An der Polytechnischen Schule in Karlsruhe legte der gebürtige Baden-Badener Emil Keßler (1813-1867) den ersten Grundstein für seinen späteren Werdegang als Eisenbahnpionier. Heute heißt die Polytechnische Schule "Karlsruher Institut für Technologie" und Autorin Maike Doll studierte neben Keßlers Leben auch Germanistik und Geschichte an eben dieser Universität. "Bei meiner Arbeit im Universitätsarchiv bin ich das erste Mal auf Keßler gestoßen", berichtete sie bei der Vorstellung ihres Buches am Dienstag. Dort seien die Pläne für die ersten Lokomotiven gelagert.
Ein Karlsruher Beitrag zur Industrialisierung
1837 gründete Keßler zusammen mit einem Studienkollegen die "Maschinenfabrik Keßler und Martiensen", die nach der Verabschiedung der Eisenbahngesetze im badischen Landtag auch den ersten Großauftrag an Land ziehen konnte. "Es ist erstaunlich, dass das sonst als Beamtenstadt bekannte Karlsruhe auch für die Industrialisierung einen großen Beitrag leistete", sagte Kulturamtsleiterin Susanne Asche.
Zunächst wehrte sich die badische Regierung gegen den Bau einer eigenen Eisenbahnstrecke von Mannheim bis an die Schweizerische Grenze nach Basel. Doch nachdem durch den Beitritt Badens zum Deutschen Zollverein eine regelrechte Welle der Firmengründungen ausbrach, erschien das Projekt Eisenbahn lukrativ. 1840 eröffnete eine erste Teilstrecke zwischen Mannheim und Heidelberg - befahren noch von Lokomotiven, die aus England eingekauft wurden, da eigene noch nicht vorhanden waren.
Das Vorhaben Keßlers, eine eigene Dampflokomotive auf deutschem Boden zu produzieren, wurde dankend angenommen. Das erste Modell, die "Badenia", konnte 1841 ausgeliefert werden. Auffällig war, dass die Lokomotive dem englischen Vorbild eins zu eins glich. Zu dieser Zeit war es noch üblich, funktionierende Dinge einfach nachzubauen. Aber Keßler beließ es nicht bei dem bloßen Duplikat. Er entwickelte die Lokomotive weiter und verbesserte die deutschen Fabrikate unabhängig der ausländischen Vorbilder.
"Ein Problem: Mangelndes Kapital"
"Keßler hatte nur ein Problem: Mangelndes Kapitel", erklärte Asche weiter. Tatsächlich musste das Karlsruher Werk an der Beiertheimer Straße 1851 schließen, es blieb das im württembergischen Esslingen gegründete Zweitwerk. Aufgrund der mangelnden Auftragslage musste sich jedoch auch dieses umorientieren und baute fortan auch Dampfschiffe. Bis 1920 wurden in den beiden Werken 3.922 Lokomotiven gebaut. Mit dem Ende der Dampflok kam auch das endgültige Aus für die von Keßler gegründeten Werke. Seine Werksanlagen in Esslingen wurden wenig später von Daimler-Benz übernommen.
"Karlsruher Köpfe sind immer auch badische Köpfe", so Asche. "Ihr Wirken geht oftmals über die Stadtgrenzen hinaus, was auch bei Keßler gut zu sehen ist. In Württemberg war er aber schließlich erfolgreicher, als in Karlsruhe." Trotzdem stamme der Motor weiter aus der Fächerstadt, da Keßler hier studiert und angefangen habe. 1867 verstarb der Eisenbahnpionier an einem Herzleiden in Esslingen.
Zwei Bände pro Jahr
Mit der Reihe "Karlsruher Köpfe" möchte das Stadtarchiv in zwei Bänden pro Jahr bedeutende Persönlichkeiten aus Technik, Politik, Wissenschaft, Kunst und Kultur vorstellen. Es sei als langfristige Reihe geplant, meinte Asche beim Vor-Ort-Termin. "Die Themen werden uns dabei nicht ausgehen", ergänzte Stadtarchivleiter Ernst Otto Bräunche. Der vorhergehende Band widmete sich dem Architekten Josef Durm. Im nächsten Band wird der Architekt und großherzogliche Baudirektor Heinrich Hübsch vorgestellt.