Bereits 2012 brachte die Karlsruher Liste den Stein ins Rollen - damals noch bevor die Nachbarstadt Pforzheim mit ihrem W-Lan-Modell vorfuhr: Man stellte einen Antrag auf freies Netz an ausgewählten öffentlichen Plätzen in Karlsruhe. Zustimmung erhielt die Fraktion schon damals aus dem Gemeinderat - eineinhalb Jahre hielt man in den Reihen der Verwaltung jedoch die Füße still.
KAL: "Wir blamieren uns maximal in der Öffentlichkeit"
Nun reagierte die SPD-Fraktion auf den Stillstand und setzte noch einen drauf: In einer "W-Lan-Offensive" fordert sie kostenlosen Internetzugang in S-Bahnen, in der Innenstadt und an öffentlichen Plätzen in den Stadtteilen."Was Städte wie Pforzheim und München können, können wir auch - Karlsruhe ist Internet-Hauptstadt und muss endlich in die Pötte kommen", mahnte SPD-Stadtrat Michael Zeh.
Eberhard Fischer formulierte seinen Unmut über das fehlende öffentliche W-Lan drastischer: "Wir blamieren uns maximal in der Öffentlichkeit." Die Netz-to-go-Schlappe sei dabei nur die Spitze des Eisbergs - Fischer prangerte in diesem Zusammenhang auch das stetig einsprachige Internet-Angebot der Stadt an. "Wie kann es sein, dass wir immer noch keine englische Web-Seite haben? Auch unsere Tourismus-Seiten laden nicht zum Durchklicken ein - von interessanten Event-Hinweisen fehlt jede Spur", kritisierte der KAL-Stadtrat.
50 Hot Spots = 90.000 Euro im Jahr - "ist es uns das wert?"
Verschiedene Vorschläge über eine Herangehensweise klangen am Dienstag im Karlsruher Gemeinderat an. So wünscht sich beispielsweise die CDU-Fraktion freies Netz an Bahn-Haltestellen - so könnte man stückweise mit dem Internet-Ausbau an öffentlichen Plätzen anfangen. Das Ziel sollte laut Stadtrat Tilman Pfannkuch sein, den Bürgern und Touristen eine freizugängliche Internetverbindung zumindest zwischen Schloss und Staatstheater anzubieten. In einem Punkt waren sich am Dienstag alle Fraktionen einig: Es muss etwas passieren und zwar so schnell wie möglich. "Karlsruhe darf nicht die letzte Stadt in Deutschland sein, die ein freies W-Lan auf die Beine stellt", betonte Jürgen Wenzel von den Freien Wählern.
Oberbürgermeister Frank Mentrup machte hingegen Zweifel deutlich. Nach einer intensiven Prüfung sei man auf Seiten der Verwaltung zu der Ansicht gekommen, dass das Angebot von öffentlichem Netz nicht mehr zeitgemäß sei - zu viele Leute seien dank Smartphone-Tarifen nicht mehr darauf angewiesen. "Es gibt in Karlsruhe schon einzelne Hotspots in Cafés, Restaurants und Geschäften, aufgrunddessen sahen wir bislang keine Eile in diesem Projekt", so der OB - "angenommen, wir würden in der Kaiserstraße 50 Hot Spots einrichten, würde uns das jährlich 90.000 Euro kosten - da müssen wir wissen, ob es uns das wert ist."
Auf externe Partner angewiesen - Runder Tisch am 2. Oktober geplant
Hinzu komme eine andere Problematik: Das Pforzheimer Modell funktioniere nur, da sich verschiedene Unternehmen zusammengeschlossen und gemeinsam investiert hätten, um den Bürgern freies W-Lan ermöglichen zu können. Die Stadt selbst sei auch dort nicht primär zuständig, geschweige denn haftend. Auch in Karlsruhe sei man auf Externe angewiesen, die sich auf eine Kooperation einließen. "Bislang haben wir noch keinen Partner finden können, der sich der Sache annimmt", erklärte Mentrup.
Ein Haken, warum die Stadt die gewünschte W-Lan-Offensive nicht im Alleingang in Angriff nehmen könne, sei der "Datenschutz". Die Stadt sei nicht im Stande, den Aufwand in Sachen Sicherheit zu leisten. Aus rechtlichen Gründen sei nämlich eine Registrierung erforderlich, wenn man das freie Netz nutzen wolle. Bestehe eine solche Hürde nicht, könne die Stadt für Missbrauch von Nutzern verwantwortlich gemacht werden. In Durlach hat die städtische Tochter Telemaxx diese Verantwortung übernommen und im örtlichen Bürgerhaus einen freien Internetzugang eingerichtet. Trotz der Zweifel gab Mentrup dem Druck des Gemeinderats nach: Am 2. Oktober soll es einen runden Tisch mit Vertretern aus Verwaltung und der Karlsruher IT-Branche geben - gemeinsam will man eine Lösung finden.
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