"In den letzten Jahren wurden bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, um Anwohner vor Verkehrs- und Gewerbelärm zu schützen", so lautet das Resümee des Karlsruher Planungsausschusses am 8. Mai zum Lärmaktionsplan.
5,2 Millionen Euro für Lärmschutzwände
Nach Ansicht der Grünen nicht genug: "Die Lärmkartierung für Karlsruhe zeigt eindeutig einen riesigen Handlungsbedarf", so Stadtrat Alexander Geiger. "Die bisher ergriffenen Maßnahmen waren wichtig, wir hatten uns aber eine höhere Geschwindigkeit bei der Umsetzung des Lärmaktionsplans gewünscht."
Über 5,2 Millionen Euro investierte die Stadt in Lärmschutzwände: An der Südtangente sollen sie dem Autolärm auf der Höhe der Hardtschule, am Entenfang auf der Nordseite der Vogesenbrücke sowie an der Nordseite im Bereich der Staudingerstraße vorbeugen. Hilfestellung gegen den Autobahnlärm gibt es vom Land Baden-Württemberg: Bei der A5-Anschlussstelle Karlsruhe-Killisfeld wurde die Lärmschutzwand erneuert und auf sechs Meter erhöht, die Brückenbauwerke auf die Südtangente an der Anschlussstelle Karlsruhe-Wolfartsweier und die Fahrbahnoberfläche auf der A5 im Bereich Killisfeld wurden erneuert.
Mehr Tempo 30-Zonen in der Innenstadt?
Doch was hilft gegen Lärm in der Karlsruher Innenstadt? Die Stadt versucht es derzeit mit zwei Maßnahmen: Sowohl lärmarmer Straßenbelag, beispielsweise in der Eckenerstraße, als auch Tempo 30-Zonen sollen die Dezibelzahl nach unten treiben. Dabei traf es auch Hauptverkehrsstraßen wie die westliche Kriegsstraße und die Pfinztalstraße sowie mehrere Ortsdurchfahrten.
"Die Lärmbelastung muss gesenkt werden", beurteilt der Karlsruher Kreisverband des Verkehrsclub Deutschland (VCD), Uwe Haack, die aktuelle Lärmsituation in der Fächerstadt. Er fordert langfristig Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts, zunächst aber die Ausweitung von Tempo 30-Bereichen im Stadtgebiet.""Natürlich sind begründete Ausnahmen zulässig", so der VCD-Kreisvorsitzende, "wie beispielsweise stark frequentierte Verkehrsachsen ohne Wohnbebauung."
"Lärm ab 85 Dezibel macht krank"
Denn fest steht: Lärm macht krank. Laut einer Broschüre der Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg, leidet das Gehör bei einer dauerhaften Lärmbelästigung von 85 Dezibel. Zum Vergleich: In der Nähe des Bulacher Kreuzes - genauer auf der Fahrrad- und Straßenbahnbrücke zwischen Europahalle und Bannwaldallee - beträgt die konstante Lärmbelastung um die 70 Dezibel - wenn gerade keine Bahn vorbei fährt.
Unumgänglich sei aber auch ein Umdenken in der Bevölkerung: "Lärm ist eine Zivilisationsgeißel, von der alle mehr oder weniger stark betroffen sind. Jeder ist sowohl Opfer als auch Täter - denn jeder verursacht Lärm und jeder muss auch darunter leiden", so Haack. Lärmschutzmaßnahmen hin oder her - auch eine Änderung des eigenen Verhaltens sei gefragt: Bedeutet, öfters mal in die Pedale statt auf das Gaspedal treten. So sehen es auch die Grünen: "Jede Minderungsmaßnahme ist nur halb so gut wie die Vermeidung", so Alexander Geiger.
Südtangente - das Lärmsorgenkind
Die Karlsruher Grünen haben ganz konkrete Orte auf der Agenda, wo die Lärmbekämpfung angepackt werden soll: "Vor allem in der Nähe der Autobahnen, an der Südtangente, aber auch an verschiedenen stark befahrenen Straßen- und Schienenstrecken im Stadtgebiet gibt es immer noch viele Hot-Spots mit enormen Lärmbelastungen", so Grüne-Stadträtin Bettina Lisbach.
Die Südtangente ist auch für die Karlsruher Liste ein Lärmsorgenkind - ein weiterer wichtiger Hot-Spot ist für sie die westliche Kriegsstraße. Lärm-Hot Spots, sind Orte, an denen es besonders laut ist - der 2012 aktualisierten Lärmkartierung zufolge, sind in Karlsruhe 16.000 Menschen von Straßenverkehrslärm über 65 Dezibel belastet. In den Nachtstunden sind es zirka 19.000 Anwohner, die einer Belastung von über 55 Dezibel ausgesetzt sind.
Rasen statt Schotter: Lärm bei Straßenbahnen senken
Nicht nur der Autolärm befindet sich im Visier der Lärmbekämpfung, auch im öffentlichen Nahverkehr werden leisere Töne angestrebt: Rasen- statt Schottergleise sowie Kurvenschmieranlagen sollen die Geräusche der Straßenbahnen vermindern. Die Verkehrsbetriebe konnten laut dem Sachstandsbericht zum Lärmaktionsplan in der Lameystraße, Kaiserallee und Durlacher Allee Verbesserungen erzielen. Bewohner der Südtstadt, Beiertheim, Grötzingen, Rintheim, Grünwinkel und Rintheim dürfen in naher Zukunft auf eine Senkung des Dezibelwerts an Bahnstrecken hoffen - diesbezüglich stünden Planungsfeststellungsverfahren kurz vor dem Abschluss, lässt die Stadt verlauten.
Lärmaktionsplan soll fortgeschrieben werden
In anderen Fällen konnte die Stadt, den Ruhewünschen der Bürger nicht nachkommen: Beispielsweise an der B36 südlich der Heidenstückersiedlung, der Südtangente zwischen Mühlburg und Knielingen oder bei der Dornwaldsiedlung. Einige Maßnahmen wurden baustellenbedingt zurückgestellt, andere erfüllten die Voraussetzungen für die Genehmigung nicht oder es bleibt abzuwarten wie sich eine geänderte Verkehrsführung auf den Lärmpegel auswirkt.
Bis zum Ende diesen Jahres will die Stadt dem Gemeinderat eine Fortschreibung des Lärmaktionsplans vorlegen. Eine Überlegung ist derzeit, den Schwellenwerte für die Lärm-Hot Spots in der Nacht von aktuell 60 auf 55 Dezibel abzusenken.
Für alle, die schon immer mal wissen wollten, wie laut es eigentlich vor der eigenen Haustüre ist: Das Umweltzentrum Karlsruhe, zu finden in der Kronenstraße 9, verleiht von dienstags bis donnerstags, 9 bis 12 Uhr und 14 bis 17 Uhr Lärmmessgeräte. Erzählen Sie uns von Ihren Erfahrungen mit Lärm vor der Haustür - kommentieren Sie einfach unter diesem Artikel oder senden Sie uns Ihre Geschichte als ka-Reporter. Uns interessiert, was Sie interessiert!
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