Mit dem Ausruf "Oma wohnt an der Autobahn" zogen am 10. April zahlreiche Einwohner des Karlsruher Stadtteils Hagsfeld auf die Straße. Sie blockierten den Verkehr, der seit Jahren Tag für Tag durch ihr Wohngebiet strömt, um auf die geplante Umfahrung aufmerksam zu machen. Diese wird seit 2008 in den städtischen Gremien diskutiert.

Am 22. Mai 2025 steht der aktuelle Stand des Verfahrens auf der Tagesordnung des Planungsausschusses des Gemeinderats.
Seit 2020 klar: Umfahrung als Unterführung
Die Stadt Karlsruhe plant eine neue Straßenverbindung zwischen den Stadtteilen Rintheim und Hagsfeld. Ziel ist es, den Verkehr zu entlasten und dabei Umwelt sowie Anwohner zu schonen. Ein Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 2020 sieht vor, den Verkehr künftig unter den Bahngleisen hindurchzuführen.

Ursprüngliche Planung:
Vier Brücken für Mensch und Tier In der ersten Entwurfsphase waren vier Brücken vorgesehen:
- Zwei Brücken für Fuß- und Radverkehr: Eine in Verlängerung der Rintheimer Hauptstraße und eine am Alten Bach sollten die direkte Verbindung zwischen Rintheim und Hagsfeld trotz Umfahrung sichern.
- Zwei Grünbrücken für Wildtiere: Jeweils eine östlich und eine westlich der Bahngleise, um die Trennung der Landschaft für die Tierwelt zu minimieren und bestehende Wanderwege zu erhalten
Überarbeitete Planung:
Reduzierung auf zwei Brücken Aus Kostengründen sowie zur Verringerung des Flächenverbrauchs wurden die beiden Brücken für Fuß- und Radverkehr gestrichen. Stattdessen soll:
- Die östliche Grünbrücke verbreitert werden, um zusätzlich einen wassergebundenen Weg für Fußgänger und Radfahrer zu ermöglichen.
- Die Alte Rintheimer Hauptstraße entsiegelt und über einen einfachen Wirtschaftsweg an den Hinterwiesenweg angebunden werden.
Damit verbleiben zwei Brücken im Projekt: eine reine Grünbrücke im Westen und eine kombinierte Brücke im Osten für Wildtiere sowie nicht-motorisierten Verkehr.

Die überarbeiteten Pläne wurden im Juli 2023 den Bürgervereinen aus Hagsfeld, Rintheim und der Waldstadt vorgestellt. Im Dezember 2023 folgte eine öffentliche Bürgerinformation. Im November 2024 wurde die Planung erneut mit den Bürgervereinen diskutiert – jeweils unter Beteiligung von Bürgermeister Daniel Fluhrer.

Aktueller Stand der Umfahrungspläne
Die Planungen sind größtenteils abgeschlossen. Eine besondere Herausforderung war die Anbindung des Technologieparks, die eine Anpassung des Bebauungsplans erforderte.

Schwierig gestaltete sich auch die Planung an der Stelle, wo die Umgehungsstraße auf die bestehende Bahntrasse trifft. Dort soll die Straße durch ein Trogbauwerk – eine Unterführung – mit einer Länge von 301,2 Metern geführt werden. Dieses Bauwerk gilt als besonders kostenintensiv.
Weitere zentrale Punkte des Plans:
- Bäume sollen die Umfahrung säumen, um sommerliche Aufheizung der Straße zu vermeiden.
- Die Entwässerung erfolgt überwiegend durch Versickerungsmulden und natürliche Abläufe; im Bereich der Haid-und-Neu-Straße wird Wasser in die Kanalisation geleitet.
- Lärmschutzwände sind vorgesehen.
- Der "Alte Bach" wurde aus Naturschutzgründen nach Osten verlegt.
- Zwischen Rintheim und Hagsfeld wurden Ausgleichsflächen für Umwelt- und Artenschutz gesichert.
Kosten der Umfahrung Hagsfeld liegen bei 118 Millionen Euro
Laut Entwurfsplanung liegen die Baukosten bei etwa 100 Millionen Euro. Aufgrund steigender Preise – unter anderem durch den Ukraine-Krieg und die Energiekrise – wurde eine jährliche Baupreissteigerung von vier Prozent bis zum Baubeginn 2029 berücksichtigt, was die Kosten auf rund 116 Millionen Euro erhöht.

Zusätzlich muss die Stadt der Deutschen Bahn eine Ablösesumme von 1,2 Millionen Euro zahlen, da die Unterführung unter den Gleisen liegt und die Bahn die Unterhaltung übernimmt. Die Gesamtkosten belaufen sich somit auf etwa 118 Millionen Euro.
Fördermittel wahrscheinlich nur für Brückenvariante
Eine Förderung durch das Land ist voraussichtlich nur für die wirtschaftlichere Brückenvariante möglich. Die Stadt muss die Mehrkosten für das Trogbauwerk selbst tragen.
Baubeginn ab 2029 geplant
Die Planfeststellungsunterlagen werden parallel zur Entwurfsplanung erstellt, sodass das Planfeststellungsverfahren im Sommer 2025 beantragt werden kann. Der Bau der Unterführung ist für den Sommer 2030 vorgesehen und soll mit der Sanierung der Bahnstrecke Mannheim–Karlsruhe koordiniert werden, die für die Bauarbeiten gesperrt wird.

Ab 2029 starten vorbereitende Maßnahmen wie Baustelleneinrichtung und Baugrubenherstellung. Bereits 2027 beginnen Ausgleichsmaßnahmen zum Schutz von Eidechsen (CEF-Maßnahmen), die bis zum Baubeginn 2029 funktionsfähig sein müssen. Sollte die Bahnstreckensanierung vorgezogen werden, könnten auch diese Maßnahmen früher beginnen. Deshalb sind für den Haushalt 2026 500.000 Euro zur flexiblen Reaktion eingeplant.
"Das teuerste Sträßle in Karlsruhe" sorgt für Diskussionen im Planungsausschuss
Bürgermeister Daniel Fluhrer eröffnet die Diskussion im Planungsausschuss mit einem Scherz: "Das teuerste Sträßle in Karlsruhe beschäftigt uns heute erneut." Anschließend werden die Mitglieder des Gemeinderats über den aktuellen Planungsstand des Millionenprojekts informiert.

Die überarbeiteten Pläne unterscheiden sich zwar äußerlich kaum von den bisherigen, zeichnen sich jedoch durch eine deutlich höhere Detailtiefe aus – insbesondere in den Bereichen Entwässerung, Schallschutz und Naturschutz sind spürbare Fortschritte erkennbar.
"Wohin geht die Reise?": CDU-Stadtrat Pfannkuch stellt die Kostenfrage
Man habe eine sehr gute und vor allem für alle Beteiligten ideale Lösung präsentiert, erklärt Stadtrat Pfannkuch. Das kritische Thema der Umfahrung dürfe nicht auf die lange Bank geschoben werden, doch auch die Kosten müsse man im Blick behalten: "Die Frage ist, können wir uns diese ideale Lösung im Jahr 2030 in dieser Form überhaupt leisten?"

"Wir haben große Bauchschmerzen": FDP/FW-Stadträtin Lorenz warnt vor Kostensteigerung
Stadträtin Lorenz betont, dass die Fraktion aus FDP und Freien Wählern das Projekt grundsätzlich mitträgt. Allerdings äußert sie Sorge über die finanzielle Entwicklung: "Das könnte Dimensionen annehmen, die das Projekt am Ende zum Scheitern bringen."

"So geht es nicht weiter!": KAL-Stadtrat Cramer lehnt das Projekt ab
Die Fraktion der KAL habe sich von Beginn an gegen das Projekt ausgesprochen. Die massive Kostensteigerung sei für Stadtrat Cramer ein klares Zeichen dafür, dass diese Haltung berechtigt war. "So kann es mit der finanziellen Situation der Stadt nicht weitergehen", warnt er. Zwar habe er Verständnis für die Anliegen der Hagsfelder Anwohner, doch die angespannte Haushaltslage lasse ein derart teures Vorhaben schlicht nicht zu. "Der Oberbürgermeister verschließt die Augen vor der Realität", kritisiert Cramer scharf.

"Soweit, so schlecht": Bürgermeister Fluhrer beendet die Diskussion
Im Planungsausschuss kommt man am 22. Mai zu keiner Einigung. Bürgermeister Daniel Fluhrer schließt die Diskussion mit den Worten: "Soweit, so schlecht? Wir geben das Verfahren an das Regierungspräsidium weiter." Zugleich erinnert er die Stadträte daran, dass sie selbst mehrheitlich die teurere Unterführungslösung beschlossen hätten: "Was wir Ihnen heute präsentieren, ist kein Luxus, sondern das Minimum", betont der Bürgermeister.