird gegründet

    Großherzog Ludwig I von Baden unterzeichnet im Oktober 1825 das Gründungsdekret für die Polytechnische Hochschule in der Fächerstadt. Die Ingenieurschule wird mit der polytechnischen Schule vereint, im linken Flügel des Lyzeum-Gebäudes untergebracht und dem Ministerium des Innern untergeordnet.

    Erst 1836 bekommt das Polytechnikum sein eigenes Gebäude – Karlsruher Architekt Heinrich Hübsch errichtet den Westflügel des Hauptgebäudes an der Kaiserstraße. Zahlreiche Alumni des Polytechnikums sind führende Persönlichkeiten in der badischen Industrie.

    Emil Kessler beispielsweise baut die erste badische Lokomotive "Badenia", während Ferdinand Redtenbacher, 1841 an die Polytechnische Schule berufen, den wissenschaftlichen Maschinenbau in Deutschland gründet. Durch Lehre und Kongresse wird die Schule in der naturwissenschaftlichen Welt bekannt und Studenten aus aller Welt kommen nach Karlsruhe, um hier zu studieren.

    Erfinder und Wissenschaftler an der Schule

    Während der Badischen Revolution 1848/1849 fordern Studenten die deutsche Einheit und die Angleichung des Polytechnikums an eine Universität. Obwohl sie sich teilweise am bewaffneten Kampf für die Republik beteiligen, gibt die Schule im Mai 1849 in der Zeitung bekannt, dass die Vorlesungen ununterbrochen fortgesetzt werden.

    Carl Benz
    Carl Benz Foto: gemeinfrei

    In den nächsten Jahrzehnten machen sich viele Absolventen der Ingenieurwissenschaften in der Industrie einen großen Namen: August Thyssen, der einen der größten europäischen Stahlkonzerne aufbaut, Emil Skoda, der den Skoda-Maschinenbaukonzern gründet und Heinrich Buz, der den ersten Motor von Rudolf Diesel produziert.

    Carl Benz, geboren in Karlsruhe, fängt 1860 sein Studium am Polytechnikum an und gründet 1883 die neue "Benz & Cie. Rheinische Gasmotorenfabrik" in Mannheim, um seine Gasmotoren zu produzieren.

    Die Schule wird mit einer Universität gleichgestellt

    Der Weg zur Gleichstellung mit einer Universität fängt im Jahr 1865 an. Am 20. Januar genehmigt der Großherzog Friedrich I ein neues Statut zur Anerkennung als technische Hochschule, aber erst 1885 darf die Polytechnische Schule die Bezeichnung “Technische Hochschule“ offiziell führen. 1899 erhäIt die Hochschule das Recht zur Promotion und wird nun den Universitäten gleichgestellt.

    Sie bekommt 1902 zu Ehren des Großherzogs den Beinamen “Fridericiana“. In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts forschen Dozenten und Direktoren an der Hochschule mit weltweitem Erfolg. Heinrich Hertz lehrt in den 1880er Jahren an der Hochschule und entdeckt 1886 die elektromagnetischen Wellen.

    Von Heinrich Hertz konstruierter UKW-Sender ca. 1886
    Von Heinrich Hertz konstruierter UKW-Sender ca. 1886 Foto: KIT-Archiv 28010/1/3152

    Diese bilden die Grundlage für die Funktechnik, somit werden Rundfunk, Fernsehen und mobile Kommunikation möglich. Direktor des Chemischen Instituts Carl Engler ist Begründer der deutschen Mineralölwissenschaften und Otto Lehmann, der Nachfolger von Hertz, entwickelt 1889 ein neuartiges Mikroskop mit eigener Lichtquelle und Gasversorgung.

    Auf Basis dieser Forschung wird später die Technologie entwickelt, die Flüssigkristallanzeigen zugrundelegt und in Bildschirmen, Tabletts und Smartphones verwendet wird.

    Frauen dürfen studieren

    Bis in das späte 19. Jahrhundert dürfen Frauen noch nicht studieren aber im Jahr 1887 lässt der Karlsruher Stadtrat Frauen als Gasthörerinnenn an Vorlesungen teilnehmen. Ein Jahr später erhält Marie Gernet aus Ettlingen eine Ausnahmegenehmigung zum Studium der Mathematik, Chemie und Physik an der Technischen Hochschule. Sie ist die erste Studentin in Karlsruhe und promoviert 1895 in Heidelberg.

    Im Februar 1900 erlaubt die badische Regierung Frauen das Studium. Vier Jahre später studiert Magdalena Meub (später Neff) Pharmazie an der Technischen Hochschule und ist später Deutschlands erste approbierte Apothekerin. Im Jahr 1913 ist Thekla Schild die dritte Frau mit dem Titel einer Diplom-Ingenieurin und 1915, mitten im Ersten Weltkrieg, promoviert Irene Rosenberg als erste Frau am Chemischen Institut.

    Der Erfinder des Giftgases war Professor an der Hochschule

    Nicht alle Frauen sind so erfolgreich. 1901 zieht das Ehepaar Fritz Haber und Clara Immerwahr nach Karlsruhe, wo Haber als außerordentlicher Professor für Technische Chemie an der Technischen Hochschule arbeitet. Haber beschäftigt sich mit der katalytischen Bildung von Ammoniak, was zur Entwicklung der Produktion von Düngemitteln führt.

    Clara Immerwahr während des Studiums.
    Clara Immerwahr während des Studiums. Foto: privat

    Hierfür erhält er 1918 nachträglich den Nobelpreis für Chemie. Clara andererseits, die als Chemikerin an der Universität Breslau promovierte, hat nicht die Möglichkeit zu arbeiten, fühlt sich von ihrem erfolgreichen Ehemann erdrückt und ist intellektuell frustriert.

    Habers Forschungen mit Salpetersäure und Ammoniak ermöglichen den Einsatz der Giftgase Chlor und Phosgen als Kriegswaffen. Bei dem ersten chemischen Angriff mit Giftgas in Flandern 1915 im Ersten Weltkrieg gegen französische Truppen sterben 1.200 Männer, 3.000 werden verletzt. Neun Tage später bringt sich die Pazifistin Clara Immerwahr mit der Dienstwaffe ihres Mannes um.

    Die Ära der Nationalsozialisten

    Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten werden Juden und politische Gegner des Regimes aus dem öffentlichen Dienst entlassen. Bis 1937 ist etwa ein Viertel der Professoren aus dem Lehrkörper getrieben worden, wie Chemiker Paul Askenasy und Historiker Franz Schnabel.

    In den 1930er Jahren sinkt erst mal die Zahl der Immatrikulierten aufgrund von Zulassungsbeschränkungen und allgemeine Wehrpflicht. Aber im Rahmen des Vierjahresplans zur Vorbereitung des Kriegs steigt der Bedarf an Ingenieuren und die Zahlen ziehen wieder an. Ein Großteil der Arbeit an der Technischen Hochschule dient in dieser Zeit Rüstungszwecken.

    In Karlsruhe beginnt die Kernforschung

    Nach dem Zweiten Weltkrieg muss Schutt und Asche vom Campus weggeräumt und die Gebäude wieder hergerichtet werden. Aber bis 1950 hat die Technische Hochschule bereits 4.000 Studierende. Ab 1955 darf Deutschland Nuklearforschung betreiben und ein geeigneter Standort wird für die Forschungsinfrastruktur gesucht.

    Franz Josef Strauß, langjähriger CSU-Chef, war berüchtigt wegen seiner derben Sprache und seiner  verbalen Ausfälle. Ein Beispiel von vielen:  Im Juli 1978    beschimpfte er deutsche Intellektuelle, die es wagten, konservative Politiker öffentlich zu kritisieren, als "Ratten und Schmeißfliegen".
    Franz Josef Strauß, langjähriger CSU-Chef, war berüchtigt wegen seiner derben Sprache und seiner verbalen Ausfälle. Ein Beispiel von vielen: Im Juli 1978 beschimpfte er deutsche Intellektuelle, die es wagten, konservative Politiker öffentlich zu kritisieren, als "Ratten und Schmeißfliegen". Foto: Frank Mächler (dpa)

    "Karlsruhe wird das deutsche Atomzentrum", erklärt Franz Josef Strauß im Jahr 1956 und danach beginnt das Kernforschungszentrum Karlsruhe mit der Gründung der "Kernreaktor- Bau- und Betriebsgesellschaft mbH". 1961 ist der Forschungsreaktor 2 fertiggebaut, der aber bereits 1981 abgeschaltet wird.

    Forschende entwickeln das LIGA-Verfahren, was die Basis dafür bildet, in atomare Dimensionen vorzustoßen. In der Nanoforschung als auch in der IT-Forschung ist das KIT führend. 1983 wird der erste Supercomputer am Rechenzentrum der Universität installiert und ein Jahr später die erste empfangene E-Mail in Deutschland auf einem zivilen Server von der Informatik-Rechnerabteilung am KIT erhalten.

    KIT im 21. Jahrhundert

    2009 entsteht das KIT als Zusammenschluss der Universität Karlsruhe mit dem Forschungszentrum Karlsruhe. Bereits 2006 wird die Universität Karlsruhe mit ihrem Plan zur Fusion mit dem Forschungszentrum zum Gewinner im Exzellenzbewerb der deutschen Universitäten.

    Größenvergleich zwischen einem im Institut für Mikrostrukturtechnik entwickelten Mikrozahnrads mit einer Ameise (genannt Henry), 1986
    Größenvergleich zwischen einem im Institut für Mikrostrukturtechnik entwickelten Mikrozahnrads mit einer Ameise (genannt Henry), 1986 Foto: KIT-Archiv 28028/19225

    Die Idee ist, die außeruniversitäre Forschung mit der universitären Forschung zu verbinden. Dieser Exzellenzstatus verliert das KIT im Jahr 2012, kann ihn jedoch 2019 erneut zurückgewinnen. 2014 wird das Energy Lab gegründet – Europas größte Forschungsinfrastruktur für erneubare Energien. Die Zahl der Studierenden auf dem Campus war 2017 26.000 – ein Allzeithoch.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden