In einem Punkt ist sich David Ostern, Bereichsleiter der "Luise - Beratungsstelle für Prostituierte" aus Karlsruhe sicher: "Das Thema Sicherheit für Prostituierte muss explizit und öffentlich diskutiert werden." Um dies zu erreichen fordern, KAL/Die Partei die Stadt Karlsruhe dazu auf, einen neuen Arbeitskreis zu bilden.
Braucht es den Arbeitskreis?
Für Ostern ist das ein Schritt in die richtige Richtung. "Wir freuen uns darüber, dass das Thema intensiv angegangen wird. Ob dies allerdings in einem neuen Arbeitskreis geschehen muss, oder nicht lieber in der bereits bestehenden Fachgruppe aufgegriffen wird, darüber lässt sich streiten", meint der Bereichsleiter.

Es hat den Anschein, dass ein weiterer Arbeitskreis womöglich gar nicht notwendig ist, denn: "Es existiert bereits mit der Fachgruppe Prostituiertenschutzgesetz ein Arbeitskreis, der sich mit der Thematik befasst", erwidert die Stadtverwaltung in ihrer Stellungnahme.

Dass das Thema mehr Aufmerksamkeit erfährt, sei das Wesentliche, worauf es den Frauen auf der Straße ankommt, meint Ostern. Das, und bessere Arbeitsbedingungen. "Der Beruf an sich ist bereits eine stark belastende Arbeit. Mangelnde Sicherheitsaspekte und Hygiene erschweren sie zusätzlich", so der Bereichsleiter der Beratungsstelle.
Was muss besser werden?
Wie auch der vorgeschlagene Arbeitskreis von KAL/Die Partei, setzt sich die Luise - Beratungsstelle für Prostituierte aktiv für ein besseres Arbeitsumfeld der Prostituierten ein. Gemeinsam mit der Beratungsstelle "Mariposa", Vertretern der örtlichen Polizei, des Gesundheitswesens, der Politik und Stadtverwaltung werde über die Fachgruppe "Prostituiertenschutzgesetz" an den nötigen Maßnahmen gearbeitet.

"Wichtige Punkte sind beispielsweise Müll und Toiletten. In diesen Bereichen fehlt es einfach an angemessenen Möglichkeiten für die Prostituierten", sagt Ostern. Zusätzlich mangelt es an Orten, an denen sich die Frauen aufwärmen könnten.

Ein Umstand, der vor allem im Winter ins Gewicht fällt. "Ein spezielles Café wäre zum Beispiel ein großer Schritt, um den Frauen auf der Straße auszuhelfen", meint der Bereichsleiter. Ein warmer und sicherer Rückzugsort sei für die Arbeit auf dem Straßenstrich von unschätzbarem Wert.
Kondome, Klos und Aufklärungsarbeit
Dass der Weg zu diesem Idealzustand noch ein weiter ist, weiß der Leiter der Beratungsstelle: "Auch wenn ein Café natürlich großartig wäre, so konzentrieren wir uns vorerst darauf, dass die Minimalstandards für Arbeitssicherheit eingehalten werden." Schließlich ist auch Prostitution ein in Deutschland anerkanntes Gewerbe. Somit untersteht es denselben Kriterien für einen sicheren Arbeitsplatz.

Neben Mülleimern und öffentlichen Toiletten, wünschten sich die Frauen auch bessere Beleuchtungsverhältnisse, erklärt Ostern. Für Kondome, warme Getränke und wichtige Aufklärungsarbeit sorgt die Luise - Beratungsstelle in der Zwischenzeit selbst.
Wie wird Prostituierten derzeit geholfen?
"Wir sind jeden Montag ab 22 Uhr mit unserem Beratungsbus auf den Karlsruher Straßen unterwegs und versorgen die Prostituierten. Mit an Bord sind unsere mehrsprachigen Beraterinnen", sagt Ostern. Von 22 Uhr bis 6 Uhr - also außerhalb der Sperrzeiten für Straßenprostitution - ist der Bus unter anderem auf der Fautenbruchstraße, Wolfartsweierer Straße, Ottostraße und Fiduciastraße unterwegs.

"Unsere Arbeit ist also aufsuchend, das heißt: Wir treten mit den Prostituierten gezielt in Kontakt und bieten unsere Unterstützung an", erklärt der Leiter der Beratungsstelle. Geholfen werde mitunter bei der Wohnungssuche - eine generelle Herausforderung in Karlsruhe.

Außerdem vermittelt die Beratungsstelle in Sachen Krankenversicherung. "Hier herrscht für den Bereich der Prostitution eine klare Versorgungslücke", so Ostern. Abschließend bietet die Beratungsstelle ihre Hilfe bei dem Ausstieg aus der Sexarbeit an. Besonders dieser Aspekt birgt einige Herausforderungen für die Berater.
Was sind die Herausforderungen?
"Die meisten Damen kommen aus osteuropäischen Ländern, wie beispielsweise Bulgarien und Rumänien", sagt Ostern. Neben der Sprachbarriere stellt auch die finanzielle Abhängigkeit eine große Hürde für den Ausstieg und der anderweitigen beruflichen Orientierung dar.

"Wir sprechen hier in den meisten Fällen von Armutsprostitution", erklärt Der Bereichsleiter. Für viele Frauen stellt der Weg in die Prostitution somit den einzigen Weg dar, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Doch was passiert, wenn das Gewerbe gänzlich aus der Stadt verbannt wird - wie beispielsweise durch das von der Karlsruher SPD geforderte "Sexkaufverbot"?
Der Rutsch in die Kriminalität
"Dann besteht die Gefahr, dass Prostitution in das sogenannte Dunkelfeld gerät und wir sie aus dem Auge verlieren", meint Ostern. Das hieße nicht nur weniger Kontrolle, sondern auch weniger Möglichkeiten, den Frauen auf der Straße zu helfen und sie zu kontaktieren.

Darüber hinaus steht die Aussicht für eine Durchsetzung solch eines Verbots vor rechtlichen und politischen Hürden. Ebenso die Aussicht auf eine Ausweitung von Sperrbezirken im Stadtgebiet: "Für die Einführung und Durchsetzung eines Sexkaufverbots und der damit bezweckten Kriminalisierung gibt es derzeit keine Rechtsgrundlage", heißt es vonseiten der Stadtverwaltung.
In Sachen Sperrbezirken liegt die Zuständigkeit bei dem Regierungspräsidium Karlsruhe. Inwiefern ein Änderungsantrag der aktuell geltenden Rechtverordnungen beantragt werden könne, werde durch die Fachgruppe "Prostituiertenschutzgesetz" geprüft, so die Stadt. Ein Ergebnis bleibt abzuwarten.