"Mehr Artenschutz und mehr Biodiversität" waren unter anderem die erklärten Ziele, als die baden-württembergische Landesregierung im Sommer 2020 eine Änderung des Naturschutz sowie ein neues Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzt vorlegte. Wenig später wurden diese im Landtag verabschiedet.
Schottergärten: Pflegeleicht, aber bedenklich
"Der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe", so die damaligen Minister Franz Untersteller (Umwelt) und Peter Hauk (Landwirtschaft) im Einklang. Eine Auswirkung der neuen Gesetze: ein explizites Verbot von Schottergärten für Privatpersonen.

Zwar gelten diese als pflegeleicht und erfreuen sich deshalb wachsender Beliebtheit bei Eigenheimbesitzern, doch sie sorgen auch dafür, dass Lebensraum für Insekten zurück- oder sogar verlorene gehe.
"Dass die reine Schotterwüste sowohl für den Erhalt der Biodiversität als auch für den Klimaschutz im höchsten Maße kontraproduktiv ist, ist ebenso unbestritten wie, dass natürliche oder naturnahe Steingärten ein wertvolles Refugium für darauf spezialisierte Tier- und Pflanzenarten darstellen", so das baden-württembergische Umweltministerium.
Keine Nahrung und kein Unterschlupf für Insekten
Das Bundesumweltministerium ergänzt: "Auf kahlen Flächen ohne Pflanzen finden Schmetterlinge, Käfer und andere Insekten keine Nahrung, keinen Unterschlupf und damit keinen Lebensraum. Durch die Folien oder Vliese gibt es keine Austauschmöglichkeit mit dem natürlichen Boden. Viele Insektenarten sind darauf angewiesen, weil sie beispielweise ihre Eier dort ablegen. Auch das natürliche Bodengefüge wird durch die Anlage eines Schottergartens vernichtet oder zumindest stark beeinträchtigt. Der Boden verliert seine natürlichen Funktionen."

Kürzlich - knapp drei Jahre nach Verabschiedung der Gesetze - wurde bekannt, dass die Stadt Karlsruhe aktiv gegen bestehende Schottergärten vorgehen will. Im Karlsruher Höhenstadtteil Stupferich wurden zwischen 30 und 40 Haushalte dazu aufgefordert, ihre Gärten umzubauen.
In der Fächerstadt kümmert sich das Bauordnungsamt um bestehende Schottergärten und die Umsetzung der Festsetzungen und örtlichen Bauvorschriften zu Begrünungsmaßnahmen aus den Bebauungsplänen. "Dabei handelt es sich nicht nur um einen gesetzlichen Auftrag, sondern gleichzeitig um Klimaschutzmaßnahmen und damit um einen Auftrag aus dem Gemeinderat", erklärt die Stadt Karlsruhe auf Anfrage von ka-news.de.
Wie die Stadt Karlsruhe vorgeht
Auch in anderen Stadtteilen könnten Besitzer von Schottergärten bald Post von der Stadt mit der Aufforderung des Umbaus bekommen. Denn das Bauordnungsamt solle sich weiterhin um bestehende Schottergärten kümmern. Personelle Ressourcen wurden dazu bereitgestellt.

"Da es sich um eine Stelle handelt, werden die Bereiche gebietsweise angegangen. Gleichzeitig das ganze Stadtgebiet anzugehen ist realistisch nicht leistbar", so die Stadt weiter. Ob dabei ein oder mehrere Stadtteile priorisiert werden, erklärt die Stadt nicht.
Bei der Kontrolle der Gärten geht das Bauordnungsamt folgendermaßen vor:
- Festlegung des betroffenen Gebiets
- Systematische Erfassung des rechtswidrigen Baubestands in diesem Gebiet durch Luftbilder, Baukontrollen, Dokumentation des Zustandes und des Errichtungszeitraumes, Rechtsgrundlagenermittlung (zum Beispiel: Auflagen der Bebauungspläne)
- Prüfung benannter Referenzfälle
- Behandlung der erfassten Fälle nach einem der Sachlage angepassten Konzept mit der Verwendung rechtlich zulässiger Differenzierungskriterien (Beispiel: die Größe, die Nutzung, das Alter oder die Auffälligkeit der Anlage)
- Es werden Kriterien aufgestellt, um innerhalb der Gebiete eine Reihenfolge des Aufgreifens festzulegen, falls dies aufgrund der Vielzahl der Fälle notwendig ist
- Verstöße gegen Festsetzungen im Bebauungsplan werden vorrangig vor Verstößen gegen §§ 9 Abs. 1 LBO i.V.m. §21a NatschG und gebietsweise aufgegriffen.
Gilt für manche Gärten ein Bestandsschutz?
Ein Problem dabei: der Bestandschutz. Gärten die vor der Gesetztesänderung im Sommer 2020 angelegt wurden, könnten unter den Bestandschutz fallen. Hierfür gibt es von Seiten des Landes noch keine eindeutige Regelung.
Deshalb: "Kümmert sich die Verwaltung zuerst um die Fälle nach 2020. Bei Neubauten werden solche Anlagen durch Baukontrolle dokumentiert und aufgegriffen."
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