Die gute Nachricht vorweg: Karlsruher Eisbär "Lloyd" und Mitbewohner "Fiete" geht laut den Experten des Europäischen Zooverbands (EAZA) gut. Über ihr Europäisches Zuchterhaltungsprogramm (EEP) wurde der kürzliche Umzug von "Lloyd" empfohlen.
Der Eisbär wurde daraufhin vom Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe in den Zoo in Budapest gebracht - eine Zwischenstation, bevor es für Lloyd zu Eisbär-Kollege "Fiete" in den Sósto Zoo geht.
Warum ist Lloyd in Ungarn?
"Solche Transfers werden empfohlen, um die optimale Paarung zwischen den Bären innerhalb der EEP-Mitgliedszoos zu gewährleisten", erklärt ein Sprecher der EAZA gegenüber ka-news.de. Die genetischen, sozialen und individuellen Bedürfnisse der Tiere fließen dabei maßgeblich in die Koordination mit ein.

EEP, EAZA und jene Autoritäten und Organisationen, welche mit der Bewahrung der entsprechenden Spezies betraut sind, erfüllen so ihre zentrale Aufgabe: "Wir verschreiben uns dem Erhalt der unterschiedlichen Tierarten - sowohl in menschlicher Obhut als auch in ihren natürlichen Lebensräumen. Gleichzeitig wollten wir die Möglichkeiten für zukünftige Erhaltungsstrategien aufrechterhalten."
Was ist mit der PETA-Kritik?
Kurz nach "Lloyds" Ankunft in Ungarn gibt die Tierrechtsorganisation PETA ihre Sorgen über das Wohlergehen der dortigen Eisbären kund - über einen Videoclip. Die Experten der EAZA kennen das Video. Die Warnung der Fachleute: "Ein kurzes Video ist definitiv kein angemessenes Medium, um das allgemeine Wohlergehen eines Tieres zu ermessen."
In der Regel nimmt die Organisation keine Stellung zu individuellen Tieren - im Fall "Fiete" wird eine Ausnahme gemacht: "Der EEP-Haltungsberater hat dem Zoo in Ungarn einen Besuch abgestattet. Er nahm sowohl das Eisbärengehege als auch "Fietes" Verhalten genau unter die Lupe." Nach Einschätzung des Fachmanns sei der Eisbär in einer guten Verfassung. Es gäbe keinerlei Anzeichen auf etwaige Leiden des Tiers, so die EAZA.
Wie wird das Tierwohl bestimmt?
Um festzustellen, wie es den Zoobewohnern ergeht, legt die EAZA universale Messfaktoren an. Darunter fallen unter anderem die Größe des Geheges, soziale Bedürfnisse der Tiere, die Handhabung durch die Zoo-Angestellten, aber auch die angemessene Sichtbarkeit gegenüber der Öffentlichkeit.

In Anlehnung an diese Rahmenbedingungen werde dann das körperliche, soziale und verhaltenstechnische Wohlergehen überprüft, so die EAZA. Dies geschehe beispielsweise durch Routineuntersuchungen vonseiten der Tierärzte und Pfleger.
Ist der Zoo in Ungarn geeignet?
Den geeigneten Standort und die entsprechenden Bedingungen zur Unterbringung der Tiere wählen die Experten akribisch. "Wir stellen sicher, dass die Institutionen, welche die Tiere erhalten, mit ihren Einrichtungen und geschultem Personal, den hohen Haltungs- und Tierwohl-Standards der EAZA Mitglieder erfüllen", so die Leitlinien des Zooverbands.
Dateiname | : | EAZA: Standards for Accomodation and Care |
Dateigröße | : | 466021 |
Datum | : | 22.05.2023 |
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Dafür werden vorab sämtliche Informationen über die Tiere an die Empfänger-Zoos vermittelt. "Jedes Detail über Gesundheit, Ernährung, Fortpflanzungsverhalten, genetische Merkmale und individuelle Verhaltensweisen kann Einfluss auf den Umgang mit dem transferierten Tier nehmen", erklären die Experten. Deshalb sei der Austausch unerlässlich. Sind all diese Faktoren mit dem neuen Zuhause zu vereinen, spricht der EEP-Koordinator eine Empfehlung aus.
Was muss ein Gehege bieten?
Um die artgerechte Unterbringung von Zootieren europaweit zu gewährleisten, bietet die EAZA sogenannte "Best Practice Guidelines" (Beste Umsetzungsrichtlinien). Damit sich die Tiere im Zoo wohlfühlen, sind zunächst folgende Kriterien zu erfüllen:
- Den Tieren muss ihrer Art entsprechend angemessen viel Platz zur Verfügung stehen. Dabei werden die jeweiligen dreidimensionalen Bedürfnisse berücksichtigt.
- Die Tiere müssen in einer Umgebung gehalten werden, die artspezifische Aktivitäten (Schwimmen, Klettern etc.) ermöglichen.

Das Design des Geheges muss darüber hinaus weitere Maßstäbe erfüllen:
- Sichere und angemessene Präsentation von Futter und Wasser
- Rückzugsorte und visuelle Barrieren
- Temporäre Unterbringungsmöglichkeiten für einzelne Tiere
- Bereiche für Nachwuchs
- Quarantäne- und Gesundheitsbereiche
- Sichere und angemessene Reinigung
- Bereichernde Umwelt
Was macht das EEP?
Das Eisbären-Zuchterhaltungsprogramm dient unter anderem dem Populationsschutz der Tiere. Das bedeutet, dass das Programm das langfristige Überleben der entsprechenden Spezies gewährleisten soll. In Anbetracht von globalem Artensterben soll so die nötige Sicherheit für den Erhalt der Tiere gewonnen werden.

Eine weitere Funktion des Europäischen Zuchterhaltungsprogramms ist die Unterstützung von Artenschutz in den jeweiligen Lebensräumen der Tiere. Durch Forschung an den Zoobewohnern werden so Erkenntnisse gewonnen und in den Erhalt eingebracht, die anderweitig nicht erworben werden könnten.
Was haben die Tiere davon?
Das Zuchtprogramm diene außerdem der Aufklärung der Öffentlichkeit - hinsichtlich bedrohter Tierarten. "Die Verbindung zwischen Klimawandel und dem Verlust von Biodiversität (Artenvielfalt) schafft die nötige Plattform, um finanzielle Mittel für Schutzprojekte zu erhalten", erklärt der Sprecher der EAZA.

Tatsächlich scheint dies zu funktionieren. "Wenn wir uns die Daten angucken, so sehen wir, dass Bären und Eisbären die Nummer 1 unter den unterstützen Tieren sind", so die EAZA. Von all den laufenden Artenschutzprogrammen erhielten die Bären die meiste Unterstützung.
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