Die Situation in den Kitas in Karlsruhe ist angespannt. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Weil in den Kindertagesstätten in Baden-Württemberg ein akuter Personalmangel herrscht und zugleich der Bedarf der Eltern an Kinderbetreuung steigt. Die Politik versucht im Oktober 2022 das mit einer Ausnahmeregelung auszubalancieren.
Winter 2022: Wenig Personal, viele kranke Erzieher
Eine Ausnahmeregelung sieht vor, dass die Höchstgruppenstärke im Ausnahmefall um bis zu zwei Kinder überschritten werden kann. Die Änderung der Verordnung ist auf das Kitajahr 2022/23 begrenzt.

Esther Marggrander, Geschäftsbereichsleitung der AWO-Kitas Karlsruhe, sagte damals: "Die enorme Infektionswelle hat auch unsere Einrichtungen erreicht. Corona, Grippe, Angina, Ohrenschmerzen - das volle Programm." Auch bei den Kitas der Stadt ist die Situation angespannt und von Krankheitsfällen bei Erziehern und Kindern gezeichnet, wie die Stadt Karlsruhe auf Anfrage der Redaktion erklärte. Kitabetreiber Pro-Liberis ginge es kaum anders. Der damalige Appell: Das Kind bei Erkältungssymptomen bitte zu Hause lassen.
Januar 2023: "Der Fehler liegt im System"
Wenige Wochen später - im Januar 2023 - meldete sich ka-news.de-Leser Christoph H. mit einem Leserbrief bei der Redaktion von ka-news.de. Er schrieb: "Der Fehler liegt tief im System. Und die Eltern dürfen das seit Corona massiv ausbaden. Der Kern des Problems liegt in der Arbeitswelt. Kaum ein Arbeitgeber hat (wirklich) noch Verständnis für kinderbetreuende Eltern. Eltern bekommen für Kinderkranktage nur einen (lächerlichen) Bruchteil des Gehalts ersetzt. Schön dass es Kinderkranktage für Eltern gibt - und wer erklärt das der Wirtschaft, und den Banken die keine Kinderkranktage für Darlehen anbieten?"
Februar 2023: Offener Brief an Bürgermeister Lenz und Streik
Weil sich die Situation auch im Februar 2023 nicht verbessert hat und viele Kitas weiterhin mit Personalausfällen zu kämpfen haben und in der Folge ihre Öffnungszeiten verkürzen, wenden sich mehrere betroffenen Eltern mit einem offenen Brief an Karlsruhers Bürgermeister Martin Lenz.

"Der Personalmangel in der 'Kita Blücherstraße' dauert nun schon über viele Monate an und erweist sich als massive Beeinträchtigung für den Betrieb. Der Personalnotstand im Kindergarten führt dauerhaft zu verkürzten Betreuungszeiten und regelmäßiger Notbetreuung. Trotz dieser Kürzungen bezahlen alle Eltern seit Monaten den vollen Betrag für die Betreuungszeit von 7 bis 17 Uhr, die aber meist nicht verlässlich gegeben ist", schrieb die Elternvertretung der betroffenen Kita unter anderem.
Durch einen Warnstreik an den städtischen Kitas in Karlsruhe am 14. Februar wächst der Druck auf die Eltern zusätzlich. 40 Kitas bleiben zu. Die Gewerkschaft verdi fordert für ihre Mitglieder 10,5 Prozent mehr Lohn. Auch am 27. Februar gingen verdi-Mitglieder auf die Straße.
Die Stadt reagiert
Auf Anfrage von ka-news.de reagieren die Stadt und Bürgermeister Lenz kurze Zeit später. Sie verkünden unter anderem: ""Für die Stadt Karlsruhe ist ein bedarfsgerechtes Angebot in der Kindertagesbetreuung weiterhin ein wichtiges kommunalpolitisches Ziel. Allein in den letzten fünf Jahren wurden rund 700 Plätze in der Kindertagesbetreuung neu geschaffen. Dabei sind neben der Erfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz die pädagogische Förderung und damit die Erziehung, Bildung und Betreuung der Kinder, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Verbesserung der Chancen- und Bildungsgerechtigkeit für benachteiligte Kinder zentrale Anliegen." Bundesweit würden über 100.000 Erzieher fehlen.
Kommentar: Antwort der Stadt "ein weiterer Schlag ins Gesicht"
Aus Sicht von ka-news.de-Geschäftsführer Felix Neubüser - selbst regelmäßig von den Problemen in den Kitas betroffen - fällt die Antwort der Stadt "sehr dürftig" aus. In seinem Kommentar kritisiert er, dass Stadt und Land zu wenig gegen den Personalmangel in den Kitas tun. Stattdessen wälze man den Druck auf die Erzieherinnen und Erzieher und auf die Eltern ab.
Die Antwort der Stadt, dass eben bei den Erziehern einen Fachkräftemangel gebe, sei für die betroffenen Eltern ein (weiterer) Schlag ins Gesicht. "Kein privatwirtschaftliches Unternehmen könnte es sich leisten, einen seit Jahren bekannten Personalnotstand so einfach abzutun. Unternehmen, die wegen Personalnot Aufträge nicht abarbeiten können, tun alles, um diese Lücken zu schließen." Die Stadt dagegen scheine den Mangel wahr- aber auch hinzunehmen.
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