"Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch noch vier Jahre zu leben!" - dieser bekannte Satz wird keinem geringeren als Albert Einstein zugeschrieben. Auch wenn nicht bewiesen ist, dass er das wirklich so gesagt hat, macht das Zitat dennoch eines deutlich: Wir als Menschen sind von den Bienen abhängig - und das nicht nur wegen des leckeren Honigs.

"Die Biene ist eines der wichtigsten Nutztiere"

"Die Biene ist eines der wichtigsten Nutztiere, weil die Bestäubungsleistung durch nichts zu ersetzen ist", erklärt, Ulrich Steiert, Vorstandsvorsitzender des Bienenzüchtervereins Karlsruhe. Seit 15 Jahren ist er Mitglied im weit über 150 Jahre alten Verein. "Die Biene ist blütenstetig, das heißt, sie besucht auf einem Flug nur Pflanzen der gleichen Art und bestäubt sie daher auch mit arteigenen Pollen. Artfremde Pollen wären für die Pflanze nutzlos", so der Imker im Gespräch mit ka-news.

Ulrich Steiert ist Vorstandsvorsitzender des Bienenzüchtervereins Karlsruhe.
Ulrich Steiert ist Vorstandsvorsitzender des Bienenzüchtervereins Karlsruhe. | Bild: Felix Haberkorn

Die Biene selbst profitiert wiederum vom Nektar der Pflanzen, der ihr Nahrung bietet. Laut Deutschem Imkerbund hängen 85 Prozent der landwirtschaftlichen Erträge im Pflanzen- und Obstbau von der Bestäubung durch Honigbienen ab. Greenpeace hat die wirtschaftliche Bedeutung der weltweit jährlichen Bestäubungsleistung durch Bienen auf 265 Milliarden Euro geschätzt.

Das Bienensterben hat viele Gründe

Doch immer mehr Bienenvölker sterben. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Vor allem die vielen Insektizide, "deren toxische Wirksamkeit immer höher wird", machen es laut Steiert dem fleißigen Insekt schwer. Solche Insektizide haben 2008 gar zu einem großen Bienensterben am Oberrhein geführt. "Dabei sind bis zu 80 Prozent der Bienenvölker verendet", erklärt der Imker gegenüber ka-news. Nicht umsonst fordert die internationale Umweltorganisation Greenpeace Gesetze, die den Einsatz von Pestiziden, die für Bienen schädlich sind, zu verbieten.

Es gibt aber auch noch andere Gründe für den Rückgang der Populationen: "Auch heute kämpft die Biene ums Überleben, bedingt durch den Einsatz von Pestiziden, den Monokulturen in der Landwirtschaft, dem Rückgang von Wildblumen und -kräutern an Randstreifen und der Varroamilbe. Viele verschiedene Faktoren belasten die Bienen", so Steiert weiter. Vor allem aber letzterer mache den Insekten dabei zu schaffen.

(Symbolbild)
Pestizide sind ein Grund für das Bienensterben. (Symbolbild) | Bild: pixabay.com@wuzefe

Das Problem: Meist lässt sich der Parasit direkt auf der Biene nieder. "Wir haben nicht nur in Europa seit über 40 Jahren die Varroamilbe, die sämtliche Bienenvölker parasitiert. Diese wurde aus Asien eingeschleppt", erklärt Steiert. Nur mit ausreichender Ernährung kann die Biene ihr Immunsystem zum Schutz vor der Milbe stärken. Doch da taucht bereits das nächste Problem auf: wenig Vielfalt und die Trockenheit - gerade im vergangenen, sehr heißen Sommer ein Thema.

"Wenn jeder von unseren Schülern 20 Bäume pflanzt, ist schon viel geholfen"

"Wir hatten nun drei Wochen lang keinen Nektarertrag", bemängelt Rainer Romer, langjähriges Mitglied des Bienenzüchtervereins Karlsruhe und ergänzt: "Der Klimawandel mit seinem unbeständigen Wetter führt dazu, dass die Bienen keine Vorräte anlegen können. Hinzu kommt der massive Flächenfraß in Karlsruhe auf Kosten großgewachsener Bäume. Dieser von uns Menschen verursachte Nahrungsmangel trifft leider auch unsere Wildbienen." Deswegen sei die Blütenvielfalt an Pflanzen so wichtig. "Wenn jeder von unseren Schülern 20 Bäume pflanzt, ist schon viel geholfen", appelliert er an die Nachwuchsimker.

Denn: Durch eine schwindende Anzahl an Grünflächen fehlen der Honigbiene die Trachtquellen. Die Tracht bezeichnet das gesamte Angebot an Nektar, Pollen und Honigtau, welche die Bienen in ihren Bienenstock tragen und von der sie leben. Honigbienen benötigen vor allem große Trachtbäume, wie Robinien, Ahorn oder Linden. Wildbienen fliegen große Trachtbäume dagegen nur selten an, wie Romer erläutert. "Sie haben oft einen recht kleinen Flugradius, in dem sie Nektar und Pollen suchen. Sie sind zudem oft meist spezialisiert auf ganz bestimmte Pflanzen", sagt er.

Monokultur schadet der Biene

Werden einzelne Baumarten vom Menschen ersatzlos aus dem Boden gerissen oder erblühen gar nicht erst, geschieht dies zum Nachteil der Wildbiene. "Wenn die Honigbienen auf diese Futterquelle nicht mehr zugreifen können, fliegen sie auf alle anderen Blühpflanzen", erklärt Romer. Honigbienen "klauen" somit den Wildbienen ihre begrenzte Nahrungsmöglichkeit.

Die notwendige Vielfalt verschwindet zunehmend, vor allem auf dem Land wird die sogenannte Monokultur - also der Anbau ausschließlich einer einzigen Nutzpflanzenart über einen Zeitraum von mehreren Jahren - immer beliebter.

"Auch in der Intensiv-Landwirtschaft blüht recht wenig. Nachdem zum Beispiel der Raps geerntet ist, gibt es dort keine Blühflächen mehr, sondern nur noch grüne Wüste. Hier ist ein Umdenken erforderlich", betont Ulrich Steiert.

Stadtimkern als große Chance

Doch was passiert, wenn dieses Umdenken nicht stattfindet und das Bienensterben weitergeht? So sind beispielsweise in China bereits einige Obstbauern gezwungen, ihre Plantagen selbst per Hand bestäuben müssen, um den Ertrag zu sichern. 

Damit dieses Bild nicht auch in Karlsruhe zur Realität wird, hat Imker Steiert einige Tipps, wie die Bürger ihren Alltag bienenfreundlicher gestalten können: "Wir können Blühflächen schaffen und auch darauf achten, welche Pflanzen wir anpflanzen. Bevorzugen sollten wir solche Pflanzen, die für die Insekten auch Nektar und Pollen abwerfen, dann tun wir für die Bienen auch etwas Gutes", so Steiert.

Eine Bienenwabe.
Eine Bienenwabe. | Bild: Felix Haberkorn

Gerade der eigene Garten oder Balkon biete dafür eine echte Chance. "Es gibt viele Häuser mit Schottergärten. Da blüht natürlich nichts", bemängelt der Vorstandsvorsitzende.

Eine gute Möglichkeit biete zudem interessanterweise die Stadt. Der Grund: Hier werden weniger Pestizide versprüht. Hinzu kommt: "In der Stadt ist es deswegen für die Biene einfacher, weil dort die Vielfalt viel größer ist, als in den intensiv landwirtschaftlich genutzten Gegenden. In der Stadt gibt es ein vielfältiges Angebot an Blühpflanzen, zum Beispiel in Hausgärten, Schrebergärten und Grünanlagen", erläutert der Imker im Gespräch mit ka-news. Das Stadtimkern biete somit eine Chance für die Biene.

Ein eigenes Bienenvölkchen?

Wer möchte, kann sich in Karlsruhe sogar ein eigenes Bienenvolk zulegen und damit selbst zum Imker werden - und das scheint inzwischen sogar zum Trend zu avancieren: Nach eigener Aussage nimmt die Zahl an Nachwuchsimkern beim Karlsruher Bienenzüchterverein stark zu. "Die Nachfragen sind sehr hoch. Wir müssen inzwischen sogar Kursanfragen ablehnen! Unser Ziel ist es, 45 Anfänger pro Jahr auszubilden", freut sich Steiert über das große Interesse der Bürger.

Er und seine Vereinskollegen begleiten Nachwuchsimker ein Jahr lang an deren eigenen Bienenvölkern, zunächst vor allem theoretisch. Vermittelt werden hierbei die Biologie der Honigbiene, auftretende Krankheiten und Arbeitsmaterialien eines Imkers. Außerdem geht es darum, was bei der Varroamilben-Bekämpfung zu beachten ist oder auch wie Honig hygienisch gewonnen und weiterverarbeitet wird. 

Vereinsmitglied Rainer Romer und Nachwuchsimkerin Maria Zimmermann.
Vereinsmitglied Rainer Romer und Nachwuchsimkerin Maria Zimmermann. | Bild: Felix Haberkorn

Doch das Züchten eines Bienenvolkes ist keine leichte Aufgabe. Da mussten auch die diesjährigen Imkerschüler schnell lernen: "Ich habe gedacht, man stellt das Haus hin und es läuft. Doch es gibt viele Einflussfaktoren übers Jahr, die man beachten muss: Wetter, Tracht, Krankheiten", beschreibt Imkerschülerin Maria Zimmermann gegenüber ka-news. 

"Man nimmt die Umwelt plötzlich ganz anders wahr!"

"Wir geben den Nachwuchsimkern einen Leitfaden an die Hand, wie ein Bienenjahr abläuft", so der Erste Vorstand. Im Winter erfolgen zunächst die theoretischen Kurse, bevor dann ab Frühjahr praktisch an den Völkern auf dem Gelände des Bienenzüchtervereins im Hardtwald gearbeitet wird. "Das sind etwa 16 bis 17 Termine, sodass die Kursteilnehmer dann selbstständig an ihren Bienenvölkern arbeiten können", meint Steiert.

Viele neue Nachwuchsimker wollen das "Bienenhandwerk" erlernen.
Viele neue Nachwuchsimker wollen das "Bienenhandwerk" erlernen. | Bild: Felix Haberkorn

Nach einem Jahr Imkerschulung müssen die Teilnehmer ihre Bienevölker allerdings bei sich zu Hause unterbringen. Die meisten stellen sie dann in ihren Garten. Gerade die Gewinnung von Obst durch Bienen ist für einige Nachwuchsimker ein Grund, den Kurs zu besuchen: "Wir haben uns zum Ziel genommen, mehr Bienen im eigenen Garten zu haben, um für mehr Obst zu sorgen", verrät eine Imkerschülerin aus dem vergangenen Jahr, die nun als Patin für die diesjährigen Neulinge zur Verfügung steht.

Doch das Imkern verändert auch den Blick auf die kleinen Tierchen und die Natur. Im Kurs ist man sich darüber einig: "Man nimmt die Umwelt plötzlich ganz anders wahr!"

ka-news-Hintergrund: Der Weg des Honigs

Der bei uns Menschen so beliebte Honig hat von der Pflanze bis zum Honigglas einen langen Weg vor sich. Dabei gilt es zwei Arten von Honig zu unterscheiden, wie Steiert erklärt: "Das sind einerseits die Nektarhonige, also Blütenhonige und zum anderen die Honigtauhonige. Der Blütenhonig entsteht so, dass die Biene von Blüte zu Blüte fliegt, den Nektar einsammelt und ihn in den Stock einträgt und dabei den Honig immer mehr konzentriert."

Denn der eingesammelte Nektar hat zunächst einen Wasseranteil von bis zu 80 Prozent - der fertige Honig soll am Ende nicht mehr als 18 Prozent enthalten. "Deswegen muss ihm ständig Wasser entzogen werden. Das passiert im Bienenstock durch sogenanntes Umtragen von Honig und Weitergabe von einer Biene zur nächsten, Luft fächeln sowie Wasser verdunsten. Beurteilen die Bienen den Honig als "reif", verdeckeln sie ihn mit selbstproduziertem Wachs", beschreibt Steiert den Vorgang.

Doch damit ist die "Honigproduktion" noch nicht abgeschlossen. Sobald genügend Waben verdeckelt sind, entnimmt der Imker die Waben, entfernt den Wachsdeckel und stellt sie in die Honigschleuder. "Dort wird der Honig durch die Zentrifugalkraft aus den Zellen herausgeschleudert. Danach wird er gesiebt, geklärt und abgefüllt. Möchte man den Honig als cremigen Honig anbieten, kann er noch gerührt werden", erläutert Steiert.

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