"Es ist wie im Sport. Wenn man in etwas richtig gut ist, hat man es schwer", meint Bürgermeister Daniel Fluhrer in einem Telefonat mit ka-news.de. Dennoch hofft er, dass Karlsruhe seine Position an der Spitze halten wird - als fahrradfreundlichste Stadt. Beim letzten ADFC-Fahrradklima-Test (2020) belegte Karlsruhe in der Gewichtsklasse 250.000 bis 500.000 Einwohner den ersten Platz.
Wer sitzt Karlsruhe im Nacken?
Direkt auf den Fersen der Fächerstadt sitzt bereits die "Konkurrenz". "Vor allem Aachen und Freiburg haben relativ viele Maßnahmen für Radfahrer umgesetzt", erklärt Fluhrer. Die Stadt Karlsruhe müsse sich mit ihren Verbesserungen allerdings auch nicht verstecken.

Derzeit im Bau befinden sich beispielsweise die Radroute 17b, Brückenstraße zwischen Am Storrenacker und Schäferstraße sowie Radroute 15, Hai-und-Neu-Straße zwischen Forststraße und Hirtenweg, so die Stadt.
Allzu besorgt wirkt der Baubürgermeister während des Telefonats nicht. Karlsruhe habe schließlich einen weiten und erfolgreichen Weg zurückgelegt, meint Fluhrer. "Vor fast 20 Jahren wurde die Fahrradtauglichkeit noch vom ADAC getestet. Damals war Karlsruhe beinah das Schlusslicht - nun sind wir führend."

Dieses Ziel habe man sich damals als Verwaltung gesetzt und entsprechend Personal und Budget bereitgestellt, erklärt der Leiter des Dezernats 6 der Stadt. "Ohne das geht es nicht, und das erkennen auch andere Kommunen."
Was kann Karlsruhe leisten?
Während also Aachen im Jahr 2020 noch auf Platz 19 von 26 im Vergleich zu finden war, scheint die Stadt in Nordrhein-Westfalen aufgeholt zu haben. "Sie haben sehr viel in die Optimierung des Radverkehrs investiert und das werden die Fahrradfahrer gemerkt haben", vermutet Fluhrer. Dieser Faktor sei bei der Platzvergabe im ADFC-Fahrradklima-Test besonders entscheidend.

Allerdings gibt der Bürgermeister zu bedenken, dass es ein klares Limit dafür gibt, was eine Kommune schlussendlich leisten kann. "Sowohl finanziell als auch personell sind uns natürlich nach oben hin Grenzen gesetzt", meint Fluhrer. Die Kurve der Optimierungen am Radnetz flacht also an einem gewissen Punkt ab.
Wer bewertet Karlsruhe?
Wie nah am persönlichen Optimum sich die eigene Stadt befindet, konnten Radfahrer in der Umfrage für den ADFC-Fahrradklima-Test zwischen dem 1. September und 30. November 2022 beantworten. Bei dem Test handelt es sich um eine einheitliche Umfrage unter allen teilnehmenden Radlern der jeweiligen Städte.
Wann kommt das Ergebnis?
"In gewisser Weise bewertet sich Karlsruhe also selbst", meint der Bürgermeister. Entsprechend subjektiv und spezifisch fiele das schlussendliche Urteil aus. Wie sich die Fahrradfahrer am Ende entschieden haben, wird am 24. April bekanntgegeben.

Ist Karlsruhe fahrradfreundlich?
Es gibt jedoch noch weitere Gütekriterien, an denen die Fahrradtauglichkeit einer Kommune bemessen wird. Die "Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg", kurz AGFK, ermittelt in Fünf-Jahreszyklen den Zustand jeder freiwillig beigetretener Stadt. Die Erkenntnisse wirken sich nicht auf die Auszeichnung am 24. April aus - sondern sind Gegenstand einer gesonderten Bewertung.

"In den Jahren 2011 und 2017 konnten wir bereits Auszeichnungen erhalten. 2022 erreichten wir erstmalig den Silber-Status", erklärt der Baubürgermeister. Verliehen wird die Auszeichnung "Fahrradfreundliche Kommune" vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg, zuletzt durch Staatssekretärin Elke Zimmer.
Fokus einer Fahrradstadt
In einer ausführlichen Dokumentation werden vonseiten des Landes sowohl Stärken als auch Schwächen festgehalten. "In dem Handlungsfeld 'Radtourismus und Freizeitverkehr ist die Stadt unter anderem besonders stark aufgestellt", heißt es in besagtem Bericht.

"Im Bereich Tourismus fällt es uns leicht, mit unserem Radnetz zu punkten. Schwierig wird es bei dem Angebot für Pendler", meint Fluhrer. Darauf setze die Stadtverwaltung derzeit einen besonderen Schwerpunkt. "Ein Beispiel für diesen Fokus sind die beiden Radschnellwege nach Ettlingen und Rastatt", erklärt er.
Wohin geht die Entwicklung?
Solche Angebote werden für Radfahrer offenbar zunehmend attraktiv. "Heute legen Bürger auf dem Weg zu Arbeit gerne 10 bis 15 Kilometer mit dem Pedelec/E-Bike zurück", betont Fluhrer. Damit solche Möglichkeiten jedoch bestehen, müsse das Verkehrsnetz entsprechend vorhanden sein. Nur so kann die Stadt ihre selbst gesteckten Mobilitätsziele erreichen.

Bis 2030 soll die aktive Mobilität in Karlsruhe einen Anteil von 65 Prozent einnehmen - 2035 sogar ganze 70 Prozent. Unter aktive Mobilität fallen Fußgänger und Radfahrer - also jegliche unmotorisierte Fortbewegung. "Damit und das gelingt, muss das Angebot toll sein", so Fluhrer.

Schließlich wolle man nicht mit Gewalt gegen beispielsweise den Autoverkehr vorgehen - und Leute so zum Radfahren bewegen. "Unser übergeordnetes Ziel ist es, die Stadt und ihre Qualität zu verbessern. Mobilität ordnet sich dem unter und muss in das Gesamtkonzept passen", erklärt der Baubürgermeister.
Wo liegen Probleme?
In einem Punkt in Sachen Fahrrad läuft es in Karlsruhe nicht so gut: "Fahrraddiebstahl ist hier ein Problem. Das große Thema beschäftigt uns bei Fragen bezüglich Stellplätzen, Fahrradboxen und Ladestellen - für die Pedelecs", erklärt Fluhrer. Das bekannte Manko könnte sich auch auf die Bewertung im ADFC-Fahrradklima-Test auswirken.

Bei den bis zu 500 mehr Abstellanlagen pro Jahr, spiele Diebstahlsicherheit jedoch nur eine von vielen Rollen. "Die Orte müssen für Stellplätze natürlich auch Sinn ergeben - gleichzeitig aber auch ins Stadtbild passen", meint der Bürgermeister.
Folgende Radprojekte werden in den kommenden Monaten (2023) realisiert/begonnen:
Maßnahmen derzeit im Bau:
- Radroute 17b, Brückenstraße zwischen "Am Storrenacker" und Schäferstraße
- Radroute 15, Hai-und-Neu-Straße zwischen Forststraße und Hirtenweg
Anstehende Maßnahmen:
- Radroute 12, Hans-Thoma-Straße zwischen Binsenschlauchallee und Stephanienstraße (Baubeginn voraussichtlich Mitte 2023)
- Lückenschluss Hertzstraße, 2. BA, zwischen Fa. Kondima und Kanonierstraße (Baubeginn voraussichtlich Ende 2023)
- Lückenschluss Waldhornstraße, zwischen Kaiserstraße und Zirkel (Federführung KASIG, Baubeginn voraussichtlich Ende 2023/ Anfang 2024)
- Querungshilfe Elfmorgenbruchstraße (Baubeginn voraussichtlich Ende 2023)
- Markierung von 10 weiteren ARAS (aufgeweitete Radaufstellstreifen)
- Markierung Fahrradstraße Sophienstraße zwischen Reinhold-Frank-Straße und Moningerstraße, Realisierung gemäß Musterlösungen, (Baubeginn voraussichtlich Mitte/Ende 2023)