Eine edle Grabstätte wird geplant
Unter Gartenbaudirektor Friedrich Ries sind ab dem späten 19. Jahrhundert viele grünen Flächen und Anlagen in Karlsruhe entstanden, darunter auf dem Hauptfriedhof. "Unser Friedhof hat durch die stilvoll und schön entworfenen Anlagen des Gartendirektors Ries einen sehr beachtenswerten Zuwachs erfahren", schreibt die Badische Presse im Dezember 1911.
Jetzt möchte der Geheimrat Dr. Albert Bürklin eine Grabstätte für seine Familie durch Geheimrat Dr. Josef Durm und seinen Sohn Rudy Durm erbauen lassen. Rudy ist zurzeit Assistent an der Architekturabteilung der Karlsruher Technischen Hochschule (heute KIT), jedoch beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs drei Jahre später meldet er sich sofort zum Heer und wird bereits im November 1914 mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.
Offensichtlich zieht er sich im Krieg solche körperliche Verletzungen zu, dass er bis zu seinem frühen Tod 1939 darunter leidet. Laut Plan soll die Grabstätte 13 Meter hoch über einem entsprechenden Gruftenraum sein. Im griechischen Stil, aus Granit, hellem Burgpreppacher Sandstein und hellem Marmor würde der ganze Bau auf einem 1,80 Meter hohem Granitsockel stehen. Im Herbst 1912 soll er fertig sein.
Eine der letzten Bauten des Oberbaudirektors Durm
Josef Durm, der unter anderem bereits den Karlsruher Hauptfriedhof mit seiner Kapelle und Triumphbogen angelegt hat, als auch das Vierordtbad, das Erbgroßherzoglichen Palais (heute Bundesgerichtshof) und das Palais Bürklin (im Zweiten Weltkrieg zerstört) ist 1837 in Karlsruhe geboren.

Nach seinem Studium in Karlsruhe und längeren Studienreisen in Italien, Frankreich und Griechenland wird er 1868 Professor für Architektur an der Technischen Hochschule Karlsruhe. Gleichzeitig wird er 1883 zum Oberbaurat ernannt. Zwischen 1894 und 1902 ist er Oberbaudirektor, der oberste Baubeamte im Großherzogtum Baden.
Josef Durm wird im ganzen Deutschen Kaiserreich sehr hochgeschätzt. Die Universität Heidelberg und die Technischen Hochschulen in Heidelberg und Berlin verleihen ihm die Ehrendoktorwürde, außerdem ist er Ehrenbürger der Stadt Heidelberg. Er stirbt 1919.
Ein stilvoller Innenraum
Im Sommer 1913 wird das Gebäude fertig. Die Grundfläche des fertigen Baus umfasst neun mal neun Meter und die Kuppel wölbt sich neun Meter in die Höhe. Im hinteren Teil des Gebäudes führt eine Treppe in die Gruft. Begrüßt wird man am Mausoleum von zwei Sphinxen, die den Eingang bewachen. Diese sind das Werk des Bildhauers Heinrich Bauser, der aus dem Schwarzwald stammt und in Karlsruhe studiert.

Die im Innenraum stehende Statue einer Frau aus Marmor, die eine Rose in der rechten Hand hält, schafft Mannheimer Bildhauer Johannes Hoffart. Insgesamt wird das Bauwerk dem Grabmal des Ostgotenkönigs Theoderich in Ravenna, Norditalien nachempfunden.
"Ein vornehmer und guter Mann" – der Geheimrat Albert Bürklin
Der Titel "Geheimrat" war im 19. Jahrhundert ein Ehrentitel, der als Auszeichnung für verdiente Männer in der Verwaltung, Justiz, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur vergeben wurde. Wie das Karlsruher Tagblatt in Albert Bürklins Nachruf am 24. Juli 1924 schreibt, ist "seine Exzellenz" Dr. Bürklin ein "hochverdienter Mann", der sich durch "Regsamkeit des Geistes und vornehme Menschlichkeit" auszeichnet.
Bürklin sei ein Patriot, "deutsch und edel", der "mit allen Kräften sich in den Dienst des Vaterlands gestellt hat". Albert Bürklin wird 1844 als Sohn eines Schriftstellers in Heidelberg geboren. Bürklin sei auch mit "hohen Gaben des Geistes und Herzens ausgestattet", so das Karlsruher Tagblatt.

Als Kleinkind erlebt er noch die Badische Revolution und studiert als junger Mann in Freiburg. Danach wird er badischer Verwaltungsbeamter.
1878 wird Bürklin dann als juristisches Mitglied in den Oberschulrat gewählt, wo er bis zum Oberschulrat aufsteigt und von 1884 bis 1898 ist er Abgeordneter der Nationalliberalen Partei im Reichstag des Deutschen Kaiserreichs. Danach tritt er von seinem Amt zurück, weil der Reichstag dem ehemaligen Reichskanzler Otto von Bismarck zu seinem 80. Geburtstag keine Ehrung verleiht.
Im Jahr 1890 ernennt ihn der Großherzog Friedrich I zum Intendanten und später zum Generalintendanten des Karlsruher Hoftheaters. Schließlich ist Bürklin von 1905 bis zur deutschen Revolution 1918 Mitglied der Ersten Kammer des Badischen Landtags und dessen erster Vizepräsident.
Vertrauter des Großherzogs
Bürklin ist im badischen Liberalismus aufgewachsen und sitzt im linken Flügel der Nationalliberalen Partei. Er hat in seiner Jugend die politischen Probleme einer Staatsstruktur mit vielen Kleinstaaten in Deutschland erlebt und befürwortet deshalb das Ideal eines vereinigten Deutschen Reichs. Auch aus diesem Grund versteht er sich sehr gut mit dem Großherzog, der ihm sein volles Vertrauen schenkt.

Inwiefern er dadurch einen Einfluss auf die badische Politik hat ist nicht bekannt. Der Erste Weltkrieg hat Bürklin persönlich schwer getroffen – sein Neffe fällt in Frankreich. Bürklin, der keine eigene Kinder hat, öffnet auf seinem Anwesen in Wachenheim in der Pfalz ein eigenes Kriegslazarett.
Nach seinem Ausscheiden aus der Politik wird Bürklin zu einem Gönner der Künste und unterstützt junge Künstler, Musiker und Maler. Auch für die süddeutsche Presse tut Bürklin viel und unterstützt sie mit größeren Geldspenden. "Ein vornehmer und guter Mann", schreibt die Zeitung, "der jede Stunde auskostete, die ihm das Schicksal schenkte".

Das Gebäude heute In den 1960er Jahren verlegt die Familie Bürklin ihrem Wohnsitz und damit ihre Grabstätte nach Wachenheim an der Weinstraße in der Pfalz. Im Dezember 1963 verlassen sieben Särge der Familie die Fächerstadt. Die Grabstätte wird an die Stadt Karlsruhe verkauft und die Familie Bürklin schenkt das erhaltene Geld für gemeinnützige Zwecke.
Bis 1982 steht das Mausoleum leer, dann wird es komplett renoviert. Es wird als Kolumbarium hergerichtet – ein Bauwerk, das zur Aufbewahrung von Urnen benutzt wird. 1985 wird es einer breiteren Öffentlichkeit für Urnenbeisetzungen zugänglich gemacht.