"Bevor die Stadt Karlsruhe gegen Schottergärten vorgeht, sollte sie erstmal auf den der Stadt gehörenden Grünflächen für Artenvielfalt mit Blumenwiesen sorgen", so die Reaktion einen ka-news.de-Lesers auf die Ankündigung der Stadt Karlsruhe aktiv gegen Schottergärten im Höhenstadtteil Stupferich vorzugehen.
Stadt wegen Schottergärten in der Kritik
Zur Erinnerung: Im Sommer 2020 verabschiedete der baden-württembergische Landtag eine Änderung des Naturschutz- sowie ein neues Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz. Schottergärten waren damit verboten. Die Stadt Karlsruhe kündigte an, Grundstücksbesitzer zu kontaktieren und diese zum Rückbau ihrer Schottergärten aufzufordern.

Den Anfang machte die Stadt im Mai 2023 in Stupferich. Zwischen 30 und 40 Haushalte wurden aufgefordert, ihre Gärten im Sinne der Artenvielfalt und des Naturschutzes umzugestalten.
Dabei solle sich die Stadt zunächst an die eigene Nase fassen, so der Tenor der Kritiker. "Wenn man vom Geigersberg durch die Rommelstraße bis zum Bahnhof läuft, sieht man keine fünf Blühpflanzen. Da wächst nur Süßgras, das so einen Dreck mit seinem Staub macht, dass man ständig Husten muss", schreibt der Leser in seiner Mail an die Redaktion weiter. Auch die Grünflächen am Durlach-Center könnten seiner Meinung nach zu Blumenwiesen gemacht werden.
"Jeder Fußballplatz hat mehr Artenvielfalt"
Sollte es dann doch mal eine Blume schaffen, werde diese sofort "abgemäht, wobei auch noch die restlichen Insekten vom Rasenmäher geschreddert werden." Sein Fazit: "Jeder Fußballplatz hat mehr Artenvielfalt als die Flächen der Stadt Karlsruhe."

Ähnliche Kritik muss sich die Stadt Karlsruhe regelmäßig auch zur Neugestaltung des Karlsruher Marktplatzes gefallen lassen. Und auch die geplante Fällung der Platanen in der Kaiserstraße sei laut Kritikern nicht tier- oder klimafreundlich. Die neue Fußgängerzone werde durch die Umgestaltung eben genau das, was das Verbot der Schottergärten verhindern soll: eine Betonwüste ohne Leben.
Stadt: "Karlsruhe ist ein Hotspot der Artenvielfalt"
Anderer Ansicht ist da die Stadt Karlsruhe. Das Amt für Umwelt- und Arbeitsschutz meint: "Karlsruhe ist ein Hotspot der Artenvielfalt, denn hier treffen mehrere Naturräume aufeinander. Die dadurch entstehende Vielfalt an unterschiedlichen Lebensräumen macht Karlsruhe zu etwas ganz Besonderem."

Die Stadt Karlsruhe habe es sich zum Ziel gemacht, die für die Region typischen Tier- und Pflanzenarten sowie deren Lebensräume zu erhalten und zu fördern. Grundlage dafür sei das städtische Biodiversitätskonzept. "In dem Ende 2021 im Gemeinderat beschlossenen Konzept wurden biodiversitätsfördernde und -schädigende Handlungen herausgearbeitet und Maßnahmen entwickelt, die zur Förderung und zum Erhalt der Biodiversität in Karlsruhe beitragen sollen", so die Stadt.
Außerdem fördere die Stadt die Artenvielfalt durch "eine Vielzahl von Maßnahmen und Initiativen." So werde beispielsweise ein großer Anteil der städtischen Grünflächen (knapp 30 Prozent) naturnah, also mit insektenschonenden Geräten, zwei Mal im Jahr abschnittsweise gemäht. Dabei blieben Blühinseln und Altgrasstreifen als Rückzugsgebiete für Insekten stehen.
Wie die Stadt Artenvielfalt fördert
"Die Vielfalt an Pflanzenarten wird sowohl auf städtischen Wiesen durch die naturnahe Pflege, durch Initialansaaten und durch die Übertragung von selbst geerntetem Samen aus wertvollen Wiesenbeständen gefördert. Artenreiche Pflanzungen im öffentlichen Grün und im Verkehrsgrün ergänzen das Spektrum, beispielsweise in Durlach", schreibt das Gartenbauamt in einer Mail an ka-news.de.

Weitere Maßnahmen der Stadt Karlsruhe seien sehr umfassend und richten sich vorrangig an städtische Ämter. "Aufgrund des Umfangs und des zum Teil mit den Maßnahmen einhergehenden finanziellen und personellen Mehraufwandes, wird die Umsetzung der Maßnahmen einige Zeit dauern. Sie werden jedoch sukzessive in die Bewirtschaftungs- und Nutzungspläne, Leistungsverzeichnisse für Ausschreibungen, Förderprogramme und Fachplanungen einbezogen", heißt es.
Auf den konkreten Vorwurf zur Rommelstraße in Durlach reagiert die Stadt so: "Grünflächen (wie beispielsweise in der Rommelstraße in Durlach), die von mächtigen Baumalleen gesäumt sind, die in Wiesenflächen wurzeln, sollen nicht durch mechanische Eingriffe bepflanzt oder in Blumenwiesen umgewandelt werden."
Durlach Center nicht von der Stadt unterhalten
Der starke Schattenwurf und der Laubfall der Bäume lasse auch keine blühende Staudenflora zu. Im Frühjahr würden Narzissen und andere Zwiebelpflanzen auf diesen Flächen blühen, die in dieser Zeit ungemäht bleiben. Dabei entstünde in Teilbereichen eine Langgrasvegetation, die Insekten Lebensraum bietet.

Die Freiflächen am Durlach-Center seien derweil Eigentum Betreibers oder in Teilen an den Betreiber verpachtet und nicht im städtischen Unterhalt.
Einige biodiversitätsfördernde Maßnahmen der Stadt würden bereits umgesetzt. So wird in Karlsruhe seit 2022 eigenes Wiesen-Saatgut gewonnen, um den verschiedenen Naturräumen und ihren Standortbedingungen gerecht zu werden. Häufig seien biodiversitätsfördernde Maßnahmen auch sehr unscheinbar.
"Die augenscheinlich stark blühende Standard-Blumenwiesen-Mischung ist meist wenig standortgerecht oder regionaltypisch. Für viele heimische, häufig spezialisierte Insekten stellen diese keinen Nahrungs- und Lebensgrundlage dar. Dabei kann eine augenscheinlich vielleicht magerer und im Auge von Laien ungepflegte aussehende Wiese, die jedoch standorttypisch ist, einen viel größeren Wert für heimische Arten haben", erklärt die Stadt.
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